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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791.

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Theologen, die ihre Dogmatik nur auswen¬
dig wissen, zu den ersten, denen man Still¬
schweigen gebieten müsste, indess nur wahre
Weise sprechen, und -- was mehr ist --
regieren dürften. Neben so vielen Rechten,
welche die Menschen veräussern und über¬
tragen konnten, um den Vortheil der Ver¬
einigung zu einem Staate zu geniessen, giebt
es auch andere, welche ihrer Natur nach
unveräusserlich sind; und unter diesen ste¬
het das Recht, ihre Geistesfähigkeiten durch
Entwicklung, Übung und Ausbildung zu
vervollkommnen, oben an. Wenn ein Ver¬
trag die Sklaverei gut heissen, und den un¬
umschränkten Willen eines Tyrannen für
rechtmässig erklären könnte, so darf doch
selbst das Leibeigenthum, welches jemand
besitzt, ihm nicht zum Vorwande dienen,
seine Sklaven an der Erreichung ihrer Be¬
stimmung als Menschen zu verhindern. Oder

Theologen, die ihre Dogmatik nur auswen¬
dig wissen, zu den ersten, denen man Still¬
schweigen gebieten müſste, indeſs nur wahre
Weise sprechen, und — was mehr ist —
regieren dürften. Neben so vielen Rechten,
welche die Menschen veräuſsern und über¬
tragen konnten, um den Vortheil der Ver¬
einigung zu einem Staate zu genieſsen, giebt
es auch andere, welche ihrer Natur nach
unveräuſserlich sind; und unter diesen ste¬
het das Recht, ihre Geistesfähigkeiten durch
Entwicklung, Übung und Ausbildung zu
vervollkommnen, oben an. Wenn ein Ver¬
trag die Sklaverei gut heiſsen, und den un¬
umschränkten Willen eines Tyrannen für
rechtmäſsig erklären könnte, so darf doch
selbst das Leibeigenthum, welches jemand
besitzt, ihm nicht zum Vorwande dienen,
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stimmung als Menschen zu verhindern. Oder

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[346/0358] Theologen, die ihre Dogmatik nur auswen¬ dig wissen, zu den ersten, denen man Still¬ schweigen gebieten müſste, indeſs nur wahre Weise sprechen, und — was mehr ist — regieren dürften. Neben so vielen Rechten, welche die Menschen veräuſsern und über¬ tragen konnten, um den Vortheil der Ver¬ einigung zu einem Staate zu genieſsen, giebt es auch andere, welche ihrer Natur nach unveräuſserlich sind; und unter diesen ste¬ het das Recht, ihre Geistesfähigkeiten durch Entwicklung, Übung und Ausbildung zu vervollkommnen, oben an. Wenn ein Ver¬ trag die Sklaverei gut heiſsen, und den un¬ umschränkten Willen eines Tyrannen für rechtmäſsig erklären könnte, so darf doch selbst das Leibeigenthum, welches jemand besitzt, ihm nicht zum Vorwande dienen, seine Sklaven an der Erreichung ihrer Be¬ stimmung als Menschen zu verhindern. Oder

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/358>, abgerufen am 04.07.2024.