Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.werden sie mit dir zufrieden sein." Er lächelte wehmütig. "Ach, Fontan, ich habe mich in allem verrechnet. Sie sind gar nicht so sehr gegen die Schreiberei als solche, wie ich immer angenommen habe; sie verlangen bloß, - daß es endlich was einbringt. Und daß dieser ,Herodes' so garnichts eingebracht hat, das ist schlimmer als alles Andere." Durch mehr als vierzig Jahre hin bin ich an meines alten Lepels Seite gegangen. Blick' ich auf diesen langen Abschnitt zurück, so drängt sich's mir auf, daß sein Leben ein zwar interessantes und zeitweilig auch glückliches, im ganzen aber doch ein verfehltes war. Es war ihm nicht beschieden, an die rechte Stelle gestellt und an dieser verwendet zu werden. Daß er als Offizier in der Garde begann, war gut, und daß er Italien, erst in Land und Leuten und dann, durch immer wiederholten Aufenthalt, auch in Kunst und Sprache genau kennen lernte, das war noch besser. Aber daß er mit dreißig Jahren den Abschied nahm, um sich von einem so frühen Zeitpunkt ab nicht gerade beschäftigungs- aber doch ziel- und steuerlos umhertreiben zu lassen, mal als Landwirt und mal als Dramatiker, mal auch als werden sie mit dir zufrieden sein.“ Er lächelte wehmütig. „Ach, Fontan, ich habe mich in allem verrechnet. Sie sind gar nicht so sehr gegen die Schreiberei als solche, wie ich immer angenommen habe; sie verlangen bloß, – daß es endlich was einbringt. Und daß dieser ‚Herodes‘ so garnichts eingebracht hat, das ist schlimmer als alles Andere.“ Durch mehr als vierzig Jahre hin bin ich an meines alten Lepels Seite gegangen. Blick’ ich auf diesen langen Abschnitt zurück, so drängt sich’s mir auf, daß sein Leben ein zwar interessantes und zeitweilig auch glückliches, im ganzen aber doch ein verfehltes war. Es war ihm nicht beschieden, an die rechte Stelle gestellt und an dieser verwendet zu werden. Daß er als Offizier in der Garde begann, war gut, und daß er Italien, erst in Land und Leuten und dann, durch immer wiederholten Aufenthalt, auch in Kunst und Sprache genau kennen lernte, das war noch besser. Aber daß er mit dreißig Jahren den Abschied nahm, um sich von einem so frühen Zeitpunkt ab nicht gerade beschäftigungs- aber doch ziel- und steuerlos umhertreiben zu lassen, mal als Landwirt und mal als Dramatiker, mal auch als <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0509" n="500"/> werden sie mit dir zufrieden sein.“ Er lächelte wehmütig. „Ach, Fontan, ich habe mich in allem verrechnet. Sie sind gar nicht so sehr gegen die Schreiberei als solche, wie ich immer angenommen habe; sie verlangen bloß, – daß es endlich was einbringt. Und daß dieser <choice><sic>„Herodes“</sic><corr>‚Herodes‘</corr></choice> so garnichts eingebracht hat, das ist schlimmer als alles Andere.“</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Durch mehr als vierzig Jahre hin bin ich an meines alten Lepels Seite gegangen. Blick’ ich auf diesen langen Abschnitt zurück, so drängt sich’s mir auf, daß sein Leben ein zwar interessantes und zeitweilig auch glückliches, im ganzen aber doch ein verfehltes war. Es war ihm nicht beschieden, an die rechte Stelle gestellt und an dieser verwendet zu werden. Daß er als Offizier in der Garde begann, war gut, und daß er Italien, erst in Land und Leuten und dann, durch immer wiederholten Aufenthalt, auch in Kunst und Sprache genau kennen lernte, das war noch besser. Aber daß er mit dreißig Jahren den Abschied nahm, um sich von einem so frühen Zeitpunkt ab nicht gerade beschäftigungs- aber doch ziel- und steuerlos umhertreiben zu lassen, mal als Landwirt und mal als Dramatiker, mal auch als<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [500/0509]
werden sie mit dir zufrieden sein.“ Er lächelte wehmütig. „Ach, Fontan, ich habe mich in allem verrechnet. Sie sind gar nicht so sehr gegen die Schreiberei als solche, wie ich immer angenommen habe; sie verlangen bloß, – daß es endlich was einbringt. Und daß dieser ‚Herodes‘ so garnichts eingebracht hat, das ist schlimmer als alles Andere.“
Durch mehr als vierzig Jahre hin bin ich an meines alten Lepels Seite gegangen. Blick’ ich auf diesen langen Abschnitt zurück, so drängt sich’s mir auf, daß sein Leben ein zwar interessantes und zeitweilig auch glückliches, im ganzen aber doch ein verfehltes war. Es war ihm nicht beschieden, an die rechte Stelle gestellt und an dieser verwendet zu werden. Daß er als Offizier in der Garde begann, war gut, und daß er Italien, erst in Land und Leuten und dann, durch immer wiederholten Aufenthalt, auch in Kunst und Sprache genau kennen lernte, das war noch besser. Aber daß er mit dreißig Jahren den Abschied nahm, um sich von einem so frühen Zeitpunkt ab nicht gerade beschäftigungs- aber doch ziel- und steuerlos umhertreiben zu lassen, mal als Landwirt und mal als Dramatiker, mal auch als
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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