Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

konnten, dass seine Anhänglichkeit an die
Stände sich weder durch Gründe noch durch
Gewalt bezwingen liess; in diesem Falle
war folglich ihre Widersetzlichkeit zwecklos
und ungerecht. Hatten sie hingegen die
Möglichkeit in Händen, durch eine grosse
Anstrengung die aristokratische Tyrannei zu
stürzen, so bleibt ihnen ewig die Reue, aus
Kleinmuth die Gelegenheit verfehlt zu ha¬
ben, das Vaterland zum zweitenmal zu be¬
freien. Alle absolute Bestimmungen sind
Werke der Spekulation, und nicht von die¬
ser Welt; hier hängt alles von Verhältnissen
und Umständen ab; das Wahre und Gute
entlehnt, wie Recht und Gerechtigkeit, seine
Farbe von der Zeit und den Dingen. Die
Beistimmung der Welt zu unseren Grund¬
sätzen
können wir daher nicht erzwingen;
allein die Schuld ist an uns, wenn sie un¬
serm Charakter keine Hochachtung zollt.

konnten, daſs seine Anhänglichkeit an die
Stände sich weder durch Gründe noch durch
Gewalt bezwingen lieſs; in diesem Falle
war folglich ihre Widersetzlichkeit zwecklos
und ungerecht. Hatten sie hingegen die
Möglichkeit in Händen, durch eine groſse
Anstrengung die aristokratische Tyrannei zu
stürzen, so bleibt ihnen ewig die Reue, aus
Kleinmuth die Gelegenheit verfehlt zu ha¬
ben, das Vaterland zum zweitenmal zu be¬
freien. Alle absolute Bestimmungen sind
Werke der Spekulation, und nicht von die¬
ser Welt; hier hängt alles von Verhältnissen
und Umständen ab; das Wahre und Gute
entlehnt, wie Recht und Gerechtigkeit, seine
Farbe von der Zeit und den Dingen. Die
Beistimmung der Welt zu unseren Grund¬
sätzen
können wir daher nicht erzwingen;
allein die Schuld ist an uns, wenn sie un¬
serm Charakter keine Hochachtung zollt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0178" n="172"/>
konnten, da&#x017F;s seine Anhänglichkeit an die<lb/>
Stände sich weder durch Gründe noch durch<lb/>
Gewalt bezwingen lie&#x017F;s; in diesem Falle<lb/>
war folglich ihre Widersetzlichkeit zwecklos<lb/>
und ungerecht. Hatten sie hingegen die<lb/>
Möglichkeit in Händen, durch eine gro&#x017F;se<lb/>
Anstrengung die aristokratische Tyrannei zu<lb/>
stürzen, so bleibt ihnen ewig die Reue, aus<lb/>
Kleinmuth die Gelegenheit verfehlt zu ha¬<lb/>
ben, das Vaterland zum zweitenmal zu be¬<lb/>
freien. Alle absolute Bestimmungen sind<lb/>
Werke der Spekulation, und nicht von die¬<lb/>
ser Welt; hier hängt alles von Verhältnissen<lb/>
und Umständen ab; das Wahre und Gute<lb/>
entlehnt, wie Recht und Gerechtigkeit, seine<lb/>
Farbe von der Zeit und den Dingen. Die<lb/>
Beistimmung der Welt zu unseren <hi rendition="#i">Grund¬<lb/>
sätzen</hi> können wir daher nicht erzwingen;<lb/>
allein die Schuld ist an uns, wenn sie un¬<lb/>
serm <hi rendition="#i">Charakter</hi> keine Hochachtung zollt.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[172/0178] konnten, daſs seine Anhänglichkeit an die Stände sich weder durch Gründe noch durch Gewalt bezwingen lieſs; in diesem Falle war folglich ihre Widersetzlichkeit zwecklos und ungerecht. Hatten sie hingegen die Möglichkeit in Händen, durch eine groſse Anstrengung die aristokratische Tyrannei zu stürzen, so bleibt ihnen ewig die Reue, aus Kleinmuth die Gelegenheit verfehlt zu ha¬ ben, das Vaterland zum zweitenmal zu be¬ freien. Alle absolute Bestimmungen sind Werke der Spekulation, und nicht von die¬ ser Welt; hier hängt alles von Verhältnissen und Umständen ab; das Wahre und Gute entlehnt, wie Recht und Gerechtigkeit, seine Farbe von der Zeit und den Dingen. Die Beistimmung der Welt zu unseren Grund¬ sätzen können wir daher nicht erzwingen; allein die Schuld ist an uns, wenn sie un¬ serm Charakter keine Hochachtung zollt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791/178
Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791/178>, abgerufen am 22.11.2024.