wenn sie diesen Beweis führen, haben sie etwas Strahlendes.
In diese Gruppe gehörte nun auch unser Wilhelm Rose, der, während er glaubte mit der längsten Elle gemessen werden zu können, doch schon bei gewöhnlichster Zollmessung zu kurz gekommen wäre. Vier und ein halbes Jahr lang hab ich ihm in die Karten sehen können. Er war der Mann der ewigen sittlichen Entrüstung und doch wenn beispielsweise feinere, also auch kostspieligere Droguen, an deren Beschaffenheit etwas hing, zu Kauf standen - ich mag hier keine Details geben -, so wurde daran nicht selten gespart, gespart also an Dingen, an denen schlechterdings nicht gespart werden durfte. Dann war er freilich auf zwölf Stunden hin in einer kleinen Verlegenheit. Aber es war nicht die richtige. Er genierte sich bloß, weil er an die Möglichkeit, ja Wahrscheinlichkeit eines Kontroliertsein's dachte.
Daß unser Wilhelm Rose nebenher auch den zweiten großen Bourgeoiszug hatte: den, alles, was von ihm ausging oder ihm zugehörte, gründlich zu bewundern, versteht sich von selbst; seine Apotheke war die berühmteste, sein Laboratorium war das schönste, seine Gehülfen und Lehrlinge waren die besten oder doch wenigstens durch sein Verdienst am besten untergebracht und seine
wenn sie diesen Beweis führen, haben sie etwas Strahlendes.
In diese Gruppe gehörte nun auch unser Wilhelm Rose, der, während er glaubte mit der längsten Elle gemessen werden zu können, doch schon bei gewöhnlichster Zollmessung zu kurz gekommen wäre. Vier und ein halbes Jahr lang hab ich ihm in die Karten sehen können. Er war der Mann der ewigen sittlichen Entrüstung und doch wenn beispielsweise feinere, also auch kostspieligere Droguen, an deren Beschaffenheit etwas hing, zu Kauf standen – ich mag hier keine Details geben –, so wurde daran nicht selten gespart, gespart also an Dingen, an denen schlechterdings nicht gespart werden durfte. Dann war er freilich auf zwölf Stunden hin in einer kleinen Verlegenheit. Aber es war nicht die richtige. Er genierte sich bloß, weil er an die Möglichkeit, ja Wahrscheinlichkeit eines Kontroliertsein’s dachte.
Daß unser Wilhelm Rose nebenher auch den zweiten großen Bourgeoiszug hatte: den, alles, was von ihm ausging oder ihm zugehörte, gründlich zu bewundern, versteht sich von selbst; seine Apotheke war die berühmteste, sein Laboratorium war das schönste, seine Gehülfen und Lehrlinge waren die besten oder doch wenigstens durch sein Verdienst am besten untergebracht und seine
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0022"n="13"/>
wenn sie diesen Beweis führen, haben sie etwas Strahlendes.</p><lb/><p>In diese Gruppe gehörte nun auch unser Wilhelm Rose, der, während er glaubte mit der längsten Elle gemessen werden zu können, doch schon bei gewöhnlichster Zollmessung zu kurz gekommen wäre. Vier und ein halbes Jahr lang hab ich ihm in die Karten sehen können. Er war der Mann der ewigen sittlichen Entrüstung und doch wenn beispielsweise <hirendition="#g">feinere</hi>, also auch kostspieligere Droguen, an deren Beschaffenheit etwas hing, zu Kauf standen – ich mag hier keine Details geben –, so wurde daran nicht selten gespart, gespart also an Dingen, an denen schlechterdings nicht gespart werden durfte. Dann war er freilich auf zwölf Stunden hin in einer kleinen Verlegenheit. Aber es war nicht die richtige. Er genierte sich bloß, weil er an die Möglichkeit, ja Wahrscheinlichkeit eines Kontroliertsein’s dachte.</p><lb/><p>Daß unser Wilhelm Rose nebenher auch den <hirendition="#g">zweiten</hi> großen Bourgeoiszug hatte: <hirendition="#g">den</hi>, alles, was von ihm ausging oder ihm zugehörte, gründlich zu bewundern, versteht sich von selbst; <hirendition="#g">seine</hi> Apotheke war die berühmteste, <hirendition="#g">sein</hi> Laboratorium war das schönste, <hirendition="#g">seine</hi> Gehülfen und Lehrlinge waren die besten oder doch wenigstens durch sein Verdienst am besten untergebracht und <hirendition="#g">seine</hi><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[13/0022]
wenn sie diesen Beweis führen, haben sie etwas Strahlendes.
In diese Gruppe gehörte nun auch unser Wilhelm Rose, der, während er glaubte mit der längsten Elle gemessen werden zu können, doch schon bei gewöhnlichster Zollmessung zu kurz gekommen wäre. Vier und ein halbes Jahr lang hab ich ihm in die Karten sehen können. Er war der Mann der ewigen sittlichen Entrüstung und doch wenn beispielsweise feinere, also auch kostspieligere Droguen, an deren Beschaffenheit etwas hing, zu Kauf standen – ich mag hier keine Details geben –, so wurde daran nicht selten gespart, gespart also an Dingen, an denen schlechterdings nicht gespart werden durfte. Dann war er freilich auf zwölf Stunden hin in einer kleinen Verlegenheit. Aber es war nicht die richtige. Er genierte sich bloß, weil er an die Möglichkeit, ja Wahrscheinlichkeit eines Kontroliertsein’s dachte.
Daß unser Wilhelm Rose nebenher auch den zweiten großen Bourgeoiszug hatte: den, alles, was von ihm ausging oder ihm zugehörte, gründlich zu bewundern, versteht sich von selbst; seine Apotheke war die berühmteste, sein Laboratorium war das schönste, seine Gehülfen und Lehrlinge waren die besten oder doch wenigstens durch sein Verdienst am besten untergebracht und seine
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/22>, abgerufen am 17.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.