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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.

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die für den Tag von Jena erteilt wurde und stand, bis an sein Lebensende, beim ganzen Hause Hohenzollern in hohem Ansehen.

In Hugo von Blomberg und dem Fräulein von Eberhardt waren zwei musterhafte Menschen zusammen gekommen und musterhaft wie die Menschen waren, war auch ihre Ehe. Sie liebten sich aufs Innigste und außer seiner Kunst existierte für Blomberg nur Frau und Kind. Gesellschaften mied er und als wir, seine näheren Freunde, dies 'mal tadelten, dabei von seiner "Hausunkenschaft" sprachen und ihn zu überzeugen suchten, daß er seiner Frau denn doch zu große Opfer bringe, lächelte er und sagte: "Sie irren. Ich bringe meiner Frau keine Opfer; ich liebe meine Frau." Wir machten lange Gesichter und schwiegen.

Daß wir, er und ich, so 'was wie Freundschaft schlossen, das datierte von einem bestimmten Vorfall her. Es war eine jener geschäftlichen Tunnelsitzungen, in denen über neu aufzunehmende Mitglieder verhandelt wurde. Blomberg empfahl einen jungen kurischen Edelmann, der den Wunsch ausgesprochen hatte, Mitglied zu werden. Ich sagte: "das würde nicht gut gehn." Er verfärbte sich, bezwang sich aber und fragte ruhig: "warum nicht?" - "Ich kann es hier in öffentlicher Sitzung nicht sagen; aber ich

die für den Tag von Jena erteilt wurde und stand, bis an sein Lebensende, beim ganzen Hause Hohenzollern in hohem Ansehen.

In Hugo von Blomberg und dem Fräulein von Eberhardt waren zwei musterhafte Menschen zusammen gekommen und musterhaft wie die Menschen waren, war auch ihre Ehe. Sie liebten sich aufs Innigste und außer seiner Kunst existierte für Blomberg nur Frau und Kind. Gesellschaften mied er und als wir, seine näheren Freunde, dies ’mal tadelten, dabei von seiner „Hausunkenschaft“ sprachen und ihn zu überzeugen suchten, daß er seiner Frau denn doch zu große Opfer bringe, lächelte er und sagte: „Sie irren. Ich bringe meiner Frau keine Opfer; ich liebe meine Frau.“ Wir machten lange Gesichter und schwiegen.

Daß wir, er und ich, so ’was wie Freundschaft schlossen, das datierte von einem bestimmten Vorfall her. Es war eine jener geschäftlichen Tunnelsitzungen, in denen über neu aufzunehmende Mitglieder verhandelt wurde. Blomberg empfahl einen jungen kurischen Edelmann, der den Wunsch ausgesprochen hatte, Mitglied zu werden. Ich sagte: „das würde nicht gut gehn.“ Er verfärbte sich, bezwang sich aber und fragte ruhig: „warum nicht?“ – „Ich kann es hier in öffentlicher Sitzung nicht sagen; aber ich

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[393/0402] die für den Tag von Jena erteilt wurde und stand, bis an sein Lebensende, beim ganzen Hause Hohenzollern in hohem Ansehen. In Hugo von Blomberg und dem Fräulein von Eberhardt waren zwei musterhafte Menschen zusammen gekommen und musterhaft wie die Menschen waren, war auch ihre Ehe. Sie liebten sich aufs Innigste und außer seiner Kunst existierte für Blomberg nur Frau und Kind. Gesellschaften mied er und als wir, seine näheren Freunde, dies ’mal tadelten, dabei von seiner „Hausunkenschaft“ sprachen und ihn zu überzeugen suchten, daß er seiner Frau denn doch zu große Opfer bringe, lächelte er und sagte: „Sie irren. Ich bringe meiner Frau keine Opfer; ich liebe meine Frau.“ Wir machten lange Gesichter und schwiegen. Daß wir, er und ich, so ’was wie Freundschaft schlossen, das datierte von einem bestimmten Vorfall her. Es war eine jener geschäftlichen Tunnelsitzungen, in denen über neu aufzunehmende Mitglieder verhandelt wurde. Blomberg empfahl einen jungen kurischen Edelmann, der den Wunsch ausgesprochen hatte, Mitglied zu werden. Ich sagte: „das würde nicht gut gehn.“ Er verfärbte sich, bezwang sich aber und fragte ruhig: „warum nicht?“ – „Ich kann es hier in öffentlicher Sitzung nicht sagen; aber ich

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T10:02:20Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T10:02:20Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/402>, abgerufen am 22.11.2024.