kanntlich je roher der Mensch, desto plum¬ per muss die Erschütterung sein, die seine Sinne befriedigt. Mozart's und Paesiello's Kunst wird an die Midasohren verschwen¬ det, die nur für Ditters Gassenhauer offen sind. Eben so unempfänglich bleibt ein schlaffes, ungebildetes Publikum für das Ta¬ lent des Schauspielers, der die Natur in ih¬ ren zartesten, verborgensten Bewegungen er¬ forscht und ihre Bescheidenheit nie über¬ schreitet; wenn hingegen der Kasperl mit lautem Beifall Possen reisst, oder, was noch ärger ist, ein mittelmässiger Akteur die aben¬ theuerlichsten Verzerrungen und die schwül¬ stigsten Deklamationen als ächte dramatische Begeisterung geltend macht. Irre ich indess nicht, so sind die hiesigen Einwohner von manchem Französischen Nationalfehler frei, ob sie gleich in Gesellschaft weniger glän¬ zen; die ungezwungene Artigkeit ihrer süd¬
kanntlich je roher der Mensch, desto plum¬ per muſs die Erschütterung sein, die seine Sinne befriedigt. Mozart’s und Paesiello’s Kunst wird an die Midasohren verschwen¬ det, die nur für Ditters Gassenhauer offen sind. Eben so unempfänglich bleibt ein schlaffes, ungebildetes Publikum für das Ta¬ lent des Schauspielers, der die Natur in ih¬ ren zartesten, verborgensten Bewegungen er¬ forscht und ihre Bescheidenheit nie über¬ schreitet; wenn hingegen der Kasperl mit lautem Beifall Possen reiſst, oder, was noch ärger ist, ein mittelmäſsiger Akteur die aben¬ theuerlichsten Verzerrungen und die schwül¬ stigsten Deklamationen als ächte dramatische Begeisterung geltend macht. Irre ich indeſs nicht, so sind die hiesigen Einwohner von manchem Französischen Nationalfehler frei, ob sie gleich in Gesellschaft weniger glän¬ zen; die ungezwungene Artigkeit ihrer süd¬
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kanntlich je roher der Mensch, desto plum¬
per muſs die Erschütterung sein, die seine
Sinne befriedigt. Mozart’s und Paesiello’s
Kunst wird an die Midasohren verschwen¬
det, die nur für Ditters Gassenhauer offen
sind. Eben so unempfänglich bleibt ein
schlaffes, ungebildetes Publikum für das Ta¬
lent des Schauspielers, der die Natur in ih¬
ren zartesten, verborgensten Bewegungen er¬
forscht und ihre Bescheidenheit nie über¬
schreitet; wenn hingegen der Kasperl mit
lautem Beifall Possen reiſst, oder, was noch
ärger ist, ein mittelmäſsiger Akteur die aben¬
theuerlichsten Verzerrungen und die schwül¬
stigsten Deklamationen als ächte dramatische
Begeisterung geltend macht. Irre ich indeſs
nicht, so sind die hiesigen Einwohner von
manchem Französischen Nationalfehler frei,
ob sie gleich in Gesellschaft weniger glän¬
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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791/245>, abgerufen am 25.11.2024.
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