wir unsere Noth mit uns selbst klagen, dem wir unser Herz mit allen seinen Widersprü¬ chen, Verirrungen und geheimen Anliegen ausschütten, dem wir durch anhaltendes Bitten und Thränenvergiessen, wie wir selbst geduldig und mitleidig sind, ohne ihn zu ermüden, Beistand und Mitleid ablocken können: dies ist das Hauptbedürfniss unseres Lebens, und dazu schaffen wir uns Götter nach unserem Bilde. In dem nächsten Ka¬ pellchen kann ich die Ueberzeugung finden, dass die unbegreifliche Gottheit selbst, schwer¬ lich irgendwo mit dem herzlichen Vertrauen angerufen wird, womit eifrige Christen hier zu den Heiligen beten, die einst Menschen waren, wie sie. Dies ist Stimme der Natur, trotz allem, was die Philosophie, die nur in Abstraktionen lebt, darüber dogmatisiren mag. Gleichheit ist die unnachlässliche Bedingung der Liebe. Der Schwache kann das Voll¬
I. Theil. O
wir unsere Noth mit uns selbst klagen, dem wir unser Herz mit allen seinen Widersprü¬ chen, Verirrungen und geheimen Anliegen ausschütten, dem wir durch anhaltendes Bitten und Thränenvergieſsen, wie wir selbst geduldig und mitleidig sind, ohne ihn zu ermüden, Beistand und Mitleid ablocken können: dies ist das Hauptbedürfniſs unseres Lebens, und dazu schaffen wir uns Götter nach unserem Bilde. In dem nächsten Ka¬ pellchen kann ich die Ueberzeugung finden, daſs die unbegreifliche Gottheit selbst, schwer¬ lich irgendwo mit dem herzlichen Vertrauen angerufen wird, womit eifrige Christen hier zu den Heiligen beten, die einst Menschen waren, wie sie. Dies ist Stimme der Natur, trotz allem, was die Philosophie, die nur in Abstraktionen lebt, darüber dogmatisiren mag. Gleichheit ist die unnachläſsliche Bedingung der Liebe. Der Schwache kann das Voll¬
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wir unsere Noth mit uns selbst klagen, dem
wir unser Herz mit allen seinen Widersprü¬
chen, Verirrungen und geheimen Anliegen
ausschütten, dem wir durch anhaltendes
Bitten und Thränenvergieſsen, wie wir selbst
geduldig und mitleidig sind, ohne ihn zu
ermüden, Beistand und Mitleid ablocken
können: dies ist das Hauptbedürfniſs unseres
Lebens, und dazu schaffen wir uns Götter
nach unserem Bilde. In dem nächsten Ka¬
pellchen kann ich die Ueberzeugung finden,
daſs die unbegreifliche Gottheit selbst, schwer¬
lich irgendwo mit dem herzlichen Vertrauen
angerufen wird, womit eifrige Christen hier
zu den Heiligen beten, die einst Menschen
waren, wie sie. Dies ist Stimme der Natur,
trotz allem, was die Philosophie, die nur in
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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/221>, abgerufen am 22.11.2024.
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