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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 3. Berlin, 1794.

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Recht für den Vater und Stifter der jetzi-
gen Brittischen Künstlerschule halten,
die seit dreißig Jahren so große Fort-
schritte gethan hat. Als Porträtmaler
wird man ihn zwar nicht mit Tizian und
Vandyk vergleichen, doch auch nicht weit
unter sie setzen. Er hatte mehr dichteri-
sche Phantasie und Feinheit als der erste,
mehr sogar als der zweite; nur an Wahr-
heit übertrafen ihn beide. Sein Geschmack
ließ sich nicht fesseln durch das Ungra-
ziöse unserer modernen Kleidung; er dra-
pirte seine Porträte mit einem ihm eige-
nen Sinn für Schönheit und Eleganz. In
seinen Stellungen, in seinen Physiognomien
und Beleuchtungen liest man eine seltene
Gabe, das Eigenthümliche eines jeden Cha-
rakters zu entwickeln und im vortheilhafte-
sten Licht erscheinen zu lassen. Die meisten

Recht für den Vater und Stifter der jetzi-
gen Brittischen Künstlerschule halten,
die seit dreißig Jahren so große Fort-
schritte gethan hat. Als Porträtmaler
wird man ihn zwar nicht mit Tizian und
Vandyk vergleichen, doch auch nicht weit
unter sie setzen. Er hatte mehr dichteri-
sche Phantasie und Feinheit als der erste,
mehr sogar als der zweite; nur an Wahr-
heit übertrafen ihn beide. Sein Geschmack
ließ sich nicht fesseln durch das Ungra-
ziöse unserer modernen Kleidung; er dra-
pirte seine Porträte mit einem ihm eige-
nen Sinn für Schönheit und Eleganz. In
seinen Stellungen, in seinen Physiognomien
und Beleuchtungen liest man eine seltene
Gabe, das Eigenthümliche eines jeden Cha-
rakters zu entwickeln und im vortheilhafte-
sten Licht erscheinen zu lassen. Die meisten

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[101/0392] Recht für den Vater und Stifter der jetzi- gen Brittischen Künstlerschule halten, die seit dreißig Jahren so große Fort- schritte gethan hat. Als Porträtmaler wird man ihn zwar nicht mit Tizian und Vandyk vergleichen, doch auch nicht weit unter sie setzen. Er hatte mehr dichteri- sche Phantasie und Feinheit als der erste, mehr sogar als der zweite; nur an Wahr- heit übertrafen ihn beide. Sein Geschmack ließ sich nicht fesseln durch das Ungra- ziöse unserer modernen Kleidung; er dra- pirte seine Porträte mit einem ihm eige- nen Sinn für Schönheit und Eleganz. In seinen Stellungen, in seinen Physiognomien und Beleuchtungen liest man eine seltene Gabe, das Eigenthümliche eines jeden Cha- rakters zu entwickeln und im vortheilhafte- sten Licht erscheinen zu lassen. Die meisten

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 3. Berlin, 1794, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein03_1794/392>, abgerufen am 25.11.2024.