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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Forster's Reise um die Welt
1772.
Decem-
ber.
tern schienen, vermittelst der Strahlenbrechung in den Dünsten des Horizonts,
weit höher als sie in der That waren, und sahen würklichen Bergen ähnlich. Die-
ser Anblick war so täuschend, daß viele unsrer Officiers dabey blieben, sie hätten
hier Land gesehen, bis endlich Capitain Cook zwey Jahr und zwey Monath nach-
her (nemlich im Februar 1775), auf seiner Fahrt vom Cap Horn nach dem
Vorgebürge der guten Hofnung, gerade über denselbigen Fleck wegseegelte wo
es hätte liegen müssen, wo aber damals weder Land noch Eis mehr zu sehen war.
Ganze Haufen von Pinguins, Pintaden, Mallemucken, Schnee- und blauen
Petrels *) fanden sich bey diesem weit verbreiteten Eise und verschiedne Wall-
fischarten bliesen rund um uns her Wasser in die Höhe. Zween derselben, die
kürzer als der gewöhnliche Wallfisch waren, kamen uns ihrer besondern Dicke
und ihrer weißen, oder vielmehr ihrer Fleischfarbe wegen, bemerkenswerth vor.
Die große Kälte, welche wir in diesen eisigten Seen antrafen, machte, daß wir
nicht nur die Hofuung sondern sogar alle Gedanken an den Sommer fahren las-
sen mußten, den wir, der Jahrszeit nach, bisher noch immer erwartet hatten. Un-
ser Thermometer stand des Morgens auf 31 Grad und stieg Mittags nicht über
33 obgleich die heute beobachtete Polhöhe nur 54. Grad 55 Minuten südlicher
Breite war. -- "Die Kälte war überdem noch weit empfindlicher als der Grad
des Thermometers angab, so daß die ganze Mannschaft sich sehr darüber beklagte.
Ob dies daher rührte, daß wir aus einem warmen Himmelsstrich kamen, oder
ob es irgend eine andre Bewandnis damit hat, will ich nicht entscheiden." --
Am Nachmittage kamen wir durch viel gebrochnes Eis, und sahen ein zweytes
großes Eisfeld, jenseit dessen verschiedne unsrer Leute noch immer Land zu sehen
behaupteten, ohngeachtet auch dies, so wie das vorige, im Grunde, aus nichts
als Nebelbänken bestand. In der Nacht schneite es stark, und bey Anbruch
des Tages ward es sehr neblicht aber zugleich fast Meerstill; den letztern Umstand
nutzte man zu Untersuchung der Ströhmung, und Herr Wales nebst meinem
Vater bedienten sich dieser Gelegenheit ebenfalls, um in einem kleinen Boote die
Versuche über die Wärme der See in großer Tiefe, zu wiederhohlen. Indem sie
aber damit beschäftigt waren ward der Nebel so dick, daß sie beyde Schiffe aus
den Augen verlohren und wie Ihnen nunmehro zu Muthe seyn mochte, läßt sich

*) Aptenodytes antarctica; Procellaria capensis, glacialis, nivea et vittata.

Forſter’s Reiſe um die Welt
1772.
Decem-
ber.
tern ſchienen, vermittelſt der Strahlenbrechung in den Duͤnſten des Horizonts,
weit hoͤher als ſie in der That waren, und ſahen wuͤrklichen Bergen aͤhnlich. Die-
ſer Anblick war ſo taͤuſchend, daß viele unſrer Officiers dabey blieben, ſie haͤtten
hier Land geſehen, bis endlich Capitain Cook zwey Jahr und zwey Monath nach-
her (nemlich im Februar 1775), auf ſeiner Fahrt vom Cap Horn nach dem
Vorgebuͤrge der guten Hofnung, gerade uͤber denſelbigen Fleck wegſeegelte wo
es haͤtte liegen muͤſſen, wo aber damals weder Land noch Eis mehr zu ſehen war.
Ganze Haufen von Pinguins, Pintaden, Mallemucken, Schnee- und blauen
Petrels *) fanden ſich bey dieſem weit verbreiteten Eiſe und verſchiedne Wall-
fiſcharten blieſen rund um uns her Waſſer in die Hoͤhe. Zween derſelben, die
kuͤrzer als der gewoͤhnliche Wallfiſch waren, kamen uns ihrer beſondern Dicke
und ihrer weißen, oder vielmehr ihrer Fleiſchfarbe wegen, bemerkenswerth vor.
Die große Kaͤlte, welche wir in dieſen eiſigten Seen antrafen, machte, daß wir
nicht nur die Hofuung ſondern ſogar alle Gedanken an den Sommer fahren laſ-
ſen mußten, den wir, der Jahrszeit nach, bisher noch immer erwartet hatten. Un-
ſer Thermometer ſtand des Morgens auf 31 Grad und ſtieg Mittags nicht uͤber
33 obgleich die heute beobachtete Polhoͤhe nur 54. Grad 55 Minuten ſuͤdlicher
Breite war. — „Die Kaͤlte war uͤberdem noch weit empfindlicher als der Grad
des Thermometers angab, ſo daß die ganze Mannſchaft ſich ſehr daruͤber beklagte.
Ob dies daher ruͤhrte, daß wir aus einem warmen Himmelsſtrich kamen, oder
ob es irgend eine andre Bewandnis damit hat, will ich nicht entſcheiden.„ —
Am Nachmittage kamen wir durch viel gebrochnes Eis, und ſahen ein zweytes
großes Eisfeld, jenſeit deſſen verſchiedne unſrer Leute noch immer Land zu ſehen
behaupteten, ohngeachtet auch dies, ſo wie das vorige, im Grunde, aus nichts
als Nebelbaͤnken beſtand. In der Nacht ſchneite es ſtark, und bey Anbruch
des Tages ward es ſehr neblicht aber zugleich faſt Meerſtill; den letztern Umſtand
nutzte man zu Unterſuchung der Stroͤhmung, und Herr Wales nebſt meinem
Vater bedienten ſich dieſer Gelegenheit ebenfalls, um in einem kleinen Boote die
Verſuche uͤber die Waͤrme der See in großer Tiefe, zu wiederhohlen. Indem ſie
aber damit beſchaͤftigt waren ward der Nebel ſo dick, daß ſie beyde Schiffe aus
den Augen verlohren und wie Ihnen nunmehro zu Muthe ſeyn mochte, laͤßt ſich

