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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 3. Berlin, 1794.

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des Ideals an ihnen vermissen; ja, die
meisten Menschen werden leichter von dem
Individuellen angezogen, welches, seiner
Disharmonie ungeachtet, ihnen näher liegt,
als das lautere Allgemeine der Abstraktion.
Corregio wird seinen Ruhm behaupten, so
lange seine Werke bleiben. Grazie, Em-
pfindung und die unendliche Zartheit der
Liebe wird ewig gefallen, auch da, wo
man Zeichnung und die höheren Grade
der Schönheit entbehren muß. Vermag
nicht auch ohne diesen Zauber, der in
Corregio's Pinselspitze entzückt, die bloße
Wahrheit und Wärme des Kolorits, und
jenes üppige, zur Schan gelegte Nackte,
das von Lebenskraft emporzuschwellen
scheint, in Tizians Gemälden die Sinne
des Zuschauers gefangen zu nehmen, und
sogar den Kenner selbst zu verführen?
Laßt uns noch gestehen: die hohe Kultur

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des Ideals an ihnen vermissen; ja, die
meisten Menschen werden leichter von dem
Individuellen angezogen, welches, seiner
Disharmonie ungeachtet, ihnen näher liegt,
als das lautere Allgemeine der Abstraktion.
Corregio wird seinen Ruhm behaupten, so
lange seine Werke bleiben. Grazie, Em-
pfindung und die unendliche Zartheit der
Liebe wird ewig gefallen, auch da, wo
man Zeichnung und die höheren Grade
der Schönheit entbehren muß. Vermag
nicht auch ohne diesen Zauber, der in
Corregio’s Pinselspitze entzückt, die bloße
Wahrheit und Wärme des Kolorits, und
jenes üppige, zur Schan gelegte Nackte,
das von Lebenskraft emporzuschwellen
scheint, in Tizians Gemälden die Sinne
des Zuschauers gefangen zu nehmen, und
sogar den Kenner selbst zu verführen?
Laßt uns noch gestehen: die hohe Kultur

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[67/0358] des Ideals an ihnen vermissen; ja, die meisten Menschen werden leichter von dem Individuellen angezogen, welches, seiner Disharmonie ungeachtet, ihnen näher liegt, als das lautere Allgemeine der Abstraktion. Corregio wird seinen Ruhm behaupten, so lange seine Werke bleiben. Grazie, Em- pfindung und die unendliche Zartheit der Liebe wird ewig gefallen, auch da, wo man Zeichnung und die höheren Grade der Schönheit entbehren muß. Vermag nicht auch ohne diesen Zauber, der in Corregio’s Pinselspitze entzückt, die bloße Wahrheit und Wärme des Kolorits, und jenes üppige, zur Schan gelegte Nackte, das von Lebenskraft emporzuschwellen scheint, in Tizians Gemälden die Sinne des Zuschauers gefangen zu nehmen, und sogar den Kenner selbst zu verführen? Laßt uns noch gestehen: die hohe Kultur e 2

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 3. Berlin, 1794, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein03_1794/358>, abgerufen am 22.11.2024.