Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.ständische Verfassung, die Herr von Gerlach - Chergal ist eine bloße Buchstabenumstellung dieses Namens - unter allen Umständen konservieren wollte. Man wird dem Ganzen ein gut Stück allerliebster Originalität nicht absprechen können, aber es ist doch verlorene Liebesmüh geblieben. So war's schon in den fünfziger Jahren und jetzt liest es niemand mehr. Aber wenn ein Zufall einem litterarischen Feinschmecker das Büchelchen auf seinen Tisch führen sollte, so wird er eine genußreiche Stunde von der Lektüre haben. W. von Merckel starb in den Weihnachtstagen 1861; achtzehn Jahre später, im November 1889, fand seine Witwe Henriette von Merckel geb. von Mühler neben ihm ihre Ruhestätte. Sie hatte die Liebe, die der so lange vor ihr Heimgegangene für mich und die Meinen gehabt hatte, wie ein Vermächtnis übernommen und wenn meine Frau und ich, zu Beginn unserer Ehe, sein "Ehepaar" gewesen waren, so waren unsere Kinder die Kinder seiner ihn überlebenden Gattin. Sie haben denn auch zeitweilig ihr Leben mehr im Hause "Tante Merckels" als im eignen elterlichen Hause verbracht und die Rückerinnerung daran erfüllt sie bis diesen Tag mit dankbarer Freude. ständische Verfassung, die Herr von Gerlach – Chergal ist eine bloße Buchstabenumstellung dieses Namens – unter allen Umständen konservieren wollte. Man wird dem Ganzen ein gut Stück allerliebster Originalität nicht absprechen können, aber es ist doch verlorene Liebesmüh geblieben. So war’s schon in den fünfziger Jahren und jetzt liest es niemand mehr. Aber wenn ein Zufall einem litterarischen Feinschmecker das Büchelchen auf seinen Tisch führen sollte, so wird er eine genußreiche Stunde von der Lektüre haben. W. von Merckel starb in den Weihnachtstagen 1861; achtzehn Jahre später, im November 1889, fand seine Witwe Henriette von Merckel geb. von Mühler neben ihm ihre Ruhestätte. Sie hatte die Liebe, die der so lange vor ihr Heimgegangene für mich und die Meinen gehabt hatte, wie ein Vermächtnis übernommen und wenn meine Frau und ich, zu Beginn unserer Ehe, sein „Ehepaar“ gewesen waren, so waren unsere Kinder die Kinder seiner ihn überlebenden Gattin. Sie haben denn auch zeitweilig ihr Leben mehr im Hause „Tante Merckels“ als im eignen elterlichen Hause verbracht und die Rückerinnerung daran erfüllt sie bis diesen Tag mit dankbarer Freude. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0539" n="530"/> ständische Verfassung, die Herr von <hi rendition="#g">Gerlach</hi> – Chergal ist eine bloße Buchstabenumstellung dieses Namens – unter allen Umständen konservieren wollte. Man wird dem Ganzen ein gut Stück allerliebster Originalität nicht absprechen können, aber es ist doch verlorene Liebesmüh geblieben. So war’s schon in den fünfziger Jahren und jetzt liest es niemand mehr. Aber wenn ein Zufall einem litterarischen Feinschmecker das Büchelchen auf seinen Tisch führen sollte, so wird er eine genußreiche Stunde von der Lektüre haben.</p><lb/> <p>W. von Merckel starb in den Weihnachtstagen 1861; achtzehn Jahre später, im November 1889, fand seine Witwe Henriette von Merckel geb. von Mühler neben ihm ihre Ruhestätte. Sie hatte die Liebe, die der so lange vor ihr Heimgegangene für mich und die Meinen gehabt hatte, wie ein Vermächtnis übernommen und wenn meine Frau und ich, zu Beginn unserer Ehe, <hi rendition="#g">sein</hi> „Ehepaar“ gewesen waren, so waren unsere Kinder die Kinder seiner ihn überlebenden Gattin. Sie haben denn auch zeitweilig ihr Leben mehr im Hause „Tante Merckels“ als im eignen elterlichen Hause verbracht und die Rückerinnerung daran erfüllt sie bis diesen Tag mit dankbarer Freude. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [530/0539]
ständische Verfassung, die Herr von Gerlach – Chergal ist eine bloße Buchstabenumstellung dieses Namens – unter allen Umständen konservieren wollte. Man wird dem Ganzen ein gut Stück allerliebster Originalität nicht absprechen können, aber es ist doch verlorene Liebesmüh geblieben. So war’s schon in den fünfziger Jahren und jetzt liest es niemand mehr. Aber wenn ein Zufall einem litterarischen Feinschmecker das Büchelchen auf seinen Tisch führen sollte, so wird er eine genußreiche Stunde von der Lektüre haben.
W. von Merckel starb in den Weihnachtstagen 1861; achtzehn Jahre später, im November 1889, fand seine Witwe Henriette von Merckel geb. von Mühler neben ihm ihre Ruhestätte. Sie hatte die Liebe, die der so lange vor ihr Heimgegangene für mich und die Meinen gehabt hatte, wie ein Vermächtnis übernommen und wenn meine Frau und ich, zu Beginn unserer Ehe, sein „Ehepaar“ gewesen waren, so waren unsere Kinder die Kinder seiner ihn überlebenden Gattin. Sie haben denn auch zeitweilig ihr Leben mehr im Hause „Tante Merckels“ als im eignen elterlichen Hause verbracht und die Rückerinnerung daran erfüllt sie bis diesen Tag mit dankbarer Freude.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).
(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |