Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.Seine Mittel waren nicht groß, aber seine Herzensgüte desto größer; er wurde nicht müde zu geben und was er mit seinen gichtischen Fingern sich schwer verdiente, das gab er leichter Hand wieder fort. Er war auch in diesem Punkt, wie in allem, kritiklos. Aber eine gute, treue Seele, was niemand besser wußte, als Faucher. Daraus wolle man aber nicht schließen, daß Faucher diese Güte mißbraucht hätte. Das konnte nicht gut sein. Faucher sah sich seine Leute sehr scharf an und modelte danach sein Benehmen; so gewiß er, auf's Ganze hin angesehn, ein Pumpgenie war, so war er doch voll Respekt vor dem Scherflein der Witwe. Dies Scherflein nahm er nicht. Vielleicht auch bloß deshalb nicht, weil es ihm zu wenig war. Er hatte, wie mancher andre, das Prinzip, sich nicht mit Kleinigkeiten abzugeben. Was ihn trotz dieses Prinzips immer wieder zu Beta führte, war einfach Anhänglichkeit aus gemeinschaftlich verlebten Berliner Tagen her und mehr noch ein Respekt vor dem eigenartigen Betaschen Talent. "O, diese Gartenlaube!" pflegte er auszurufen. "Wenn dieser Ernst Keil, dieser Barbarossa von Leipzig, nur einen Schimmer von Dankbarkeit hätte, so hätte er den Beta längst in Gold gefaßt. Alles was er ist, ist er durch diesen. Das Einzige, was man lesen kann, stammt aus Beta's Feder. Und was Seine Mittel waren nicht groß, aber seine Herzensgüte desto größer; er wurde nicht müde zu geben und was er mit seinen gichtischen Fingern sich schwer verdiente, das gab er leichter Hand wieder fort. Er war auch in diesem Punkt, wie in allem, kritiklos. Aber eine gute, treue Seele, was niemand besser wußte, als Faucher. Daraus wolle man aber nicht schließen, daß Faucher diese Güte mißbraucht hätte. Das konnte nicht gut sein. Faucher sah sich seine Leute sehr scharf an und modelte danach sein Benehmen; so gewiß er, auf’s Ganze hin angesehn, ein Pumpgenie war, so war er doch voll Respekt vor dem Scherflein der Witwe. Dies Scherflein nahm er nicht. Vielleicht auch bloß deshalb nicht, weil es ihm zu wenig war. Er hatte, wie mancher andre, das Prinzip, sich nicht mit Kleinigkeiten abzugeben. Was ihn trotz dieses Prinzips immer wieder zu Beta führte, war einfach Anhänglichkeit aus gemeinschaftlich verlebten Berliner Tagen her und mehr noch ein Respekt vor dem eigenartigen Betaschen Talent. „O, diese Gartenlaube!“ pflegte er auszurufen. „Wenn dieser Ernst Keil, dieser Barbarossa von Leipzig, nur einen Schimmer von Dankbarkeit hätte, so hätte er den Beta längst in Gold gefaßt. Alles was er ist, ist er durch diesen. Das Einzige, was man lesen kann, stammt aus Beta’s Feder. Und was <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0071" n="62"/> Seine Mittel waren nicht groß, aber seine Herzensgüte desto größer; er wurde nicht müde zu geben und was er mit seinen gichtischen Fingern sich schwer verdiente, das gab er leichter Hand wieder fort. Er war auch in <hi rendition="#g">diesem</hi> Punkt, wie in allem, kritiklos. Aber eine gute, treue Seele, was niemand besser wußte, als Faucher. Daraus wolle man aber nicht schließen, daß Faucher diese Güte mißbraucht hätte. Das konnte nicht gut sein. Faucher sah sich seine Leute sehr scharf an und modelte danach sein Benehmen; so gewiß er, auf’s Ganze hin angesehn, ein Pumpgenie war, so war er doch voll Respekt vor dem Scherflein der Witwe. Dies Scherflein nahm er nicht. Vielleicht auch bloß deshalb nicht, weil es ihm zu wenig war. Er hatte, wie mancher andre, das Prinzip, sich nicht mit Kleinigkeiten abzugeben. Was ihn trotz dieses Prinzips immer wieder zu Beta führte, war einfach Anhänglichkeit aus gemeinschaftlich verlebten Berliner Tagen her und mehr noch ein Respekt vor dem eigenartigen Betaschen Talent. „O, diese Gartenlaube!“ pflegte er auszurufen. „Wenn dieser Ernst Keil, dieser Barbarossa von Leipzig, nur einen Schimmer von Dankbarkeit hätte, so hätte er den Beta längst in Gold gefaßt. Alles was er ist, ist er durch diesen. Das Einzige, was man lesen kann, stammt aus Beta’s Feder. Und was<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [62/0071]
Seine Mittel waren nicht groß, aber seine Herzensgüte desto größer; er wurde nicht müde zu geben und was er mit seinen gichtischen Fingern sich schwer verdiente, das gab er leichter Hand wieder fort. Er war auch in diesem Punkt, wie in allem, kritiklos. Aber eine gute, treue Seele, was niemand besser wußte, als Faucher. Daraus wolle man aber nicht schließen, daß Faucher diese Güte mißbraucht hätte. Das konnte nicht gut sein. Faucher sah sich seine Leute sehr scharf an und modelte danach sein Benehmen; so gewiß er, auf’s Ganze hin angesehn, ein Pumpgenie war, so war er doch voll Respekt vor dem Scherflein der Witwe. Dies Scherflein nahm er nicht. Vielleicht auch bloß deshalb nicht, weil es ihm zu wenig war. Er hatte, wie mancher andre, das Prinzip, sich nicht mit Kleinigkeiten abzugeben. Was ihn trotz dieses Prinzips immer wieder zu Beta führte, war einfach Anhänglichkeit aus gemeinschaftlich verlebten Berliner Tagen her und mehr noch ein Respekt vor dem eigenartigen Betaschen Talent. „O, diese Gartenlaube!“ pflegte er auszurufen. „Wenn dieser Ernst Keil, dieser Barbarossa von Leipzig, nur einen Schimmer von Dankbarkeit hätte, so hätte er den Beta längst in Gold gefaßt. Alles was er ist, ist er durch diesen. Das Einzige, was man lesen kann, stammt aus Beta’s Feder. Und was
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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