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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
Neugierde, die der unsrigen einigermaßen gleich kam. Diese unschuldige Drei-1773.
März.

stigkeit schützte sie anfänglich, denn wer hätte hartherzig genug seyn können sie zu
schießen, wenn sie so nahe waren; aber in wenig Tagen ward sie ihnen sehr nach-
theilig und verderblich, weil eine Katze aus unserm Schiff nicht so bald ausfindig
gemacht hatte, daß hier so trefliche Gelegenheit zu einem herrlichen Fraße
sey, als sie richtig alle Morgen einen Spatziergang ins Holz vornahm, und eine
schreckliche Niederlage unter den kleinen Vögeln anrichtete, die sich vor diesem so
hinterlistigen Feinde nicht hüteten, weil sie nichts Arges von ihm vermutheten.

Bey dem Ueberfluß an Fischen und der Menge von Waßervögeln, die
uns mehrere Arten von Fleischspeisen zu versprechen schien, fehlte es unsrer Tafel
gleichsam nur noch allein an frischem Gemüse. Diesem Mangel suchten wir da-
her auf unsren ersten botanischen Spatziergängen abzuhelfen, und fanden auch
gleich den Tag nach unsrer Ankunft, einen zum Myrthen-Geschlecht gehörigen,
schönen Baum, der eben in Blüthe stand, und davon auf Capitain Cook's erster
Reise eine Infusion, statt Thees, war getrunken worden. Ohngeachtet uns dies
noch keine Schüssel gab; so war es uns doch, als ein frisches Krant, willkommen,
und ward daher auch gleich versucht. Die Blätter waren angenehm aromatisch,
etwas zusammenziehend und gaben beym ersten Aufguß dem Wasser einen ganz
besonders lieblichen Geschmack, allein, wenn zum zweytenmahl siedendes Wasser
aufgegossen ward, so verschwand dieser angenehme Geschmack, und statt dessen be-
kam die Infusion eine ungemeine Bitterkeit, daher wir es auch nie zum zwey-
tenmahle ziehen ließen. Der Gebrauch dieser Pflanze, ward unter unsern Leu-
ten bald allgemein, und trug dem Ansehn nach viel dazu bey, das Blut zu rei-
nigen und alle scorbutische Symptomen zu vertreiben. Da diese Pflanze künfti-
gen Seefahrern sehr nützlich werden kann, so verdiente sie bekannter und folg-
lich gezeichnet zu werden. Wir haben daher dem Capitain Cook sehr gern er-
laubt, von unsrer Zeichnung Gebrauch zu machen; und sie ist auf Befehl der Ad-
miralität gestochen und seiner Reisebeschreibung beygefügt. Auch in gegenwärti-
ger deutschen Ausgabe unsrer Reisegeschichte wird sie der naturkundige Leser, hof-
fentlich mit Vergnügen, antreffen. In gutem Boden und dicken Wäldern
wächst sie bis zur Größe eines ansehnlichen Baums, der oft dreißig bis vierzig
Fus hoch ist, und einen Fus im Durchschnitt hält. In bergichten trocknen

Forster's Reise u. d. W. erster Th. N

in den Jahren 1772 bis 1775.
Neugierde, die der unſrigen einigermaßen gleich kam. Dieſe unſchuldige Drei-1773.
Maͤrz.

ſtigkeit ſchuͤtzte ſie anfaͤnglich, denn wer haͤtte hartherzig genug ſeyn koͤnnen ſie zu
ſchießen, wenn ſie ſo nahe waren; aber in wenig Tagen ward ſie ihnen ſehr nach-
theilig und verderblich, weil eine Katze aus unſerm Schiff nicht ſo bald ausfindig
gemacht hatte, daß hier ſo trefliche Gelegenheit zu einem herrlichen Fraße
ſey, als ſie richtig alle Morgen einen Spatziergang ins Holz vornahm, und eine
ſchreckliche Niederlage unter den kleinen Voͤgeln anrichtete, die ſich vor dieſem ſo
hinterliſtigen Feinde nicht huͤteten, weil ſie nichts Arges von ihm vermutheten.

