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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.

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Brown? Vielleicht eine heitere Spinnstubengeschichte; vielleicht auch so was wie Robin Hood und seine Jenny im Sherwoodwald. Mit einem Mal aber, - mir standen die Haare zu Berge - wurde mir klar, daß diese von Lepel ganz absichtlich als fidele Figur behandelte Jessie Brown niemand anders sein sollte als meine großartige Gestalt: "Das Mädchen von Lucknow." Mir schwindelte, besonders bei Anhören der letzten Strophe, wo Jessie Brown, als die Gefahr vorüber ist, einen Unteroffizier aus dem Hochländer-Regiment Campbell beim Arme packt, um mit diesem einen Schottischen zu tanzen. Ich konnte mich nicht mehr halten, und während die Tunnelphilister in pflichtschuldiges Entzücken ausbrachen, ging ich wie ein Rasender gegen Lepel los und hieb um mich. Das ginge nicht, unterbrach ich das Bewunderungsgefasel, das sei gar nichts; wenn man im Sonnenbrand eine Palme fächeln lasse, so sei das noch nicht Indien und wenn man den Dudelsack spielen lasse, so sei das noch nicht das Regiment Campbell und wenn irgend eine Jessie Brown a tout prix ein fideler Knopp sein wolle, so sei das noch nicht das Mädchen von Lucknow. Das Mädchen von Lucknow sei eine Balladenfigur ersten Ranges, fast größer als die Lenore, hellseherisch, mystisch phantastisch, gruselig und erhaben zugleich, alle Himmel thäten sich auf

Brown? Vielleicht eine heitere Spinnstubengeschichte; vielleicht auch so was wie Robin Hood und seine Jenny im Sherwoodwald. Mit einem Mal aber, – mir standen die Haare zu Berge – wurde mir klar, daß diese von Lepel ganz absichtlich als fidele Figur behandelte Jessie Brown niemand anders sein sollte als meine großartige Gestalt: „Das Mädchen von Lucknow.“ Mir schwindelte, besonders bei Anhören der letzten Strophe, wo Jessie Brown, als die Gefahr vorüber ist, einen Unteroffizier aus dem Hochländer-Regiment Campbell beim Arme packt, um mit diesem einen Schottischen zu tanzen. Ich konnte mich nicht mehr halten, und während die Tunnelphilister in pflichtschuldiges Entzücken ausbrachen, ging ich wie ein Rasender gegen Lepel los und hieb um mich. Das ginge nicht, unterbrach ich das Bewunderungsgefasel, das sei gar nichts; wenn man im Sonnenbrand eine Palme fächeln lasse, so sei das noch nicht Indien und wenn man den Dudelsack spielen lasse, so sei das noch nicht das Regiment Campbell und wenn irgend eine Jessie Brown à tout prix ein fideler Knopp sein wolle, so sei das noch nicht das Mädchen von Lucknow. Das Mädchen von Lucknow sei eine Balladenfigur ersten Ranges, fast größer als die Lenore, hellseherisch, mystisch phantastisch, gruselig und erhaben zugleich, alle Himmel thäten sich auf

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[508/0517] Brown? Vielleicht eine heitere Spinnstubengeschichte; vielleicht auch so was wie Robin Hood und seine Jenny im Sherwoodwald. Mit einem Mal aber, – mir standen die Haare zu Berge – wurde mir klar, daß diese von Lepel ganz absichtlich als fidele Figur behandelte Jessie Brown niemand anders sein sollte als meine großartige Gestalt: „Das Mädchen von Lucknow.“ Mir schwindelte, besonders bei Anhören der letzten Strophe, wo Jessie Brown, als die Gefahr vorüber ist, einen Unteroffizier aus dem Hochländer-Regiment Campbell beim Arme packt, um mit diesem einen Schottischen zu tanzen. Ich konnte mich nicht mehr halten, und während die Tunnelphilister in pflichtschuldiges Entzücken ausbrachen, ging ich wie ein Rasender gegen Lepel los und hieb um mich. Das ginge nicht, unterbrach ich das Bewunderungsgefasel, das sei gar nichts; wenn man im Sonnenbrand eine Palme fächeln lasse, so sei das noch nicht Indien und wenn man den Dudelsack spielen lasse, so sei das noch nicht das Regiment Campbell und wenn irgend eine Jessie Brown à tout prix ein fideler Knopp sein wolle, so sei das noch nicht das Mädchen von Lucknow. Das Mädchen von Lucknow sei eine Balladenfigur ersten Ranges, fast größer als die Lenore, hellseherisch, mystisch phantastisch, gruselig und erhaben zugleich, alle Himmel thäten sich auf

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Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T10:02:20Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T10:02:20Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 508. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/517>, abgerufen am 22.11.2024.