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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
es hieß: der Wilde habe vor seinem Abzuge durch Zeichen zu verstehen gegeben,1773.
April.

er wolle aufs Todtschlagen ausgehen und dazu die Beile gebrauchen. Hat man
ihn recht verstanden, so war damit unsre angenehme Hoffnung, den Ackerbau
und andre nützliche Arbeiten, durch Austheilung von brauchbaren Werkzeugen
gewissermaßen zu befördern und zu erleichtern, auf einmahl vernichtet. Gleich-
wohl wäre es sehr seltsam, ja beynahe unbegreiflich, daß eine einzelne Familie,
die von der ganzen Welt getrennt, in einer geräumigen Bay wohnte, wo sie we-
gen ihrer geringen Anzahl und wenigen Bedürfnisse, weder an Lebensmitteln noch
an andern Nothwendigkeiten, jemals Mangel leiden, mithin in ihrer Einsam-
keit friedlich und glücklich leben konnte, -- daß die dennoch auf Krieg
mit ihren Nebenmenschen, auf Mord und Todtschlag bedacht seyn sollte!
Indessen mag die tiefe Barbarey, in welcher sich die Neu-Seeländer befinden,
und die immer nur das Gesetz des Stärkern erkennt, vielleicht schuld daran
seyn, daß sie mehr als jedes andre Volk der Erden geneigt sind, ihren Mitmen-
schen bey der ersten Gelegenheit umzubringen, so bald Rachsucht oder Beleidigung
sie dazu auffordert, und ihr angebohrner wilder Muth läßt es denn auch wohl
selten an der würklichen Ausführung eines so grausamen Vorhabens fehlen.
Ich darf hier nicht vergessen, ein ganz besondres Merkmahl von der Herzhaftigkeit
des alten Mannes anzuführen, der jetzt von uns weggezogen war. Unsre Officiers
hatten in seiner Gegenwart zu wiederholtenmalen Schießgewehre abgefeuert.
Eines Tages verlangte er es selbst zu versuchen und man gab ihm ein Gewehr.
Das Mädchen, welche wir für seine Tochter hielten, bath ihn fusfällig, mit den
deutlichsten Zeichen von Furcht und Vorsorge, es nicht zu thun. Aber, er war von
seinem Vorhaben nicht abzubringen, sondern feuerte das Gewehr drey oder vier-
mal hintereinander los. Diese kriegrische Neigung und das jähzornige Tempera-
ment des ganzen Volks, das nicht die geringste Beleidigung ertragen kann, scheint
diese einzelne Familie und die wenigen übrigen, die wir an den Ufern jenes lan-
gen See-Arms antrafen, zur Trennung von ihren Landsleuten gezwungen zu ha-
ben. Wenn wilde Völker einander bekriegen, so ruhet die eine Parthey ge-
meiniglich nicht eher, als bis die andre gänzlich vertilgt ist, es sey denn, daß diese
sich noch zu rechter Zeit mit der Flucht rettet. Auch dies kann der Fall bey den
Einwohnern in Dusky-Bay seyn, und wenn er es würklich ist, so sind sie

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in den Jahren 1772 bis 1775.
es hieß: der Wilde habe vor ſeinem Abzuge durch Zeichen zu verſtehen gegeben,1773.
April.

er wolle aufs Todtſchlagen ausgehen und dazu die Beile gebrauchen. Hat man
ihn recht verſtanden, ſo war damit unſre angenehme Hoffnung, den Ackerbau
und andre nuͤtzliche Arbeiten, durch Austheilung von brauchbaren Werkzeugen
gewiſſermaßen zu befoͤrdern und zu erleichtern, auf einmahl vernichtet. Gleich-
wohl waͤre es ſehr ſeltſam, ja beynahe unbegreiflich, daß eine einzelne Familie,
die von der ganzen Welt getrennt, in einer geraͤumigen Bay wohnte, wo ſie we-
gen ihrer geringen Anzahl und wenigen Beduͤrfniſſe, weder an Lebensmitteln noch
an andern Nothwendigkeiten, jemals Mangel leiden, mithin in ihrer Einſam-
keit friedlich und gluͤcklich leben konnte, — daß die dennoch auf Krieg
mit ihren Nebenmenſchen, auf Mord und Todtſchlag bedacht ſeyn ſollte!
Indeſſen mag die tiefe Barbarey, in welcher ſich die Neu-Seelaͤnder befinden,
und die immer nur das Geſetz des Staͤrkern erkennt, vielleicht ſchuld daran
ſeyn, daß ſie mehr als jedes andre Volk der Erden geneigt ſind, ihren Mitmen-
ſchen bey der erſten Gelegenheit umzubringen, ſo bald Rachſucht oder Beleidigung
ſie dazu auffordert, und ihr angebohrner wilder Muth laͤßt es denn auch wohl
ſelten an der wuͤrklichen Ausfuͤhrung eines ſo grauſamen Vorhabens fehlen.
Ich darf hier nicht vergeſſen, ein ganz beſondres Merkmahl von der Herzhaftigkeit
des alten Mannes anzufuͤhren, der jetzt von uns weggezogen war. Unſre Officiers
hatten in ſeiner Gegenwart zu wiederholtenmalen Schießgewehre abgefeuert.
Eines Tages verlangte er es ſelbſt zu verſuchen und man gab ihm ein Gewehr.
Das Maͤdchen, welche wir fuͤr ſeine Tochter hielten, bath ihn fusfaͤllig, mit den
deutlichſten Zeichen von Furcht und Vorſorge, es nicht zu thun. Aber, er war von
ſeinem Vorhaben nicht abzubringen, ſondern feuerte das Gewehr drey oder vier-
mal hintereinander los. Dieſe kriegriſche Neigung und das jaͤhzornige Tempera-
ment des ganzen Volks, das nicht die geringſte Beleidigung ertragen kann, ſcheint
dieſe einzelne Familie und die wenigen uͤbrigen, die wir an den Ufern jenes lan-
gen See-Arms antrafen, zur Trennung von ihren Landsleuten gezwungen zu ha-
ben. Wenn wilde Voͤlker einander bekriegen, ſo ruhet die eine Parthey ge-
meiniglich nicht eher, als bis die andre gaͤnzlich vertilgt iſt, es ſey denn, daß dieſe
ſich noch zu rechter Zeit mit der Flucht rettet. Auch dies kann der Fall bey den
Einwohnern in Dusky-Bay ſeyn, und wenn er es wuͤrklich iſt, ſo ſind ſie

