gelangt, und folglich wahre Künstlergrösse auf diesem Wege so schwer zu erringen ist, wie in jener von Homer und Pindar betre¬ tenen Laufbahn. Ob ein Marmorblock, oder zerriebene Farben, oder die Elemente der Sprache den rohen Stoff ausmachen, den der Künstler bilden soll: dies kann in so weit gleichgültig seyn, als nur die Arbeit den Werth des Kunstwerks bestimmt; und diese Arbeit nun -- nach welchem andern Ver¬ hältnisse lässt sie sich schätzen, als dem ge¬ doppelten, des innern Werthes und Reich¬ thumes der schaffenden Seele, und des Gra¬ des der Vollkommenheit, in welchem sie sich mit ihrer Schöpfung identificirte? Oder sollte es hier wirklich nicht auf das erstere, nicht auf die Humanität des Künstlers an¬ kommen? sollte nur die Gabe darzustellen, gleichviel was dargestellt würde, den Meister bezeichnen? Dann freilich giebt es keine
T 5
gelangt, und folglich wahre Künstlergröſse auf diesem Wege so schwer zu erringen ist, wie in jener von Homer und Pindar betre¬ tenen Laufbahn. Ob ein Marmorblock, oder zerriebene Farben, oder die Elemente der Sprache den rohen Stoff ausmachen, den der Künstler bilden soll: dies kann in so weit gleichgültig seyn, als nur die Arbeit den Werth des Kunstwerks bestimmt; und diese Arbeit nun — nach welchem andern Ver¬ hältnisse läſst sie sich schätzen, als dem ge¬ doppelten, des innern Werthes und Reich¬ thumes der schaffenden Seele, und des Gra¬ des der Vollkommenheit, in welchem sie sich mit ihrer Schöpfung identificirte? Oder sollte es hier wirklich nicht auf das erstere, nicht auf die Humanität des Künstlers an¬ kommen? sollte nur die Gabe darzustellen, gleichviel was dargestellt würde, den Meister bezeichnen? Dann freilich giebt es keine
T 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0303"n="297"/>
gelangt, und folglich wahre Künstlergröſse<lb/>
auf diesem Wege so schwer zu erringen ist,<lb/>
wie in jener von <hirendition="#i">Homer</hi> und <hirendition="#i">Pindar</hi> betre¬<lb/>
tenen Laufbahn. Ob ein Marmorblock, oder<lb/>
zerriebene Farben, oder die Elemente der<lb/>
Sprache den rohen Stoff ausmachen, den der<lb/>
Künstler bilden soll: dies kann in so weit<lb/>
gleichgültig seyn, als nur die Arbeit den<lb/>
Werth des Kunstwerks bestimmt; und diese<lb/>
Arbeit nun — nach welchem andern Ver¬<lb/>
hältnisse läſst sie sich schätzen, als dem <hirendition="#i">ge¬<lb/>
doppelten</hi>, des innern Werthes und Reich¬<lb/>
thumes der schaffenden Seele, und des Gra¬<lb/>
des der Vollkommenheit, in welchem sie<lb/>
sich mit ihrer Schöpfung identificirte? Oder<lb/>
sollte es hier wirklich nicht auf das erstere,<lb/>
nicht auf die Humanität des Künstlers an¬<lb/>
kommen? sollte nur die Gabe darzustellen,<lb/>
gleichviel was dargestellt würde, den Meister<lb/>
bezeichnen? Dann freilich giebt es keine<lb/><fwplace="bottom"type="sig">T 5<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[297/0303]
gelangt, und folglich wahre Künstlergröſse
auf diesem Wege so schwer zu erringen ist,
wie in jener von Homer und Pindar betre¬
tenen Laufbahn. Ob ein Marmorblock, oder
zerriebene Farben, oder die Elemente der
Sprache den rohen Stoff ausmachen, den der
Künstler bilden soll: dies kann in so weit
gleichgültig seyn, als nur die Arbeit den
Werth des Kunstwerks bestimmt; und diese
Arbeit nun — nach welchem andern Ver¬
hältnisse läſst sie sich schätzen, als dem ge¬
doppelten, des innern Werthes und Reich¬
thumes der schaffenden Seele, und des Gra¬
des der Vollkommenheit, in welchem sie
sich mit ihrer Schöpfung identificirte? Oder
sollte es hier wirklich nicht auf das erstere,
nicht auf die Humanität des Künstlers an¬
kommen? sollte nur die Gabe darzustellen,
gleichviel was dargestellt würde, den Meister
bezeichnen? Dann freilich giebt es keine
T 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791/303>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.