Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.um mir gewisse Verhaltungsmaßregeln einzuschärfen. So handelte es sich 'mal um eine Prinzessin Carolath. Da wollten denn - es lag ihm daran, daß ich einen möglichst guten Eindruck machte - die Weisungen und Ratschläge kein Ende nehmen. Alles aber erschien mir verkehrt, und es war gewiß das Beste, daß ich mich schließlich nicht danach richtete. Wenn man einer vornehmen Dame vorgestellt werden soll, und zwar nicht auf Attacheeschaft, sondern auf Dichterschaft hin, so ist es am besten, alles vollzieht sich nach dem Satze: "Schicksal nimm deinen Lauf." Irgend was Dummes wird man gewiß sagen; aber es ist doch besser, diese Dummheit kommt frisch vom Faß, als daß sie sich als Produkt eines voraufgegangenen Drills kennzeichnet. Im ersteren Fall wird sie immer noch was haben, was vornehme Damen amüsiert, im anderen Fall ist alles bloß tot und langweilig. Solche Lehrstunden, geglückt und nicht geglückt, gab er mir öfter, und manche davon sind mir heiter in der Erinnerung geblieben. Die netteste trug sich auf einer schottischen Reise zu. Wir saßen gemeinschaftlich in einem reizenden Hotel in Stirling und wollten anderen Tags nach Inverneß. Ich war in einer etwas gedrückten Stimmung und gestand ihm endlich, als er mich nach der Ursache davon fragte, um mir gewisse Verhaltungsmaßregeln einzuschärfen. So handelte es sich ’mal um eine Prinzessin Carolath. Da wollten denn – es lag ihm daran, daß ich einen möglichst guten Eindruck machte – die Weisungen und Ratschläge kein Ende nehmen. Alles aber erschien mir verkehrt, und es war gewiß das Beste, daß ich mich schließlich nicht danach richtete. Wenn man einer vornehmen Dame vorgestellt werden soll, und zwar nicht auf Attacheeschaft, sondern auf Dichterschaft hin, so ist es am besten, alles vollzieht sich nach dem Satze: „Schicksal nimm deinen Lauf.“ Irgend was Dummes wird man gewiß sagen; aber es ist doch besser, diese Dummheit kommt frisch vom Faß, als daß sie sich als Produkt eines voraufgegangenen Drills kennzeichnet. Im ersteren Fall wird sie immer noch was haben, was vornehme Damen amüsiert, im anderen Fall ist alles bloß tot und langweilig. Solche Lehrstunden, geglückt und nicht geglückt, gab er mir öfter, und manche davon sind mir heiter in der Erinnerung geblieben. Die netteste trug sich auf einer schottischen Reise zu. Wir saßen gemeinschaftlich in einem reizenden Hotel in Stirling und wollten anderen Tags nach Inverneß. Ich war in einer etwas gedrückten Stimmung und gestand ihm endlich, als er mich nach der Ursache davon fragte, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0512" n="503"/> um mir gewisse Verhaltungsmaßregeln einzuschärfen. So handelte es sich ’mal um eine Prinzessin Carolath. Da wollten denn – es lag ihm daran, daß ich einen möglichst guten Eindruck machte – die Weisungen und Ratschläge kein Ende nehmen. Alles aber erschien mir verkehrt, und es war gewiß das Beste, daß ich mich schließlich nicht danach richtete. Wenn man einer vornehmen Dame vorgestellt werden soll, und zwar nicht auf Attacheeschaft, sondern auf Dichterschaft hin, so ist es am besten, alles vollzieht sich nach dem Satze: „Schicksal nimm deinen Lauf.“ Irgend was Dummes wird man gewiß sagen; aber es ist doch besser, diese Dummheit kommt frisch vom Faß, als daß sie sich als Produkt eines voraufgegangenen Drills kennzeichnet. Im ersteren Fall wird sie immer noch was haben, was vornehme Damen amüsiert, im anderen Fall ist alles bloß tot und langweilig.</p><lb/> <p>Solche Lehrstunden, geglückt und nicht geglückt, gab er mir öfter, und manche davon sind mir heiter in der Erinnerung geblieben. Die netteste trug sich auf einer schottischen Reise zu. Wir saßen gemeinschaftlich in einem reizenden Hotel in Stirling und wollten anderen Tags nach Inverneß. Ich war in einer etwas gedrückten Stimmung und gestand ihm endlich, als er mich nach der Ursache davon fragte,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [503/0512]
um mir gewisse Verhaltungsmaßregeln einzuschärfen. So handelte es sich ’mal um eine Prinzessin Carolath. Da wollten denn – es lag ihm daran, daß ich einen möglichst guten Eindruck machte – die Weisungen und Ratschläge kein Ende nehmen. Alles aber erschien mir verkehrt, und es war gewiß das Beste, daß ich mich schließlich nicht danach richtete. Wenn man einer vornehmen Dame vorgestellt werden soll, und zwar nicht auf Attacheeschaft, sondern auf Dichterschaft hin, so ist es am besten, alles vollzieht sich nach dem Satze: „Schicksal nimm deinen Lauf.“ Irgend was Dummes wird man gewiß sagen; aber es ist doch besser, diese Dummheit kommt frisch vom Faß, als daß sie sich als Produkt eines voraufgegangenen Drills kennzeichnet. Im ersteren Fall wird sie immer noch was haben, was vornehme Damen amüsiert, im anderen Fall ist alles bloß tot und langweilig.
Solche Lehrstunden, geglückt und nicht geglückt, gab er mir öfter, und manche davon sind mir heiter in der Erinnerung geblieben. Die netteste trug sich auf einer schottischen Reise zu. Wir saßen gemeinschaftlich in einem reizenden Hotel in Stirling und wollten anderen Tags nach Inverneß. Ich war in einer etwas gedrückten Stimmung und gestand ihm endlich, als er mich nach der Ursache davon fragte,
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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