Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.in den Jahren 1772 bis 1775. hatten. Das große Boot, welches am Morgen nach einer nahgelegnen Bucht1773.May. hin geschickt worden war, um für unser Schiffsvolk Gemüse und für die Ziegen und Schaafe Gras zu holen, war bey unsrer Rückkunft an Bord noch nicht wieder eingetroffen; und da es auch den folgenden Tag ausblieb, so wurden wir wegen der zwölf Mann, womit es besetzt war, sehr unruhig. Unter diesen befan- den sich der dritte Schiffs-Lieutenant, der Lieutenant der See-Soldaten, Herr Hodges, der Zimmermann und der Constabel. Wir hatten um so viel mehr Ursach von ihrem Außenbleiben die schlimmsten Vermuthungen zu hegen, da Wind und Wetter nicht schuld daran haben konnten, indem beydes bis zum 25sten Morgens vollkommen gut gewesen war und alsdenn erst angefangen hatte, reg- nicht und stürmisch zu werden. Am 26sten Nachmittags, als sich das Wetter etwas aufklärte, kam das Am folgenden Morgen spatzierten wir rund an dem Ufer der Bucht um- U 3
in den Jahren 1772 bis 1775. hatten. Das große Boot, welches am Morgen nach einer nahgelegnen Bucht1773.May. hin geſchickt worden war, um fuͤr unſer Schiffsvolk Gemuͤſe und fuͤr die Ziegen und Schaafe Gras zu holen, war bey unſrer Ruͤckkunft an Bord noch nicht wieder eingetroffen; und da es auch den folgenden Tag ausblieb, ſo wurden wir wegen der zwoͤlf Mann, womit es beſetzt war, ſehr unruhig. Unter dieſen befan- den ſich der dritte Schiffs-Lieutenant, der Lieutenant der See-Soldaten, Herr Hodges, der Zimmermann und der Conſtabel. Wir hatten um ſo viel mehr Urſach von ihrem Außenbleiben die ſchlimmſten Vermuthungen zu hegen, da Wind und Wetter nicht ſchuld daran haben konnten, indem beydes bis zum 25ſten Morgens vollkommen gut geweſen war und alsdenn erſt angefangen hatte, reg- nicht und ſtuͤrmiſch zu werden. Am 26ſten Nachmittags, als ſich das Wetter etwas aufklaͤrte, kam das Am folgenden Morgen ſpatzierten wir rund an dem Ufer der Bucht um- U 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0208" n="157"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi></fw><lb/> hatten. Das große Boot, welches am Morgen nach einer nahgelegnen Bucht<note place="right">1773.<lb/> May.</note><lb/> hin geſchickt worden war, um fuͤr unſer Schiffsvolk Gemuͤſe und fuͤr die Ziegen<lb/> und Schaafe Gras zu holen, war bey unſrer Ruͤckkunft an Bord noch nicht<lb/> wieder eingetroffen; und da es auch den folgenden Tag ausblieb, ſo wurden wir<lb/> wegen der zwoͤlf Mann, womit es beſetzt war, ſehr unruhig. Unter dieſen befan-<lb/> den ſich der dritte Schiffs-Lieutenant, der Lieutenant der See-Soldaten, Herr<lb/><hi rendition="#fr"><persName>Hodges</persName></hi>, der Zimmermann und der Conſtabel. Wir hatten um ſo viel mehr<lb/> Urſach von ihrem Außenbleiben die ſchlimmſten Vermuthungen zu hegen, da Wind<lb/> und Wetter nicht ſchuld daran haben konnten, indem beydes bis zum 25ſten<lb/> Morgens vollkommen gut geweſen war und alsdenn erſt angefangen hatte, reg-<lb/> nicht und ſtuͤrmiſch zu werden.</p><lb/> <p>Am 26ſten Nachmittags, als ſich das Wetter etwas aufklaͤrte, kam das<lb/> vermißte Boot endlich wieder, die Leute aber waren von Arbeit und Hunger<lb/> aͤußerſt erſchoͤpft. Der ganze Vorrath von Lebensmitteln, den ſie mitgenom-<lb/> men, hatte aus drey Zwiebacken und einer Flaſche Brantewein beſtanden, und<lb/> des ſtuͤrmiſchen Wetters wegen war auch nicht ein einziger Fiſch zu fangen gewe-<lb/> ſen. Sie hatten aus allen Kraͤften gegen die Wellen gearbeitet, um wieder an<lb/> das Schiff zu kommen, aber gegen das Ungeſtuͤm der See nichts auszurichten<lb/> vermocht, und nachdem ſie eine Zeitlang tuͤchtig herumgeſchleudert worden,<lb/> ihre Zuflucht nach einer Bucht genommen, wo ihnen einige von den India-<lb/> nern verlaßne Huͤtten, zum Obdach dienen mußten. Indeſſen waͤren ſie doch bey-<lb/> nahe verhungert, denn ihr ganzer Unterhalt beſtand nur aus einigen Muſcheln,<lb/> die hier und da an den Felſen klebten.