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[131/0182] in den Jahren 1772 bis 1775. es hieß: der Wilde habe vor ſeinem Abzuge durch Zeichen zu verſtehen gegeben, er wolle aufs Todtſchlagen ausgehen und dazu die Beile gebrauchen. Hat man ihn recht verſtanden, ſo war damit unſre angenehme Hoffnung, den Ackerbau und andre nuͤtzliche Arbeiten, durch Austheilung von brauchbaren Werkzeugen gewiſſermaßen zu befoͤrdern und zu erleichtern, auf einmahl vernichtet. Gleich- wohl waͤre es ſehr ſeltſam, ja beynahe unbegreiflich, daß eine einzelne Familie, die von der ganzen Welt getrennt, in einer geraͤumigen Bay wohnte, wo ſie we- gen ihrer geringen Anzahl und wenigen Beduͤrfniſſe, weder an Lebensmitteln noch an andern Nothwendigkeiten, jemals Mangel leiden, mithin in ihrer Einſam- keit friedlich und gluͤcklich leben konnte, — daß die dennoch auf Krieg mit ihren Nebenmenſchen, auf Mord und Todtſchlag bedacht ſeyn ſollte! Indeſſen mag die tiefe Barbarey, in welcher ſich die Neu-Seelaͤnder befinden, und die immer nur das Geſetz des Staͤrkern erkennt, vielleicht ſchuld daran ſeyn, daß ſie mehr als jedes andre Volk der Erden geneigt ſind, ihren Mitmen- ſchen bey der erſten Gelegenheit umzubringen, ſo bald Rachſucht oder Beleidigung ſie dazu auffordert, und ihr angebohrner wilder Muth laͤßt es denn auch wohl ſelten an der wuͤrklichen Ausfuͤhrung eines ſo grauſamen Vorhabens fehlen. Ich darf hier nicht vergeſſen, ein ganz beſondres Merkmahl von der Herzhaftigkeit des alten Mannes anzufuͤhren, der jetzt von uns weggezogen war. Unſre Officiers hatten in ſeiner Gegenwart zu wiederholtenmalen Schießgewehre abgefeuert. Eines Tages verlangte er es ſelbſt zu verſuchen und man gab ihm ein Gewehr. Das Maͤdchen, welche wir fuͤr ſeine Tochter hielten, bath ihn fusfaͤllig, mit den deutlichſten Zeichen von Furcht und Vorſorge, es nicht zu thun. Aber, er war von ſeinem Vorhaben nicht abzubringen, ſondern feuerte das Gewehr drey oder vier- mal hintereinander los. Dieſe kriegriſche Neigung und das jaͤhzornige Tempera- ment des ganzen Volks, das nicht die geringſte Beleidigung ertragen kann, ſcheint dieſe einzelne Familie und die wenigen uͤbrigen, die wir an den Ufern jenes lan- gen See-Arms antrafen, zur Trennung von ihren Landsleuten gezwungen zu ha- ben. Wenn wilde Voͤlker einander bekriegen, ſo ruhet die eine Parthey ge- meiniglich nicht eher, als bis die andre gaͤnzlich vertilgt iſt, es ſey denn, daß dieſe ſich noch zu rechter Zeit mit der Flucht rettet. Auch dies kann der Fall bey den Einwohnern in Dusky-Bay ſeyn, und wenn er es wuͤrklich iſt, ſo ſind ſie 1773. April. R 2

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/182>, abgerufen am 22.11.2024.