*) Aptenodytes antarctica; Procellaria capenſis, glacialis, nivea et vittata.
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[74/0119] Forſter’s Reiſe um die Welt tern ſchienen, vermittelſt der Strahlenbrechung in den Duͤnſten des Horizonts, weit hoͤher als ſie in der That waren, und ſahen wuͤrklichen Bergen aͤhnlich. Die- ſer Anblick war ſo taͤuſchend, daß viele unſrer Officiers dabey blieben, ſie haͤtten hier Land geſehen, bis endlich Capitain Cook zwey Jahr und zwey Monath nach- her (nemlich im Februar 1775), auf ſeiner Fahrt vom Cap Horn nach dem Vorgebuͤrge der guten Hofnung, gerade uͤber denſelbigen Fleck wegſeegelte wo es haͤtte liegen muͤſſen, wo aber damals weder Land noch Eis mehr zu ſehen war. Ganze Haufen von Pinguins, Pintaden, Mallemucken, Schnee- und blauen Petrels *) fanden ſich bey dieſem weit verbreiteten Eiſe und verſchiedne Wall- fiſcharten blieſen rund um uns her Waſſer in die Hoͤhe. Zween derſelben, die kuͤrzer als der gewoͤhnliche Wallfiſch waren, kamen uns ihrer beſondern Dicke und ihrer weißen, oder vielmehr ihrer Fleiſchfarbe wegen, bemerkenswerth vor. Die große Kaͤlte, welche wir in dieſen eiſigten Seen antrafen, machte, daß wir nicht nur die Hofuung ſondern ſogar alle Gedanken an den Sommer fahren laſ- ſen mußten, den wir, der Jahrszeit nach, bisher noch immer erwartet hatten. Un- ſer Thermometer ſtand des Morgens auf 31 Grad und ſtieg Mittags nicht uͤber 33 obgleich die heute beobachtete Polhoͤhe nur 54. Grad 55 Minuten ſuͤdlicher Breite war. — „Die Kaͤlte war uͤberdem noch weit empfindlicher als der Grad des Thermometers angab, ſo daß die ganze Mannſchaft ſich ſehr daruͤber beklagte. Ob dies daher ruͤhrte, daß wir aus einem warmen Himmelsſtrich kamen, oder ob es irgend eine andre Bewandnis damit hat, will ich nicht entſcheiden.„ — Am Nachmittage kamen wir durch viel gebrochnes Eis, und ſahen ein zweytes großes Eisfeld, jenſeit deſſen verſchiedne unſrer Leute noch immer Land zu ſehen behaupteten, ohngeachtet auch dies, ſo wie das vorige, im Grunde, aus nichts als Nebelbaͤnken beſtand. In der Nacht ſchneite es ſtark, und bey Anbruch des Tages ward es ſehr neblicht aber zugleich faſt Meerſtill; den letztern Umſtand nutzte man zu Unterſuchung der Stroͤhmung, und Herr Wales nebſt meinem Vater bedienten ſich dieſer Gelegenheit ebenfalls, um in einem kleinen Boote die Verſuche uͤber die Waͤrme der See in großer Tiefe, zu wiederhohlen. Indem ſie aber damit beſchaͤftigt waren ward der Nebel ſo dick, daß ſie beyde Schiffe aus den Augen verlohren und wie Ihnen nunmehro zu Muthe ſeyn mochte, laͤßt ſich 1772. Decem- ber. *) Aptenodytes antarctica; Procellaria capenſis, glacialis, nivea et vittata.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/119>, abgerufen am 25.11.2024.