gebracht. Allein was hätte nicht ein Künst¬ ler aus eben diesem Gegenstande geschaffen, ein Künstler mit empfänglicher Seele, mit dichterischer Phantasie und zartem Schön¬ heitssinne! Nicht zu gedenken, dass die herabstürzende Gruppe gegen alle Wahr¬ scheinlichkeit sündigt, indem sie früher im Himmel angelangt seyn musste, als selbst die auserwählte Schaar, um schon verstossen zu werden, ehe diese noch auf dem Wol¬ kengewölbe ausgestiegen ist; so bringt doch die Vereinigung der Auferstehung und des Gerichtes die Unbequemlichkeit mit sich, dass die Seligen eine zwar an sich sehr schöne, hier aber ganz unnatürliche Pyrami¬ dalgruppe bilden müssen, welche schon darum verwerflich ist, weil sie allen individuellen Ausdruck schwächt und die schönen Epi¬ soden, die sich hier dem Künstler wie dem Dichter darbieten, unmöglich macht. Durch
K 2
gebracht. Allein was hätte nicht ein Künst¬ ler aus eben diesem Gegenstande geschaffen, ein Künstler mit empfänglicher Seele, mit dichterischer Phantasie und zartem Schön¬ heitssinne! Nicht zu gedenken, daſs die herabstürzende Gruppe gegen alle Wahr¬ scheinlichkeit sündigt, indem sie früher im Himmel angelangt seyn muſste, als selbst die auserwählte Schaar, um schon verstoſsen zu werden, ehe diese noch auf dem Wol¬ kengewölbe ausgestiegen ist; so bringt doch die Vereinigung der Auferstehung und des Gerichtes die Unbequemlichkeit mit sich, daſs die Seligen eine zwar an sich sehr schöne, hier aber ganz unnatürliche Pyrami¬ dalgruppe bilden müssen, welche schon darum verwerflich ist, weil sie allen individuellen Ausdruck schwächt und die schönen Epi¬ soden, die sich hier dem Künstler wie dem Dichter darbieten, unmöglich macht. Durch
K 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0159"n="147"/>
gebracht. Allein was hätte nicht ein Künst¬<lb/>
ler aus eben diesem Gegenstande geschaffen,<lb/>
ein Künstler mit empfänglicher Seele, mit<lb/>
dichterischer Phantasie und zartem Schön¬<lb/>
heitssinne! Nicht zu gedenken, daſs die<lb/>
herabstürzende Gruppe gegen alle Wahr¬<lb/>
scheinlichkeit sündigt, indem sie früher im<lb/>
Himmel angelangt seyn muſste, als selbst<lb/>
die auserwählte Schaar, um schon verstoſsen<lb/>
zu werden, ehe diese noch auf dem Wol¬<lb/>
kengewölbe ausgestiegen ist; so bringt doch<lb/>
die Vereinigung der Auferstehung und des<lb/>
Gerichtes die Unbequemlichkeit mit sich,<lb/>
daſs die Seligen eine zwar an sich sehr<lb/>
schöne, hier aber ganz unnatürliche Pyrami¬<lb/>
dalgruppe bilden müssen, welche schon darum<lb/>
verwerflich ist, weil sie allen individuellen<lb/>
Ausdruck schwächt und die schönen Epi¬<lb/>
soden, die sich hier dem Künstler wie dem<lb/>
Dichter darbieten, unmöglich macht. Durch<lb/><fwplace="bottom"type="sig">K 2<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[147/0159]
gebracht. Allein was hätte nicht ein Künst¬
ler aus eben diesem Gegenstande geschaffen,
ein Künstler mit empfänglicher Seele, mit
dichterischer Phantasie und zartem Schön¬
heitssinne! Nicht zu gedenken, daſs die
herabstürzende Gruppe gegen alle Wahr¬
scheinlichkeit sündigt, indem sie früher im
Himmel angelangt seyn muſste, als selbst
die auserwählte Schaar, um schon verstoſsen
zu werden, ehe diese noch auf dem Wol¬
kengewölbe ausgestiegen ist; so bringt doch
die Vereinigung der Auferstehung und des
Gerichtes die Unbequemlichkeit mit sich,
daſs die Seligen eine zwar an sich sehr
schöne, hier aber ganz unnatürliche Pyrami¬
dalgruppe bilden müssen, welche schon darum
verwerflich ist, weil sie allen individuellen
Ausdruck schwächt und die schönen Epi¬
soden, die sich hier dem Künstler wie dem
Dichter darbieten, unmöglich macht. Durch
K 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/159>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.