mit einem kleinen Ruder in der Hand, an einem großen eingemauerten Zinnkessel, in dem ich, unter beständigem Umherpätscheln, die Queckensuppe kochte. Schönere Gelegenheit zum Dichten ist mir nie wieder geboten worden; die nebenherlaufende, durchaus mechanische Beschäftigung, die Stille, und dann wieder das Auffahren, wenn ich von der Eintönigkeit eben schläfrig zu werden anfing, - alles war geradezu ideal, so daß, wenn zwölf Uhr herankam, wo wir unser Räubercivil abzulegen und uns für "zu Tisch" zurecht zu machen hatten, ich die mir dadurch gebotene Freistunde jedesmal zum Niederschreiben all dessen benutzte, was ich mir an meinem Braukessel ausgedacht hatte. Bevor der Herbst da war, hatte ich denn auch zwei größere Arbeiten vollendet: eine Dichtung, die sich "Heinrichs IV. erste Liebe" nannte und einen Roman unter dem schon das Sensationelle streifenden Titel: "Du hast recht gethan."
Der Stoff zu der erstgenannten epischen Dichtung war einer Zschokkeschen Novelle, der Roman einem Ereignis entnommen, das sich eben damals in einem abgelegenen Teile von Mark Brandenburg zugetragen hatte. Folgendes war der Verlauf. Eine schöne Amtsrats-Tochter, an einen Oberförster verheiratet, lebte seit ein paar Jahren in einer sehr glücklichen Ehe. Da mit
mit einem kleinen Ruder in der Hand, an einem großen eingemauerten Zinnkessel, in dem ich, unter beständigem Umherpätscheln, die Queckensuppe kochte. Schönere Gelegenheit zum Dichten ist mir nie wieder geboten worden; die nebenherlaufende, durchaus mechanische Beschäftigung, die Stille, und dann wieder das Auffahren, wenn ich von der Eintönigkeit eben schläfrig zu werden anfing, – alles war geradezu ideal, so daß, wenn zwölf Uhr herankam, wo wir unser Räubercivil abzulegen und uns für „zu Tisch“ zurecht zu machen hatten, ich die mir dadurch gebotene Freistunde jedesmal zum Niederschreiben all dessen benutzte, was ich mir an meinem Braukessel ausgedacht hatte. Bevor der Herbst da war, hatte ich denn auch zwei größere Arbeiten vollendet: eine Dichtung, die sich „Heinrichs IV. erste Liebe“ nannte und einen Roman unter dem schon das Sensationelle streifenden Titel: „Du hast recht gethan.“
Der Stoff zu der erstgenannten epischen Dichtung war einer Zschokkeschen Novelle, der Roman einem Ereignis entnommen, das sich eben damals in einem abgelegenen Teile von Mark Brandenburg zugetragen hatte. Folgendes war der Verlauf. Eine schöne Amtsrats-Tochter, an einen Oberförster verheiratet, lebte seit ein paar Jahren in einer sehr glücklichen Ehe. Da mit
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mit einem kleinen Ruder in der Hand, an einem großen eingemauerten Zinnkessel, in dem ich, unter beständigem Umherpätscheln, die Queckensuppe kochte. Schönere Gelegenheit zum Dichten ist mir nie wieder geboten worden; die nebenherlaufende, durchaus mechanische Beschäftigung, die Stille, und dann wieder das Auffahren, wenn ich von der Eintönigkeit eben schläfrig zu werden anfing, – alles war geradezu ideal, so daß, wenn zwölf Uhr herankam, wo wir unser Räubercivil abzulegen und uns für „zu Tisch“ zurecht zu machen hatten, ich die mir dadurch gebotene Freistunde jedesmal zum Niederschreiben all dessen benutzte, was ich mir an meinem Braukessel ausgedacht hatte. Bevor der Herbst da war, hatte ich denn auch zwei größere Arbeiten vollendet: eine Dichtung, die sich „Heinrichs <hirendition="#aq">IV.</hi> erste Liebe“ nannte und einen Roman unter dem schon das Sensationelle streifenden Titel: „Du hast recht gethan.“</p><lb/><p>Der Stoff zu der erstgenannten epischen Dichtung war einer Zschokkeschen Novelle, der Roman einem Ereignis entnommen, das sich eben damals in einem abgelegenen Teile von Mark Brandenburg zugetragen hatte. Folgendes war der Verlauf. Eine schöne Amtsrats-Tochter, an einen Oberförster verheiratet, lebte seit ein paar Jahren in einer sehr glücklichen Ehe. Da mit<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
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mit einem kleinen Ruder in der Hand, an einem großen eingemauerten Zinnkessel, in dem ich, unter beständigem Umherpätscheln, die Queckensuppe kochte. Schönere Gelegenheit zum Dichten ist mir nie wieder geboten worden; die nebenherlaufende, durchaus mechanische Beschäftigung, die Stille, und dann wieder das Auffahren, wenn ich von der Eintönigkeit eben schläfrig zu werden anfing, – alles war geradezu ideal, so daß, wenn zwölf Uhr herankam, wo wir unser Räubercivil abzulegen und uns für „zu Tisch“ zurecht zu machen hatten, ich die mir dadurch gebotene Freistunde jedesmal zum Niederschreiben all dessen benutzte, was ich mir an meinem Braukessel ausgedacht hatte. Bevor der Herbst da war, hatte ich denn auch zwei größere Arbeiten vollendet: eine Dichtung, die sich „Heinrichs IV. erste Liebe“ nannte und einen Roman unter dem schon das Sensationelle streifenden Titel: „Du hast recht gethan.“
Der Stoff zu der erstgenannten epischen Dichtung war einer Zschokkeschen Novelle, der Roman einem Ereignis entnommen, das sich eben damals in einem abgelegenen Teile von Mark Brandenburg zugetragen hatte. Folgendes war der Verlauf. Eine schöne Amtsrats-Tochter, an einen Oberförster verheiratet, lebte seit ein paar Jahren in einer sehr glücklichen Ehe. Da mit
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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/41>, abgerufen am 23.07.2024.
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