Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.webel mein Herz ausschüttete. "Ja," sagte dieser, "dann nur schnell nach Haus und von da zum Hauptmann." Und zwischen drei und vier trat ich dann auch bei diesem an. "Nun, Freiwilliger, was bringen Sie ...?" "Herr Hauptmann, ich möchte gern nach England." "Um Gottes willen ..." "Ja, Herr Hauptmann, ein Freund will mich mitnehmen; also ganz ohne Kosten, alles umsonst. Und so was ist doch so selten ..." "Hm, Hm" sagte der liebenswürdige alte Herr, während ich deutlich die Wirkung meiner zuletzt gesprochenen Worte beobachten konnte. "Na, wie lange denn?" "Vierzehn Tage." "Vierzehn Tage. Ja, wissen Sie, solchen langen Urlaub kann ich Ihnen gar nicht geben. Den muß der Oberst geben. Es ist jetzt dreiviertel und bis vier ist er da. Machen Sie, daß Sie hinkommen." "Zu Befehl, Herr Hauptmann." Und ich machte Kehrt, um gleich danach in der Thür zu verschwinden. Aber er rief mich nochmal zurück und sagte dann mit einer mir unvergeßlichen Miene, darin väterliche Güte mit einem merkwürdigen preußischen Geldernst sich mischte: "Hören Sie, Freiwilliger, der Oberst wird erst ,nein' sagen. Aber webel mein Herz ausschüttete. „Ja,“ sagte dieser, „dann nur schnell nach Haus und von da zum Hauptmann.“ Und zwischen drei und vier trat ich dann auch bei diesem an. „Nun, Freiwilliger, was bringen Sie …?“ „Herr Hauptmann, ich möchte gern nach England.“ „Um Gottes willen …“ „Ja, Herr Hauptmann, ein Freund will mich mitnehmen; also ganz ohne Kosten, alles umsonst. Und so was ist doch so selten …“ „Hm, Hm“ sagte der liebenswürdige alte Herr, während ich deutlich die Wirkung meiner zuletzt gesprochenen Worte beobachten konnte. „Na, wie lange denn?“ „Vierzehn Tage.“ „Vierzehn Tage. Ja, wissen Sie, solchen langen Urlaub kann ich Ihnen gar nicht geben. Den muß der Oberst geben. Es ist jetzt dreiviertel und bis vier ist er da. Machen Sie, daß Sie hinkommen.“ „Zu Befehl, Herr Hauptmann.“ Und ich machte Kehrt, um gleich danach in der Thür zu verschwinden. Aber er rief mich nochmal zurück und sagte dann mit einer mir unvergeßlichen Miene, darin väterliche Güte mit einem merkwürdigen preußischen Geldernst sich mischte: „Hören Sie, Freiwilliger, der Oberst wird erst ‚nein‘ sagen. Aber <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0231" n="222"/> webel mein Herz ausschüttete. „Ja,“ sagte dieser, „dann nur schnell nach Haus und von da zum Hauptmann.“ Und zwischen drei und vier trat ich dann auch bei diesem an.</p><lb/> <p>„Nun, Freiwilliger, was bringen Sie …?“</p><lb/> <p>„Herr Hauptmann, ich möchte gern nach England.“</p><lb/> <p>„Um Gottes willen …“</p><lb/> <p>„Ja, Herr Hauptmann, ein Freund will mich mitnehmen; also ganz ohne Kosten, alles umsonst. Und so was ist doch so selten …“</p><lb/> <p>„Hm, Hm“ sagte der liebenswürdige alte Herr, während ich deutlich die Wirkung meiner zuletzt gesprochenen Worte beobachten konnte. „Na, wie lange denn?“</p><lb/> <p>„Vierzehn Tage.“</p><lb/> <p>„Vierzehn Tage. Ja, wissen Sie, solchen langen Urlaub kann ich Ihnen gar nicht geben. Den muß der Oberst geben. Es ist jetzt dreiviertel und bis vier ist er da. Machen Sie, daß Sie hinkommen.“</p><lb/> <p>„Zu Befehl, Herr Hauptmann.“</p><lb/> <p>Und ich machte Kehrt, um gleich danach in der Thür zu verschwinden. Aber er rief mich nochmal zurück und sagte dann mit einer mir unvergeßlichen Miene, darin väterliche Güte mit einem merkwürdigen preußischen Geldernst sich mischte: „Hören Sie, Freiwilliger, der Oberst wird erst ‚nein‘ sagen. Aber<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [222/0231]
webel mein Herz ausschüttete. „Ja,“ sagte dieser, „dann nur schnell nach Haus und von da zum Hauptmann.“ Und zwischen drei und vier trat ich dann auch bei diesem an.
„Nun, Freiwilliger, was bringen Sie …?“
„Herr Hauptmann, ich möchte gern nach England.“
„Um Gottes willen …“
„Ja, Herr Hauptmann, ein Freund will mich mitnehmen; also ganz ohne Kosten, alles umsonst. Und so was ist doch so selten …“
„Hm, Hm“ sagte der liebenswürdige alte Herr, während ich deutlich die Wirkung meiner zuletzt gesprochenen Worte beobachten konnte. „Na, wie lange denn?“
„Vierzehn Tage.“
„Vierzehn Tage. Ja, wissen Sie, solchen langen Urlaub kann ich Ihnen gar nicht geben. Den muß der Oberst geben. Es ist jetzt dreiviertel und bis vier ist er da. Machen Sie, daß Sie hinkommen.“
„Zu Befehl, Herr Hauptmann.“
Und ich machte Kehrt, um gleich danach in der Thür zu verschwinden. Aber er rief mich nochmal zurück und sagte dann mit einer mir unvergeßlichen Miene, darin väterliche Güte mit einem merkwürdigen preußischen Geldernst sich mischte: „Hören Sie, Freiwilliger, der Oberst wird erst ‚nein‘ sagen. Aber
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).
(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |