Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.ob die Doktors auf Reisen wären. Und dann, Papa, was die Hauptsache ist, ich bin ja so gut wie ein Revolutionär und habe das Königstädtische Theater mitstürmen helfen ..." "Wurde es denn verteidigt?" "Nein. Beinahe das Gegenteil. Aber ich war doch mit dabei und das giebt mir nun so 'nen Heilgenschein" - ich machte mit dem Zeigefinger die entsprechende Bewegung um den Kopf herum - "und mein Prinzipal denkt: ich könnte am Ende so weiter stürmen." Er lachte. So was that ihm immer ungeheuer wohl und so schritten wir denn, untergefaßt, die Königsstraße hinauf, auf den Schloßplatz zu. Wie wir nun da die Schloßhöfe und ihre Portale passierten und eben vor der großen, in das Lustgartenportal einmündenden Treppe standen, fragte ich ihn, "ob er da vielleicht hinein wolle?" "Was? hier in die Schloßzimmer?" "Ja. Wie du vielleicht weißt, Emiliens - meiner Braut - Vetter ist Stabsarzt in der Pepiniere und einer von denen, die hier die Behandlung der Verwundeten haben. Ich war gestern schon eine Viertelstunde mit ihm zusammen und hab' einen großen Eindruck von der Sache gehabt. An den Wänden hängen allerlei Prinzessinnenbilder und darunter ob die Doktors auf Reisen wären. Und dann, Papa, was die Hauptsache ist, ich bin ja so gut wie ein Revolutionär und habe das Königstädtische Theater mitstürmen helfen …“ „Wurde es denn verteidigt?“ „Nein. Beinahe das Gegenteil. Aber ich war doch mit dabei und das giebt mir nun so ’nen Heilgenschein“ – ich machte mit dem Zeigefinger die entsprechende Bewegung um den Kopf herum – „und mein Prinzipal denkt: ich könnte am Ende so weiter stürmen.“ Er lachte. So was that ihm immer ungeheuer wohl und so schritten wir denn, untergefaßt, die Königsstraße hinauf, auf den Schloßplatz zu. Wie wir nun da die Schloßhöfe und ihre Portale passierten und eben vor der großen, in das Lustgartenportal einmündenden Treppe standen, fragte ich ihn, „ob er da vielleicht hinein wolle?“ „Was? hier in die Schloßzimmer?“ „Ja. Wie du vielleicht weißt, Emiliens – meiner Braut – Vetter ist Stabsarzt in der Pepiniere und einer von denen, die hier die Behandlung der Verwundeten haben. Ich war gestern schon eine Viertelstunde mit ihm zusammen und hab’ einen großen Eindruck von der Sache gehabt. An den Wänden hängen allerlei Prinzessinnenbilder und darunter <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0627" n="618"/> ob die Doktors auf Reisen wären. Und dann, Papa, was die Hauptsache ist, ich bin ja so gut wie ein Revolutionär und habe das Königstädtische Theater mitstürmen helfen …“</p><lb/> <p>„Wurde es denn verteidigt?“</p><lb/> <p>„Nein. Beinahe das Gegenteil. Aber ich war doch mit dabei und das giebt mir nun so ’nen Heilgenschein“ – ich machte mit dem Zeigefinger die entsprechende Bewegung um den Kopf herum – „und mein Prinzipal denkt: ich könnte am Ende so weiter stürmen.“</p><lb/> <p>Er lachte. So was that ihm immer ungeheuer wohl und so schritten wir denn, untergefaßt, die Königsstraße hinauf, auf den Schloßplatz zu. Wie wir nun da die Schloßhöfe und ihre Portale passierten und eben vor der großen, in das Lustgartenportal einmündenden Treppe standen, fragte ich ihn, „ob er da vielleicht hinein wolle?“</p><lb/> <p>„Was? hier in die Schloßzimmer?“</p><lb/> <p>„Ja. Wie du vielleicht weißt, Emiliens – meiner Braut – Vetter ist Stabsarzt in der Pepiniere und einer von denen, die hier die Behandlung der Verwundeten haben. Ich war gestern schon eine Viertelstunde mit ihm zusammen und hab’ einen großen Eindruck von der Sache gehabt. An den Wänden hängen allerlei Prinzessinnenbilder und darunter<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [618/0627]
ob die Doktors auf Reisen wären. Und dann, Papa, was die Hauptsache ist, ich bin ja so gut wie ein Revolutionär und habe das Königstädtische Theater mitstürmen helfen …“
„Wurde es denn verteidigt?“
„Nein. Beinahe das Gegenteil. Aber ich war doch mit dabei und das giebt mir nun so ’nen Heilgenschein“ – ich machte mit dem Zeigefinger die entsprechende Bewegung um den Kopf herum – „und mein Prinzipal denkt: ich könnte am Ende so weiter stürmen.“
Er lachte. So was that ihm immer ungeheuer wohl und so schritten wir denn, untergefaßt, die Königsstraße hinauf, auf den Schloßplatz zu. Wie wir nun da die Schloßhöfe und ihre Portale passierten und eben vor der großen, in das Lustgartenportal einmündenden Treppe standen, fragte ich ihn, „ob er da vielleicht hinein wolle?“
„Was? hier in die Schloßzimmer?“
„Ja. Wie du vielleicht weißt, Emiliens – meiner Braut – Vetter ist Stabsarzt in der Pepiniere und einer von denen, die hier die Behandlung der Verwundeten haben. Ich war gestern schon eine Viertelstunde mit ihm zusammen und hab’ einen großen Eindruck von der Sache gehabt. An den Wänden hängen allerlei Prinzessinnenbilder und darunter
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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