Bey dem Ueberfluß an Fiſchen und der Menge von Waßervoͤgeln, die
uns mehrere Arten von Fleiſchſpeiſen zu verſprechen ſchien, fehlte es unſrer Tafel
gleichſam nur noch allein an friſchem Gemuͤſe. Dieſem Mangel ſuchten wir da-
her auf unſren erſten botaniſchen Spatziergaͤngen abzuhelfen, und fanden auch
gleich den Tag nach unſrer Ankunft, einen zum Myrthen-Geſchlecht gehoͤrigen,
ſchoͤnen Baum, der eben in Bluͤthe ſtand, und davon auf Capitain Cook’s erſter
Reiſe eine Infuſion, ſtatt Thees, war getrunken worden. Ohngeachtet uns dies
noch keine Schuͤſſel gab; ſo war es uns doch, als ein friſches Krant, willkommen,
und ward daher auch gleich verſucht. Die Blaͤtter waren angenehm aromatiſch,
etwas zuſammenziehend und gaben beym erſten Aufguß dem Waſſer einen ganz
beſonders lieblichen Geſchmack, allein, wenn zum zweytenmahl ſiedendes Waſſer
aufgegoſſen ward, ſo verſchwand dieſer angenehme Geſchmack, und ſtatt deſſen be-
kam die Infuſion eine ungemeine Bitterkeit, daher wir es auch nie zum zwey-
tenmahle ziehen ließen. Der Gebrauch dieſer Pflanze, ward unter unſern Leu-
ten bald allgemein, und trug dem Anſehn nach viel dazu bey, das Blut zu rei-
nigen und alle ſcorbutiſche Symptomen zu vertreiben. Da dieſe Pflanze kuͤnfti-
gen Seefahrern ſehr nuͤtzlich werden kann, ſo verdiente ſie bekannter und folg-
lich gezeichnet zu werden. Wir haben daher dem Capitain Cook ſehr gern er-
laubt, von unſrer Zeichnung Gebrauch zu machen; und ſie iſt auf Befehl der Ad-
miralitaͤt geſtochen und ſeiner Reiſebeſchreibung beygefuͤgt. Auch in gegenwaͤrti-
ger deutſchen Ausgabe unſrer Reiſegeſchichte wird ſie der naturkundige Leſer, hof-
fentlich mit Vergnuͤgen, antreffen. In gutem Boden und dicken Waͤldern
waͤchſt ſie bis zur Groͤße eines anſehnlichen Baums, der oft dreißig bis vierzig
Fus hoch iſt, und einen Fus im Durchſchnitt haͤlt. In bergichten trocknen

Forſter’s Reiſe u. d. W. erſter Th. N
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[97/0144] in den Jahren 1772 bis 1775. Neugierde, die der unſrigen einigermaßen gleich kam. Dieſe unſchuldige Drei- ſtigkeit ſchuͤtzte ſie anfaͤnglich, denn wer haͤtte hartherzig genug ſeyn koͤnnen ſie zu ſchießen, wenn ſie ſo nahe waren; aber in wenig Tagen ward ſie ihnen ſehr nach- theilig und verderblich, weil eine Katze aus unſerm Schiff nicht ſo bald ausfindig gemacht hatte, daß hier ſo trefliche Gelegenheit zu einem herrlichen Fraße ſey, als ſie richtig alle Morgen einen Spatziergang ins Holz vornahm, und eine ſchreckliche Niederlage unter den kleinen Voͤgeln anrichtete, die ſich vor dieſem ſo hinterliſtigen Feinde nicht huͤteten, weil ſie nichts Arges von ihm vermutheten. 1773. Maͤrz. Bey dem Ueberfluß an Fiſchen und der Menge von Waßervoͤgeln, die uns mehrere Arten von Fleiſchſpeiſen zu verſprechen ſchien, fehlte es unſrer Tafel gleichſam nur noch allein an friſchem Gemuͤſe. Dieſem Mangel ſuchten wir da- her auf unſren erſten botaniſchen Spatziergaͤngen abzuhelfen, und fanden auch gleich den Tag nach unſrer Ankunft, einen zum Myrthen-Geſchlecht gehoͤrigen, ſchoͤnen Baum, der eben in Bluͤthe ſtand, und davon auf Capitain Cook’s erſter Reiſe eine Infuſion, ſtatt Thees, war getrunken worden. Ohngeachtet uns dies noch keine Schuͤſſel gab; ſo war es uns doch, als ein friſches Krant, willkommen, und ward daher auch gleich verſucht. Die Blaͤtter waren angenehm aromatiſch, etwas zuſammenziehend und gaben beym erſten Aufguß dem Waſſer einen ganz beſonders lieblichen Geſchmack, allein, wenn zum zweytenmahl ſiedendes Waſſer aufgegoſſen ward, ſo verſchwand dieſer angenehme Geſchmack, und ſtatt deſſen be- kam die Infuſion eine ungemeine Bitterkeit, daher wir es auch nie zum zwey- tenmahle ziehen ließen. Der Gebrauch dieſer Pflanze, ward unter unſern Leu- ten bald allgemein, und trug dem Anſehn nach viel dazu bey, das Blut zu rei- nigen und alle ſcorbutiſche Symptomen zu vertreiben. Da dieſe Pflanze kuͤnfti- gen Seefahrern ſehr nuͤtzlich werden kann, ſo verdiente ſie bekannter und folg- lich gezeichnet zu werden. Wir haben daher dem Capitain Cook ſehr gern er- laubt, von unſrer Zeichnung Gebrauch zu machen; und ſie iſt auf Befehl der Ad- miralitaͤt geſtochen und ſeiner Reiſebeſchreibung beygefuͤgt. Auch in gegenwaͤrti- ger deutſchen Ausgabe unſrer Reiſegeſchichte wird ſie der naturkundige Leſer, hof- fentlich mit Vergnuͤgen, antreffen. In gutem Boden und dicken Waͤldern waͤchſt ſie bis zur Groͤße eines anſehnlichen Baums, der oft dreißig bis vierzig Fus hoch iſt, und einen Fus im Durchſchnitt haͤlt. In bergichten trocknen Forſter’s Reiſe u. d. W. erſter Th. N

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/144>, abgerufen am 23.11.2024.