"Wen von euch soll ich nun dafür hingeben?" so frug er, als er sich bald danach an der alten Stelle wieder eingerichtet hatte. Er hatte nicht lange auf Antwort zu warten. Ein Jahr nach der Rückkehr starb Frau Constanze, jene schöne, frische, anmutige Frau, an die er, als er ihr 1852 von Berlin aus den beschlossenen Eintritt in den preußischen Dienst meldete, die Worte gerichtet hatte:
So komm denn, was da kommen mag, So lang' Du lebest, ist es Tag,
Und geht es in die Welt hinaus, Wo Du mir bist, bin ich zu Haus,
Ich seh' Dein liebes Angesicht, Ich sehe die Schatten der Zukunft nicht -
Worte, wie sie kein Dichter je schöner geschrieben hat.
Storm, einer jener vielen Hilflosen, die wie der Liebe so der Dienste einer Frau nicht wohl entbehren können, verheiratete sich wieder und zwar mit Dorothea Jensen, einer durch Klugheit, Charakter und Ordnungssinn ausgezeichneten Dame. Wie seine erste Ehe sehr glücklich gewesen war, so war es seine zweite. Die erste Frau hatte ganz ihm gelebt, die zweite - es war die schönste Aufgabe, die
„Wen von euch soll ich nun dafür hingeben?“ so frug er, als er sich bald danach an der alten Stelle wieder eingerichtet hatte. Er hatte nicht lange auf Antwort zu warten. Ein Jahr nach der Rückkehr starb Frau Constanze, jene schöne, frische, anmutige Frau, an die er, als er ihr 1852 von Berlin aus den beschlossenen Eintritt in den preußischen Dienst meldete, die Worte gerichtet hatte:
So komm denn, was da kommen mag, So lang’ Du lebest, ist es Tag,
Und geht es in die Welt hinaus, Wo Du mir bist, bin ich zu Haus,
Ich seh’ Dein liebes Angesicht, Ich sehe die Schatten der Zukunft nicht –
Worte, wie sie kein Dichter je schöner geschrieben hat.
Storm, einer jener vielen Hilflosen, die wie der Liebe so der Dienste einer Frau nicht wohl entbehren können, verheiratete sich wieder und zwar mit Dorothea Jensen, einer durch Klugheit, Charakter und Ordnungssinn ausgezeichneten Dame. Wie seine erste Ehe sehr glücklich gewesen war, so war es seine zweite. Die erste Frau hatte ganz ihm gelebt, die zweite – es war die schönste Aufgabe, die
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0380"n="371"/><p>„Wen von euch soll ich nun dafür hingeben?“ so frug er, als er sich bald danach an der alten Stelle wieder eingerichtet hatte. Er hatte nicht lange auf Antwort zu warten. Ein Jahr nach der Rückkehr starb Frau Constanze, jene schöne, frische, anmutige Frau, an die er, als er ihr 1852 von Berlin aus den beschlossenen Eintritt in den preußischen Dienst meldete, die Worte gerichtet hatte:</p><lb/><lgtype="poem"><lgn="1"><l>So komm denn, was da kommen mag,</l><lb/><l>So lang’ Du lebest, ist es Tag,</l><lb/></lg><lgn="2"><l>Und geht es in die Welt hinaus,</l><lb/><l>Wo Du mir bist, bin ich zu Haus,</l><lb/></lg><lgn="3"><l>Ich seh’ Dein liebes Angesicht,</l><lb/><l>Ich sehe die Schatten der Zukunft nicht –</l><lb/></lg></lg><p>Worte, wie sie kein Dichter je schöner geschrieben hat.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Storm, einer jener vielen Hilflosen, die wie der Liebe so der Dienste einer Frau nicht wohl entbehren können, verheiratete sich wieder und zwar mit Dorothea Jensen, einer durch Klugheit, Charakter und Ordnungssinn ausgezeichneten Dame. Wie seine erste Ehe sehr glücklich gewesen war, so war es seine zweite. Die erste Frau hatte ganz <hirendition="#g">ihm</hi> gelebt, die zweite – es war die schönste Aufgabe, die<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
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„Wen von euch soll ich nun dafür hingeben?“ so frug er, als er sich bald danach an der alten Stelle wieder eingerichtet hatte. Er hatte nicht lange auf Antwort zu warten. Ein Jahr nach der Rückkehr starb Frau Constanze, jene schöne, frische, anmutige Frau, an die er, als er ihr 1852 von Berlin aus den beschlossenen Eintritt in den preußischen Dienst meldete, die Worte gerichtet hatte:
So komm denn, was da kommen mag,
So lang’ Du lebest, ist es Tag,
Und geht es in die Welt hinaus,
Wo Du mir bist, bin ich zu Haus,
Ich seh’ Dein liebes Angesicht,
Ich sehe die Schatten der Zukunft nicht –
Worte, wie sie kein Dichter je schöner geschrieben hat.
Storm, einer jener vielen Hilflosen, die wie der Liebe so der Dienste einer Frau nicht wohl entbehren können, verheiratete sich wieder und zwar mit Dorothea Jensen, einer durch Klugheit, Charakter und Ordnungssinn ausgezeichneten Dame. Wie seine erste Ehe sehr glücklich gewesen war, so war es seine zweite. Die erste Frau hatte ganz ihm gelebt, die zweite – es war die schönste Aufgabe, die
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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/380>, abgerufen am 16.02.2025.
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