Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.daß ich kurz vor unserer Abreise von London, einen Streit mit meiner Frau gehabt hätte. "Ja," sagte er, "das hab' ich bemerkt. ... Ich will dir sagen, du verstehst so was nicht." "Was nicht?" "Einen Streit mit einer Frau. Sieh, du machst viel zu viel Worte dabei. Worte wirken auf Frauen gar nicht. Immer nur Taten. Und dabei muß man sich's was kosten lassen. Ein halbwahnsinniger Ausbruch, natürlich erkünstelt, in dem man etwas möglichst Wertvolles zerschlägt. Das thut Wunder. ..." "Aber ich bitte Dich. ..." "Wunder sag ich. Und gerade bei Personen in unserer Lage. Bei Bankiers ist es schwieriger und versagt gelegentlich. Wenn ein Bankier etwas zerschlägt, so freut sich seine Frau, weil sie nun das Wertvolle durch etwas noch Wertvolleres ersetzen kann; außerdem hat sie noch das Vergnügen des Einkaufs, des Shopping. Aber wenn ich deine Verhältnisse richtig beurteile, so kannst du schon durch ein ganz mittelmäßiges Kaffeeservice viel erreichen. Ein großer Spiegel ist freilich immer das Beste." So Lepel. Ich hab den praktischen Wert solcher Kriegsführung - es kam nie recht dazu - nicht ausgeprobt, doch kann ich nicht leugnen, daß ich mich an der jenem Stirling-Abend entnommenen Vorstellung: "es giebt eine ultima ratio" mehr als einmal aufgerichtet habe. daß ich kurz vor unserer Abreise von London, einen Streit mit meiner Frau gehabt hätte. „Ja,“ sagte er, „das hab’ ich bemerkt. … Ich will dir sagen, du verstehst so was nicht.“ „Was nicht?“ „Einen Streit mit einer Frau. Sieh, du machst viel zu viel Worte dabei. Worte wirken auf Frauen gar nicht. Immer nur Taten. Und dabei muß man sich’s was kosten lassen. Ein halbwahnsinniger Ausbruch, natürlich erkünstelt, in dem man etwas möglichst Wertvolles zerschlägt. Das thut Wunder. …“ „Aber ich bitte Dich. …“ „Wunder sag ich. Und gerade bei Personen in unserer Lage. Bei Bankiers ist es schwieriger und versagt gelegentlich. Wenn ein Bankier etwas zerschlägt, so freut sich seine Frau, weil sie nun das Wertvolle durch etwas noch Wertvolleres ersetzen kann; außerdem hat sie noch das Vergnügen des Einkaufs, des Shopping. Aber wenn ich deine Verhältnisse richtig beurteile, so kannst du schon durch ein ganz mittelmäßiges Kaffeeservice viel erreichen. Ein großer Spiegel ist freilich immer das Beste.“ So Lepel. Ich hab den praktischen Wert solcher Kriegsführung – es kam nie recht dazu – nicht ausgeprobt, doch kann ich nicht leugnen, daß ich mich an der jenem Stirling-Abend entnommenen Vorstellung: „es giebt eine ultima ratio“ mehr als einmal aufgerichtet habe. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0513" n="504"/> daß ich kurz vor unserer Abreise von London, einen Streit mit meiner Frau gehabt hätte. „Ja,“ sagte er, „das hab’ ich bemerkt. … Ich will dir sagen, du verstehst so was nicht.“ „Was nicht?“ „Einen Streit mit einer Frau. Sieh, du machst viel zu viel Worte dabei. Worte wirken auf Frauen gar nicht. Immer nur Taten. Und dabei muß man sich’s was kosten lassen. Ein halbwahnsinniger Ausbruch, natürlich erkünstelt, in dem man etwas möglichst Wertvolles zerschlägt. Das thut Wunder. …“ „Aber ich bitte Dich. …“ „Wunder sag ich. Und gerade bei Personen in unserer Lage. Bei Bankiers ist es schwieriger und versagt gelegentlich. Wenn ein Bankier etwas zerschlägt, so freut sich seine Frau, weil sie nun das Wertvolle durch etwas noch Wertvolleres ersetzen kann; außerdem hat sie noch das Vergnügen des Einkaufs, des Shopping. Aber wenn ich deine Verhältnisse richtig beurteile, so kannst du schon durch ein ganz mittelmäßiges Kaffeeservice viel erreichen. Ein großer Spiegel ist freilich immer das Beste.“ So Lepel. Ich hab den praktischen Wert solcher Kriegsführung – es kam nie recht dazu – nicht ausgeprobt, doch kann ich nicht leugnen, daß ich mich an der jenem Stirling-Abend entnommenen Vorstellung: „es giebt eine <hi rendition="#aq"><choice><sic>ultimo</sic><corr>ultima</corr></choice> ratio</hi>“ mehr als einmal aufgerichtet habe.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [504/0513]
daß ich kurz vor unserer Abreise von London, einen Streit mit meiner Frau gehabt hätte. „Ja,“ sagte er, „das hab’ ich bemerkt. … Ich will dir sagen, du verstehst so was nicht.“ „Was nicht?“ „Einen Streit mit einer Frau. Sieh, du machst viel zu viel Worte dabei. Worte wirken auf Frauen gar nicht. Immer nur Taten. Und dabei muß man sich’s was kosten lassen. Ein halbwahnsinniger Ausbruch, natürlich erkünstelt, in dem man etwas möglichst Wertvolles zerschlägt. Das thut Wunder. …“ „Aber ich bitte Dich. …“ „Wunder sag ich. Und gerade bei Personen in unserer Lage. Bei Bankiers ist es schwieriger und versagt gelegentlich. Wenn ein Bankier etwas zerschlägt, so freut sich seine Frau, weil sie nun das Wertvolle durch etwas noch Wertvolleres ersetzen kann; außerdem hat sie noch das Vergnügen des Einkaufs, des Shopping. Aber wenn ich deine Verhältnisse richtig beurteile, so kannst du schon durch ein ganz mittelmäßiges Kaffeeservice viel erreichen. Ein großer Spiegel ist freilich immer das Beste.“ So Lepel. Ich hab den praktischen Wert solcher Kriegsführung – es kam nie recht dazu – nicht ausgeprobt, doch kann ich nicht leugnen, daß ich mich an der jenem Stirling-Abend entnommenen Vorstellung: „es giebt eine ultima ratio“ mehr als einmal aufgerichtet habe.
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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