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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791.

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höchsten Richtschnur machte, würde wahr¬
scheinlich den Zweck der allgemeinen sitt¬
lichen Vervollkommnung dennoch eben so
weit verfehlen, wie eine Universalmonarchie.
Was hülfe es uns, dass wir Freiheit hät¬
ten, unsere Geistesfähigkeiten zu entwickeln,
wenn uns plötzlich der Antrieb zu dieser
Entwickelung fehlte?

Doch dieser Antrieb wird uns nimmer¬
mehr entrissen werden, wenigstens nicht in
dieser einzigen, uns denkbaren Welt, wenig¬
stens nicht, so lange sich alle dreissig Jahre
das Menschengeschlecht verjüngt, und wie¬
der emporwächst von den bloss vegetirenden
Keimen zu der thierischen Sinnlichkeit, und
von dieser zu der gemischten physisch-sitt¬
lichen Bildung. Buchstaben, Formeln und
Schlüsse werden nie im jungen Sprössling
den mächtigen, dunkeln Trieb überwiegen,
durch eigenes Handeln die Eigenschaften der

höchsten Richtschnur machte, würde wahr¬
scheinlich den Zweck der allgemeinen sitt¬
lichen Vervollkommnung dennoch eben so
weit verfehlen, wie eine Universalmonarchie.
Was hülfe es uns, daſs wir Freiheit hät¬
ten, unsere Geistesfähigkeiten zu entwickeln,
wenn uns plötzlich der Antrieb zu dieser
Entwickelung fehlte?

Doch dieser Antrieb wird uns nimmer¬
mehr entrissen werden, wenigstens nicht in
dieser einzigen, uns denkbaren Welt, wenig¬
stens nicht, so lange sich alle dreiſsig Jahre
das Menschengeschlecht verjüngt, und wie¬
der emporwächst von den bloſs vegetirenden
Keimen zu der thierischen Sinnlichkeit, und
von dieser zu der gemischten physisch-sitt¬
lichen Bildung. Buchstaben, Formeln und
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den mächtigen, dunkeln Trieb überwiegen,
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[396/0408] höchsten Richtschnur machte, würde wahr¬ scheinlich den Zweck der allgemeinen sitt¬ lichen Vervollkommnung dennoch eben so weit verfehlen, wie eine Universalmonarchie. Was hülfe es uns, daſs wir Freiheit hät¬ ten, unsere Geistesfähigkeiten zu entwickeln, wenn uns plötzlich der Antrieb zu dieser Entwickelung fehlte? Doch dieser Antrieb wird uns nimmer¬ mehr entrissen werden, wenigstens nicht in dieser einzigen, uns denkbaren Welt, wenig¬ stens nicht, so lange sich alle dreiſsig Jahre das Menschengeschlecht verjüngt, und wie¬ der emporwächst von den bloſs vegetirenden Keimen zu der thierischen Sinnlichkeit, und von dieser zu der gemischten physisch-sitt¬ lichen Bildung. Buchstaben, Formeln und Schlüsse werden nie im jungen Spröſsling den mächtigen, dunkeln Trieb überwiegen, durch eigenes Handeln die Eigenschaften der

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/408>, abgerufen am 22.11.2024.