mal gefährlich, und die Abspannung, die darauf erfolgt, kann mehr als zu deutlich lehren, wie wenig wir für Göttergenuss und den Umgang mit Göttern geschaffen sind. Unsere Ungenügsamkeit ist Schwäche; die Griechen blieben bei der Erscheinung ste¬ hen, und freuten sich des Anblicks ihrer Schönheit.
Was ich aber nicht mehr begreife, das ist, wie man es noch wagen kann, einen Christus als Kunstwerk darzustellen. Malt man ihn mit den Zügen eines Götterideals, so hat er nur das Interesse der Schönheit; allein er rührt nicht das Herz. Im Gegen¬ theil, schildert man einen Menschen; wie will man das Göttliche dergestalt hineinver¬ schmelzen, dass es dem Interesse des Her¬ zens nicht schadet? und lässt man dieses ganz hinweg; wie ist es möglich, die Mensch¬ heit so hinaufzuadeln, dass sie noch grösser,
I. Theil. Q
mal gefährlich, und die Abspannung, die darauf erfolgt, kann mehr als zu deutlich lehren, wie wenig wir für Göttergenuſs und den Umgang mit Göttern geschaffen sind. Unsere Ungenügsamkeit ist Schwäche; die Griechen blieben bei der Erscheinung ste¬ hen, und freuten sich des Anblicks ihrer Schönheit.
Was ich aber nicht mehr begreife, das ist, wie man es noch wagen kann, einen Christus als Kunstwerk darzustellen. Malt man ihn mit den Zügen eines Götterideals, so hat er nur das Interesse der Schönheit; allein er rührt nicht das Herz. Im Gegen¬ theil, schildert man einen Menschen; wie will man das Göttliche dergestalt hineinver¬ schmelzen, daſs es dem Interesse des Her¬ zens nicht schadet? und läſst man dieses ganz hinweg; wie ist es möglich, die Mensch¬ heit so hinaufzuadeln, daſs sie noch gröſser,
I. Theil. Q
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0253"n="241"/>
mal gefährlich, und die Abspannung, die<lb/>
darauf erfolgt, kann mehr als zu deutlich<lb/>
lehren, wie wenig wir für Göttergenuſs und<lb/>
den Umgang mit Göttern geschaffen sind.<lb/>
Unsere Ungenügsamkeit ist Schwäche; die<lb/>
Griechen blieben bei der Erscheinung ste¬<lb/>
hen, und freuten sich des Anblicks ihrer<lb/>
Schönheit.</p><lb/><p>Was ich aber nicht mehr begreife, das<lb/>
ist, wie man es noch wagen kann, einen<lb/>
Christus als Kunstwerk darzustellen. Malt<lb/>
man ihn mit den Zügen eines Götterideals,<lb/>
so hat er nur das Interesse der Schönheit;<lb/>
allein er rührt nicht das Herz. Im Gegen¬<lb/>
theil, schildert man einen Menschen; wie<lb/>
will man das Göttliche dergestalt hineinver¬<lb/>
schmelzen, daſs es dem Interesse des Her¬<lb/>
zens nicht schadet? und läſst man dieses<lb/>
ganz hinweg; wie ist es möglich, die Mensch¬<lb/>
heit so hinaufzuadeln, daſs sie noch gröſser,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">I. <hirendition="#g">Theil</hi>. Q<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[241/0253]
mal gefährlich, und die Abspannung, die
darauf erfolgt, kann mehr als zu deutlich
lehren, wie wenig wir für Göttergenuſs und
den Umgang mit Göttern geschaffen sind.
Unsere Ungenügsamkeit ist Schwäche; die
Griechen blieben bei der Erscheinung ste¬
hen, und freuten sich des Anblicks ihrer
Schönheit.
Was ich aber nicht mehr begreife, das
ist, wie man es noch wagen kann, einen
Christus als Kunstwerk darzustellen. Malt
man ihn mit den Zügen eines Götterideals,
so hat er nur das Interesse der Schönheit;
allein er rührt nicht das Herz. Im Gegen¬
theil, schildert man einen Menschen; wie
will man das Göttliche dergestalt hineinver¬
schmelzen, daſs es dem Interesse des Her¬
zens nicht schadet? und läſst man dieses
ganz hinweg; wie ist es möglich, die Mensch¬
heit so hinaufzuadeln, daſs sie noch gröſser,
I. Theil. Q
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/253>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.