wo andere Völker aus eigenem innerem Trie¬ be, kühn, stolz und freudig riefen: "es lebe die Nation!" da lernten sie erst von Mön¬ chen ihre Losung: "es lebe van der Noot!"
Unsern Wunsch, die Citadelle selbst in Augenschein zu nehmen, konnte man für diesesmal nicht befriedigen; ein Verbot der Stände macht sie jetzt, wegen des dahin ge¬ führten Staatsgefangenen, van der Mersch, allen Fremden unzugänglich. Zwar versprach uns ein hiesiger Kaufmann, der zugleich eine wichtige Demagogenrolle spielte, uns den Eingang zu gestatten, wenn wir noch einige Tage länger bleiben wollten, bis er nämlich die Wache dort hätte; allein die Befriedi¬ gung der blossen Neugier war ein so grosses Opfer nicht werth. Uns hatte vielmehr al¬ les, was wir bisher in den Niederlanden ge¬ sehn und gehört und die Hunderte von po¬ litischen Zeitschriften, die wir hier gelesen hatten, bereits die feste Überzeugung einge¬
wo andere Völker aus eigenem innerem Trie¬ be, kühn, stolz und freudig riefen: »es lebe die Nation!» da lernten sie erst von Mön¬ chen ihre Losung: »es lebe van der Noot!»
Unsern Wunsch, die Citadelle selbst in Augenschein zu nehmen, konnte man für diesesmal nicht befriedigen; ein Verbot der Stände macht sie jetzt, wegen des dahin ge¬ führten Staatsgefangenen, van der Mersch, allen Fremden unzugänglich. Zwar versprach uns ein hiesiger Kaufmann, der zugleich eine wichtige Demagogenrolle spielte, uns den Eingang zu gestatten, wenn wir noch einige Tage länger bleiben wollten, bis er nämlich die Wache dort hätte; allein die Befriedi¬ gung der bloſsen Neugier war ein so groſses Opfer nicht werth. Uns hatte vielmehr al¬ les, was wir bisher in den Niederlanden ge¬ sehn und gehört und die Hunderte von po¬ litischen Zeitschriften, die wir hier gelesen hatten, bereits die feste Überzeugung einge¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0364"n="358"/>
wo andere Völker aus eigenem innerem Trie¬<lb/>
be, kühn, stolz und freudig riefen: »es lebe<lb/><hirendition="#i">die Nation!</hi>» da lernten sie erst von Mön¬<lb/>
chen ihre Losung: »es lebe <hirendition="#i">van der Noot!</hi>»</p><lb/><p>Unsern Wunsch, die Citadelle selbst in<lb/>
Augenschein zu nehmen, konnte man für<lb/>
diesesmal nicht befriedigen; ein Verbot der<lb/>
Stände macht sie jetzt, wegen des dahin ge¬<lb/>
führten Staatsgefangenen, <hirendition="#i">van der Mersch</hi>,<lb/>
allen Fremden unzugänglich. Zwar versprach<lb/>
uns ein hiesiger Kaufmann, der zugleich eine<lb/>
wichtige Demagogenrolle spielte, uns den<lb/>
Eingang zu gestatten, wenn wir noch einige<lb/>
Tage länger bleiben wollten, bis er nämlich<lb/>
die Wache dort hätte; allein die Befriedi¬<lb/>
gung der bloſsen Neugier war ein so groſses<lb/>
Opfer nicht werth. Uns hatte vielmehr al¬<lb/>
les, was wir bisher in den Niederlanden ge¬<lb/>
sehn und gehört und die Hunderte von po¬<lb/>
litischen Zeitschriften, die wir hier gelesen<lb/>
hatten, bereits die feste Überzeugung einge¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[358/0364]
wo andere Völker aus eigenem innerem Trie¬
be, kühn, stolz und freudig riefen: »es lebe
die Nation!» da lernten sie erst von Mön¬
chen ihre Losung: »es lebe van der Noot!»
Unsern Wunsch, die Citadelle selbst in
Augenschein zu nehmen, konnte man für
diesesmal nicht befriedigen; ein Verbot der
Stände macht sie jetzt, wegen des dahin ge¬
führten Staatsgefangenen, van der Mersch,
allen Fremden unzugänglich. Zwar versprach
uns ein hiesiger Kaufmann, der zugleich eine
wichtige Demagogenrolle spielte, uns den
Eingang zu gestatten, wenn wir noch einige
Tage länger bleiben wollten, bis er nämlich
die Wache dort hätte; allein die Befriedi¬
gung der bloſsen Neugier war ein so groſses
Opfer nicht werth. Uns hatte vielmehr al¬
les, was wir bisher in den Niederlanden ge¬
sehn und gehört und die Hunderte von po¬
litischen Zeitschriften, die wir hier gelesen
hatten, bereits die feste Überzeugung einge¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791/364>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.