</p><lb/> <p>Am folgenden Morgen ſpatzierten wir rund an dem Ufer der Bucht um-<lb/> her, um Pflanzen und Voͤgel aufzuſuchen; und Nachmittags giengen wir nach<lb/> der felſichten Kuͤſte von <hi rendition="#fr"><placeName>Point Jackſon</placeName></hi>, um Meer-Raben (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Shags</hi></hi>) zu ſchießen,<lb/> die wir nun ſtatt wilder Enten zu eſſen gelernt hatten. In der Zwiſchenzeit be-<lb/> kamen wir einen zweyten Beſuch von der indianiſchen Familie, welche am 23ſten<lb/> ſchon bey uns geweſen war, doch ſchien es diesmal blos aufs Miteſſen angeſe-<lb/> hen zu ſeyn, denn zum Vertauſchen hatten ſie nichts mitgebracht. Wir frag-<lb/> ten nach ihren Namen; es waͤhrte aber eine lange Zeit ehe ſie unſre Meynung<lb/> verſtehen konnten. Endlich erfuhren wir, daß der aͤlteſte unter ihnen <persName><hi rendition="#fr">Towa-</hi><lb/> <fw place="bottom" type="sig">U 3</fw><lb/></persName></p> </div> </body> </text> </TEI> [157/0208]
in den Jahren 1772 bis 1775.
hatten. Das große Boot, welches am Morgen nach einer nahgelegnen Bucht
hin geſchickt worden war, um fuͤr unſer Schiffsvolk Gemuͤſe und fuͤr die Ziegen
und Schaafe Gras zu holen, war bey unſrer Ruͤckkunft an Bord noch nicht
wieder eingetroffen; und da es auch den folgenden Tag ausblieb, ſo wurden wir
wegen der zwoͤlf Mann, womit es beſetzt war, ſehr unruhig. Unter dieſen befan-
den ſich der dritte Schiffs-Lieutenant, der Lieutenant der See-Soldaten, Herr
Hodges, der Zimmermann und der Conſtabel. Wir hatten um ſo viel mehr
Urſach von ihrem Außenbleiben die ſchlimmſten Vermuthungen zu hegen, da Wind
und Wetter nicht ſchuld daran haben konnten, indem beydes bis zum 25ſten
Morgens vollkommen gut geweſen war und alsdenn erſt angefangen hatte, reg-
nicht und ſtuͤrmiſch zu werden.
1773.
May.
Am 26ſten Nachmittags, als ſich das Wetter etwas aufklaͤrte, kam das
vermißte Boot endlich wieder, die Leute aber waren von Arbeit und Hunger
aͤußerſt erſchoͤpft. Der ganze Vorrath von Lebensmitteln, den ſie mitgenom-
men, hatte aus drey Zwiebacken und einer Flaſche Brantewein beſtanden, und
des ſtuͤrmiſchen Wetters wegen war auch nicht ein einziger Fiſch zu fangen gewe-
ſen. Sie hatten aus allen Kraͤften gegen die Wellen gearbeitet, um wieder an
das Schiff zu kommen, aber gegen das Ungeſtuͤm der See nichts auszurichten
vermocht, und nachdem ſie eine Zeitlang tuͤchtig herumgeſchleudert worden,
ihre Zuflucht nach einer Bucht genommen, wo ihnen einige von den India-
nern verlaßne Huͤtten, zum Obdach dienen mußten. Indeſſen waͤren ſie doch bey-
nahe verhungert, denn ihr ganzer Unterhalt beſtand nur aus einigen Muſcheln,
die hier und da an den Felſen klebten.
Am folgenden Morgen ſpatzierten wir rund an dem Ufer der Bucht um-
her, um Pflanzen und Voͤgel aufzuſuchen; und Nachmittags giengen wir nach
der felſichten Kuͤſte von Point Jackſon, um Meer-Raben (Shags) zu ſchießen,
die wir nun ſtatt wilder Enten zu eſſen gelernt hatten. In der Zwiſchenzeit be-
kamen wir einen zweyten Beſuch von der indianiſchen Familie, welche am 23ſten
ſchon bey uns geweſen war, doch ſchien es diesmal blos aufs Miteſſen angeſe-
hen zu ſeyn, denn zum Vertauſchen hatten ſie nichts mitgebracht. Wir frag-
ten nach ihren Namen; es waͤhrte aber eine lange Zeit ehe ſie unſre Meynung
verſtehen konnten. Endlich erfuhren wir, daß der aͤlteſte unter ihnen Towa-
U 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |