noch ein Familienbesitz in Kurland und der Nächstberechtigte dazu war eben unser Hugo von Blomberg. Dieser aber, als es sich um Uebernahme des Erbes handelte, fand, daß ein Bruder oder ein andrer naher Verwandter in noch minder glücklicher Lage sei als er selbst, und so trat er diesem, seinerseits nur einen ganz bescheidenen Gewinnanteil fordernd, das Gut ab. Auch mit diesem Gewinnanteil, wenn er ausblieb, nahm ers nicht genau. "Er zahlt nicht, weil er nicht kann." Damit war die Sache erledigt. Nun hätte dies, unter Verhältnissen wie sie gewöhnlich bei jungen Adligen liegen, immer noch nicht allzu viel bedeutet, - eine Stellung in der Verwaltung, in der Armee kann helfen und nötigenfalls eine gute Partie. Aber Blomberg setzte die Pflege seines Idealismus mit ungeschwächten Kräften fort, nichts von Verwaltung, nichts von Armee, nichts von "guter Partie", er wurde vielmehr Maler und Dichter und nahm eine arme Frau. Diese war eine ganz entzückende Dame, Potsdamerin, Tochter des alten Generals von Eberhardt, der in der Schlacht bei Jena, damals dreizehnjährig, als alles schon wankte, sich an die Spitze einer Grenadierkompagnie gestellt und im Vorgehen gegen eine Batterie, das Bein durch eine Kanonenkugel verloren hatte. Er erhielt den Pour le merite, die einzige Ordensauszeichnung,
noch ein Familienbesitz in Kurland und der Nächstberechtigte dazu war eben unser Hugo von Blomberg. Dieser aber, als es sich um Uebernahme des Erbes handelte, fand, daß ein Bruder oder ein andrer naher Verwandter in noch minder glücklicher Lage sei als er selbst, und so trat er diesem, seinerseits nur einen ganz bescheidenen Gewinnanteil fordernd, das Gut ab. Auch mit diesem Gewinnanteil, wenn er ausblieb, nahm ers nicht genau. „Er zahlt nicht, weil er nicht kann.“ Damit war die Sache erledigt. Nun hätte dies, unter Verhältnissen wie sie gewöhnlich bei jungen Adligen liegen, immer noch nicht allzu viel bedeutet, – eine Stellung in der Verwaltung, in der Armee kann helfen und nötigenfalls eine gute Partie. Aber Blomberg setzte die Pflege seines Idealismus mit ungeschwächten Kräften fort, nichts von Verwaltung, nichts von Armee, nichts von „guter Partie“, er wurde vielmehr Maler und Dichter und nahm eine arme Frau. Diese war eine ganz entzückende Dame, Potsdamerin, Tochter des alten Generals von Eberhardt, der in der Schlacht bei Jena, damals dreizehnjährig, als alles schon wankte, sich an die Spitze einer Grenadierkompagnie gestellt und im Vorgehen gegen eine Batterie, das Bein durch eine Kanonenkugel verloren hatte. Er erhielt den Pour le mérite, die einzige Ordensauszeichnung,
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noch ein Familienbesitz in Kurland und der Nächstberechtigte dazu war eben unser Hugo von Blomberg. Dieser aber, als es sich um Uebernahme des Erbes handelte, fand, daß ein Bruder oder ein andrer naher Verwandter in noch minder glücklicher Lage sei als er selbst, und so trat er diesem, seinerseits nur einen ganz bescheidenen Gewinnanteil fordernd, das Gut ab. Auch mit diesem Gewinnanteil, wenn er ausblieb, nahm ers nicht genau. „Er zahlt nicht, weil er nicht kann.“ Damit war die Sache erledigt. Nun hätte dies, unter Verhältnissen wie sie gewöhnlich bei jungen Adligen liegen, immer noch nicht allzu viel bedeutet, – eine Stellung in der Verwaltung, in der Armee kann helfen und nötigenfalls eine gute Partie. Aber Blomberg setzte die Pflege seines Idealismus mit ungeschwächten Kräften fort, nichts von Verwaltung, nichts von Armee, nichts von „guter Partie“, er wurde vielmehr Maler und Dichter und nahm eine arme Frau. Diese war eine ganz entzückende Dame, Potsdamerin, Tochter des alten Generals von Eberhardt, der in der Schlacht bei Jena, damals dreizehnjährig, als alles schon wankte, sich an die Spitze einer Grenadierkompagnie gestellt und im Vorgehen gegen eine Batterie, das Bein durch eine Kanonenkugel verloren hatte. Er erhielt den Pour le mérite, die einzige Ordensauszeichnung,
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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/401>, abgerufen am 04.07.2024.
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