Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.innerung an alte Zeiten erhalten blieb. Ich habe es da noch öfter gesehen. Was inzwischen daraus geworden, vermag ich ebenfalls nicht mehr anzugeben, würde es aber beklagen, wenn es verloren gegangen sein sollte. Denn es veranschaulichte sehr gut ein Stück Alt-Berlin. Einiges steht mir noch deutlich vor der Seele. Blomberg selbst, bloß in Trikot und mit einer Schärpe darüber, stand als Jongleur auf zwei Pferden, wohl um seine Doppelthätigkeit als Maler und Dichter zu veranschaulichen. Rechts neben ihm saß ich, in einem Douglas- oder Percy-Kostüm auf einem Wiegenpferde, und hatte meine Lanze gegen einen anderen Ritter, wahrscheinlich einen Balladenkonkurrenten, eingelegt. Wer dieser andere war, weiß ich nicht mehr. Mir zur Seite stand Merckel. Der war damals "Haupt", weshalb ihn Blomberg in pontificalibus dargestellt hatte: Frack, Eskarpins und ein breites Tunnel-Ordensband - en crachat - über die Brust. Es wirkte sehr gut, aber doch zugleich auch komisch und anzüglich, weil Merckel, von Natur schon klein, durch eine Laune des Malers noch spindeldürre Beinchen erhalten hatte. Glücklicherweise war Kugler seitens des Festkomitees zu nochmaliger Inspizierung des Bildes abbeordert worden und bestand auf Beseitigung der dünnen Beinchen. "Ja, wie das machen?" innerung an alte Zeiten erhalten blieb. Ich habe es da noch öfter gesehen. Was inzwischen daraus geworden, vermag ich ebenfalls nicht mehr anzugeben, würde es aber beklagen, wenn es verloren gegangen sein sollte. Denn es veranschaulichte sehr gut ein Stück Alt-Berlin. Einiges steht mir noch deutlich vor der Seele. Blomberg selbst, bloß in Trikot und mit einer Schärpe darüber, stand als Jongleur auf zwei Pferden, wohl um seine Doppelthätigkeit als Maler und Dichter zu veranschaulichen. Rechts neben ihm saß ich, in einem Douglas- oder Percy-Kostüm auf einem Wiegenpferde, und hatte meine Lanze gegen einen anderen Ritter, wahrscheinlich einen Balladenkonkurrenten, eingelegt. Wer dieser andere war, weiß ich nicht mehr. Mir zur Seite stand Merckel. Der war damals „Haupt“, weshalb ihn Blomberg in pontificalibus dargestellt hatte: Frack, Eskarpins und ein breites Tunnel-Ordensband – en crachat – über die Brust. Es wirkte sehr gut, aber doch zugleich auch komisch und anzüglich, weil Merckel, von Natur schon klein, durch eine Laune des Malers noch spindeldürre Beinchen erhalten hatte. Glücklicherweise war Kugler seitens des Festkomitees zu nochmaliger Inspizierung des Bildes abbeordert worden und bestand auf Beseitigung der dünnen Beinchen. „Ja, wie das machen?“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0280" n="271"/> innerung an alte Zeiten erhalten blieb. Ich habe es da noch öfter gesehen. Was inzwischen daraus geworden, vermag ich ebenfalls nicht mehr anzugeben, würde es aber beklagen, wenn es verloren gegangen sein sollte. Denn es veranschaulichte sehr gut ein Stück Alt-Berlin. Einiges steht mir noch deutlich vor der Seele. Blomberg selbst, bloß in Trikot und mit einer Schärpe darüber, stand als Jongleur auf zwei Pferden, wohl um seine Doppelthätigkeit als Maler und Dichter zu veranschaulichen. Rechts neben ihm saß ich, in einem Douglas- oder Percy-Kostüm auf einem Wiegenpferde, und hatte meine Lanze gegen einen anderen Ritter, wahrscheinlich einen Balladenkonkurrenten, eingelegt. Wer dieser andere war, weiß ich nicht mehr. Mir zur Seite stand Merckel. Der war damals „Haupt“, weshalb ihn Blomberg <hi rendition="#aq">in pontificalibus</hi> dargestellt hatte: Frack, Eskarpins und ein breites Tunnel-Ordensband – <hi rendition="#aq">en crachat</hi> – über die Brust. Es wirkte sehr gut, aber doch zugleich auch komisch und anzüglich, weil Merckel, von Natur schon klein, durch eine Laune des Malers noch spindeldürre Beinchen erhalten hatte. Glücklicherweise war Kugler seitens des Festkomitees zu nochmaliger Inspizierung des Bildes abbeordert worden und bestand auf Beseitigung der dünnen Beinchen. „Ja, wie das machen?“<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [271/0280]
innerung an alte Zeiten erhalten blieb. Ich habe es da noch öfter gesehen. Was inzwischen daraus geworden, vermag ich ebenfalls nicht mehr anzugeben, würde es aber beklagen, wenn es verloren gegangen sein sollte. Denn es veranschaulichte sehr gut ein Stück Alt-Berlin. Einiges steht mir noch deutlich vor der Seele. Blomberg selbst, bloß in Trikot und mit einer Schärpe darüber, stand als Jongleur auf zwei Pferden, wohl um seine Doppelthätigkeit als Maler und Dichter zu veranschaulichen. Rechts neben ihm saß ich, in einem Douglas- oder Percy-Kostüm auf einem Wiegenpferde, und hatte meine Lanze gegen einen anderen Ritter, wahrscheinlich einen Balladenkonkurrenten, eingelegt. Wer dieser andere war, weiß ich nicht mehr. Mir zur Seite stand Merckel. Der war damals „Haupt“, weshalb ihn Blomberg in pontificalibus dargestellt hatte: Frack, Eskarpins und ein breites Tunnel-Ordensband – en crachat – über die Brust. Es wirkte sehr gut, aber doch zugleich auch komisch und anzüglich, weil Merckel, von Natur schon klein, durch eine Laune des Malers noch spindeldürre Beinchen erhalten hatte. Glücklicherweise war Kugler seitens des Festkomitees zu nochmaliger Inspizierung des Bildes abbeordert worden und bestand auf Beseitigung der dünnen Beinchen. „Ja, wie das machen?“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).
(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |