des Ideals an ihnen vermissen; ja, die meisten Menschen werden leichter von dem Individuellen angezogen, welches, seiner Disharmonie ungeachtet, ihnen näher liegt, als das lautere Allgemeine der Abstraktion. Corregio wird seinen Ruhm behaupten, so lange seine Werke bleiben. Grazie, Em- pfindung und die unendliche Zartheit der Liebe wird ewig gefallen, auch da, wo man Zeichnung und die höheren Grade der Schönheit entbehren muß. Vermag nicht auch ohne diesen Zauber, der in Corregio's Pinselspitze entzückt, die bloße Wahrheit und Wärme des Kolorits, und jenes üppige, zur Schan gelegte Nackte, das von Lebenskraft emporzuschwellen scheint, in Tizians Gemälden die Sinne des Zuschauers gefangen zu nehmen, und sogar den Kenner selbst zu verführen? Laßt uns noch gestehen: die hohe Kultur
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des Ideals an ihnen vermissen; ja, die meisten Menschen werden leichter von dem Individuellen angezogen, welches, seiner Disharmonie ungeachtet, ihnen näher liegt, als das lautere Allgemeine der Abstraktion. Corregio wird seinen Ruhm behaupten, so lange seine Werke bleiben. Grazie, Em- pfindung und die unendliche Zartheit der Liebe wird ewig gefallen, auch da, wo man Zeichnung und die höheren Grade der Schönheit entbehren muß. Vermag nicht auch ohne diesen Zauber, der in Corregio’s Pinselspitze entzückt, die bloße Wahrheit und Wärme des Kolorits, und jenes üppige, zur Schan gelegte Nackte, das von Lebenskraft emporzuschwellen scheint, in Tizians Gemälden die Sinne des Zuschauers gefangen zu nehmen, und sogar den Kenner selbst zu verführen? Laßt uns noch gestehen: die hohe Kultur
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des Ideals an ihnen vermissen; ja, die
meisten Menschen werden leichter von dem
Individuellen angezogen, welches, seiner
Disharmonie ungeachtet, ihnen näher liegt,
als das lautere Allgemeine der Abstraktion.
Corregio wird seinen Ruhm behaupten, so
lange seine Werke bleiben. Grazie, Em-
pfindung und die unendliche Zartheit der
Liebe wird ewig gefallen, auch da, wo
man Zeichnung und die höheren Grade
der Schönheit entbehren muß. Vermag
nicht auch ohne diesen Zauber, der in
Corregio’s Pinselspitze entzückt, die bloße
Wahrheit und Wärme des Kolorits, und
jenes üppige, zur Schan gelegte Nackte,
das von Lebenskraft emporzuschwellen
scheint, in Tizians Gemälden die Sinne
des Zuschauers gefangen zu nehmen, und
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Der dritte Band von Johann Georg Forsters Ansicht… [mehr]
Der dritte Band von Johann Georg Forsters Ansichten vom Niederrhein blieb unvollendet. Nach Forsters Tod (10.1.1794) wurden dessen fragmentarische Aufzeichnungen zum dritten Band von Ludwig Ferdinand Huber geordnet und herausgegeben. Ergänzt wurde der Band um einen Anhang, Forsters bereits 1789 geschriebene "Geschichte der Kunst in England" (zuerst erschienen in Johann Wilhelm Archenholz' Annalen der brittischen Geschichte) und den "Artistischen Notizen, in London aufgezeichnet" im Anhang. Hubers Vorwort zum dritten Band ist datiert auf den Juli 1794, der Band erschien noch im selben Jahr.
Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 3. Berlin, 1794, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein03_1794/358>, abgerufen am 22.11.2024.
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