Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 3. Berlin, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

"entstellt. Wie sie ihre Arme nach dem
"Säugling ausstreckt! Die bebende Lippe,
"die starren, voranstürzenden Augen! Wer
"verkannte noch die Mutter? Vier weib-
"liche und sieben männliche Figuren, der
"Hund, der Hintergrund mit seinen Pallä-
"sten, die Luft: alles ist groß und
"herrlich in diesem Bilde, alles lebt,
"von Wahrheit und von Geist durchath-
"met und durchdrungen." Jetzt verneh-
men wir auch die strenge Herabwürdigung
desselben Kunstwerkes aus dem Munde ei-
nes Vertrauten der Kunst: "Er (der junge
"Herkules) liegt nicht in einem Schilde,
"sondern in einer Wiege, oder etwas ähn-
"lichem. Der Kopf des Herkules ist alles,
"was in diesem Bilde Vorzug verdient.
"Der Körper gleicht einem Schlauch, und
"würde schicklicher für einen Silenus seyn.
"Das Kind ist so ungeheuer groß, daß es

„entstellt. Wie sie ihre Arme nach dem
„Säugling ausstreckt! Die bebende Lippe,
„die starren, voranstürzenden Augen! Wer
„verkannte noch die Mutter? Vier weib-
„liche und sieben männliche Figuren, der
„Hund, der Hintergrund mit seinen Pallä-
„sten, die Luft: alles ist groß und
„herrlich in diesem Bilde, alles lebt,
„von Wahrheit und von Geist durchath-
„met und durchdrungen.“ Jetzt verneh-
men wir auch die strenge Herabwürdigung
desselben Kunstwerkes aus dem Munde ei-
nes Vertrauten der Kunst: „Er (der junge
„Herkules) liegt nicht in einem Schilde,
„sondern in einer Wiege, oder etwas ähn-
„lichem. Der Kopf des Herkules ist alles,
„was in diesem Bilde Vorzug verdient.
„Der Körper gleicht einem Schlauch, und
„würde schicklicher für einen Silenus seyn.
„Das Kind ist so ungeheuer groß, daß es

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0363" n="72"/>
&#x201E;entstellt. Wie sie ihre Arme nach dem<lb/>
&#x201E;Säugling ausstreckt! Die bebende Lippe,<lb/>
&#x201E;die starren, voranstürzenden Augen! Wer<lb/>
&#x201E;verkannte noch die Mutter? Vier weib-<lb/>
&#x201E;liche und sieben männliche Figuren, der<lb/>
&#x201E;Hund, der Hintergrund mit seinen Pallä-<lb/>
&#x201E;sten, die Luft: alles ist groß und<lb/>
&#x201E;herrlich in diesem Bilde, alles lebt,<lb/>
&#x201E;von Wahrheit und von Geist durchath-<lb/>
&#x201E;met und durchdrungen.&#x201C; Jetzt verneh-<lb/>
men wir auch die strenge Herabwürdigung<lb/>
desselben Kunstwerkes aus dem Munde ei-<lb/>
nes Vertrauten der Kunst: &#x201E;Er (der junge<lb/>
&#x201E;Herkules) liegt nicht in einem Schilde,<lb/>
&#x201E;sondern in einer Wiege, oder etwas ähn-<lb/>
&#x201E;lichem. Der Kopf des Herkules ist alles,<lb/>
&#x201E;was in diesem Bilde Vorzug verdient.<lb/>
&#x201E;Der Körper gleicht einem Schlauch, und<lb/>
&#x201E;würde schicklicher für einen Silenus seyn.<lb/>
&#x201E;Das Kind ist so ungeheuer groß, daß es<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[72/0363] „entstellt. Wie sie ihre Arme nach dem „Säugling ausstreckt! Die bebende Lippe, „die starren, voranstürzenden Augen! Wer „verkannte noch die Mutter? Vier weib- „liche und sieben männliche Figuren, der „Hund, der Hintergrund mit seinen Pallä- „sten, die Luft: alles ist groß und „herrlich in diesem Bilde, alles lebt, „von Wahrheit und von Geist durchath- „met und durchdrungen.“ Jetzt verneh- men wir auch die strenge Herabwürdigung desselben Kunstwerkes aus dem Munde ei- nes Vertrauten der Kunst: „Er (der junge „Herkules) liegt nicht in einem Schilde, „sondern in einer Wiege, oder etwas ähn- „lichem. Der Kopf des Herkules ist alles, „was in diesem Bilde Vorzug verdient. „Der Körper gleicht einem Schlauch, und „würde schicklicher für einen Silenus seyn. „Das Kind ist so ungeheuer groß, daß es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der dritte Band von Johann Georg Forsters Ansicht… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein03_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein03_1794/363
Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 3. Berlin, 1794, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein03_1794/363>, abgerufen am 22.07.2024.