Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.Ich hörte beglückt zu und stieß mit ihm an, wobei sich jeder denken konnte, was er wollte. Was war nun aber Heinrich Smidt als Schriftsteller? Hier muß ich schließlich doch Besseres von ihm sagen, als ich bis dahin konnte. So langweilig und unbedeutend er war, er war doch ein Talent, beinah ein großes. Natürlich auf seine Art, alles in allem ein wundervoller Fadenspinner. Zwischen Unbedeutendheit und altweiberhafter, rein äußerlicher Erzählergabe bestehen von Alters her geheimnisvolle Zusammenhänge. Wer bloß am Rocken sitzt und den Faden näßt, ist als Mensch allemal langweilig; andererseits, wer mehr auf der Pfanne hat, läßt sich auf solch bloßes Fadenspinnen gar nicht ein. Heinrich Smidts Dramen und Gedichte sind weit unter Durchschnitt, aber wenn er sich seine Blätter zurecht schob und nun seine Feder in zierlicher Handschrift darüber hingleiten ließ, so gab das gelegentlich doch unterhaltliche Dinge, deren man sich freuen konnte. Beachtung, ja freundlichste Zustimmung haben unter anderen seine Devrient-Novellen gefunden; aber diese waren weitaus nicht sein Eigentlichstes und Bestes, denn über Devrient zu schreiben, dazu war er schon deshalb nicht geeignet, weil ihm nichts so sehr fehlte, wie das Devrient'sche. Sein in bestimmter Richtung großes Talent zeigte sich, wenn er irgend eine Hansische Ich hörte beglückt zu und stieß mit ihm an, wobei sich jeder denken konnte, was er wollte. Was war nun aber Heinrich Smidt als Schriftsteller? Hier muß ich schließlich doch Besseres von ihm sagen, als ich bis dahin konnte. So langweilig und unbedeutend er war, er war doch ein Talent, beinah ein großes. Natürlich auf seine Art, alles in allem ein wundervoller Fadenspinner. Zwischen Unbedeutendheit und altweiberhafter, rein äußerlicher Erzählergabe bestehen von Alters her geheimnisvolle Zusammenhänge. Wer bloß am Rocken sitzt und den Faden näßt, ist als Mensch allemal langweilig; andererseits, wer mehr auf der Pfanne hat, läßt sich auf solch bloßes Fadenspinnen gar nicht ein. Heinrich Smidts Dramen und Gedichte sind weit unter Durchschnitt, aber wenn er sich seine Blätter zurecht schob und nun seine Feder in zierlicher Handschrift darüber hingleiten ließ, so gab das gelegentlich doch unterhaltliche Dinge, deren man sich freuen konnte. Beachtung, ja freundlichste Zustimmung haben unter anderen seine Devrient-Novellen gefunden; aber diese waren weitaus nicht sein Eigentlichstes und Bestes, denn über Devrient zu schreiben, dazu war er schon deshalb nicht geeignet, weil ihm nichts so sehr fehlte, wie das Devrient’sche. Sein in bestimmter Richtung großes Talent zeigte sich, wenn er irgend eine Hansische <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0398" n="389"/> Ich hörte beglückt zu und stieß mit ihm an, wobei sich jeder denken konnte, was er wollte.</p><lb/> <p>Was war nun aber Heinrich Smidt als Schriftsteller? Hier muß ich schließlich doch Besseres von ihm sagen, als ich bis dahin konnte. So langweilig und unbedeutend er war, er war doch ein Talent, beinah ein großes. Natürlich auf seine Art, alles in allem ein wundervoller Fadenspinner. Zwischen Unbedeutendheit und altweiberhafter, rein äußerlicher Erzählergabe bestehen von Alters her geheimnisvolle Zusammenhänge. Wer bloß am Rocken sitzt und den Faden näßt, ist als Mensch allemal langweilig; andererseits, wer mehr auf der Pfanne hat, läßt sich auf solch bloßes Fadenspinnen gar nicht ein. Heinrich Smidts Dramen und Gedichte sind weit unter Durchschnitt, aber wenn er sich seine Blätter zurecht schob und nun seine Feder in zierlicher Handschrift darüber hingleiten ließ, so gab das gelegentlich doch unterhaltliche Dinge, deren man sich freuen konnte. Beachtung, ja freundlichste Zustimmung haben unter anderen seine Devrient-Novellen gefunden; aber diese waren weitaus nicht sein Eigentlichstes und Bestes, denn über Devrient zu schreiben, dazu war er schon deshalb nicht geeignet, weil ihm nichts so sehr fehlte, wie das Devrient’sche. Sein in bestimmter Richtung großes Talent zeigte sich, wenn er irgend eine Hansische<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [389/0398]
Ich hörte beglückt zu und stieß mit ihm an, wobei sich jeder denken konnte, was er wollte.
Was war nun aber Heinrich Smidt als Schriftsteller? Hier muß ich schließlich doch Besseres von ihm sagen, als ich bis dahin konnte. So langweilig und unbedeutend er war, er war doch ein Talent, beinah ein großes. Natürlich auf seine Art, alles in allem ein wundervoller Fadenspinner. Zwischen Unbedeutendheit und altweiberhafter, rein äußerlicher Erzählergabe bestehen von Alters her geheimnisvolle Zusammenhänge. Wer bloß am Rocken sitzt und den Faden näßt, ist als Mensch allemal langweilig; andererseits, wer mehr auf der Pfanne hat, läßt sich auf solch bloßes Fadenspinnen gar nicht ein. Heinrich Smidts Dramen und Gedichte sind weit unter Durchschnitt, aber wenn er sich seine Blätter zurecht schob und nun seine Feder in zierlicher Handschrift darüber hingleiten ließ, so gab das gelegentlich doch unterhaltliche Dinge, deren man sich freuen konnte. Beachtung, ja freundlichste Zustimmung haben unter anderen seine Devrient-Novellen gefunden; aber diese waren weitaus nicht sein Eigentlichstes und Bestes, denn über Devrient zu schreiben, dazu war er schon deshalb nicht geeignet, weil ihm nichts so sehr fehlte, wie das Devrient’sche. Sein in bestimmter Richtung großes Talent zeigte sich, wenn er irgend eine Hansische
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).
(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |