Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.Vater Sohm war als "alter Moor" und Aehnliches immer noch ganz gut zu verwenden - mit in den Kauf nahm. Es war dies so ziemlich um dieselbe Zeit, wo sich auch mein Onkel August in Magdeburg eingefunden hatte. Die Sohmschen Damen, Mutter und Tochter - die Mutter selbst erst dreißig Jahre alt - begriffen sofort die Situation und kamen den bald sich einstellenden Huldigungen des jungen Berliners freundlichst entgegen. Nur der Alte zeigte sich kühl; so herunter er auch war, so war er doch an Charakter und Klugheit der Ueberlegene und erkannte mit dem scharfen Blick eines Mannes, der gerade in seinen tollen Jahren viel gesehen und erlebt hatte, woran es dem Umwerber seiner Tochter gebrach. Er sah ganz deutlich, daß es ein Haselant war, ein Redensartenmensch, der alles haben mochte, nur nicht Charakter und Gesinnung. Andrerseits war Papa Sohm aber auch gescheit genug einzusehen, welche Vorteile solche äußerlich gute Partie nicht bloß seiner Tochter, sondern der ganzen Familie bringen mußte. So gab er denn schließlich, trotz aller Bedenken, nach und forderte nur das Eine, daß es mit der Schauspielerei vorbei sein müsse. "Glaub Er mir, Er ist gar kein Schauspieler und dank Er Vater Sohm war als „alter Moor“ und Aehnliches immer noch ganz gut zu verwenden – mit in den Kauf nahm. Es war dies so ziemlich um dieselbe Zeit, wo sich auch mein Onkel August in Magdeburg eingefunden hatte. Die Sohmschen Damen, Mutter und Tochter – die Mutter selbst erst dreißig Jahre alt – begriffen sofort die Situation und kamen den bald sich einstellenden Huldigungen des jungen Berliners freundlichst entgegen. Nur der Alte zeigte sich kühl; so herunter er auch war, so war er doch an Charakter und Klugheit der Ueberlegene und erkannte mit dem scharfen Blick eines Mannes, der gerade in seinen tollen Jahren viel gesehen und erlebt hatte, woran es dem Umwerber seiner Tochter gebrach. Er sah ganz deutlich, daß es ein Haselant war, ein Redensartenmensch, der alles haben mochte, nur nicht Charakter und Gesinnung. Andrerseits war Papa Sohm aber auch gescheit genug einzusehen, welche Vorteile solche äußerlich gute Partie nicht bloß seiner Tochter, sondern der ganzen Familie bringen mußte. So gab er denn schließlich, trotz aller Bedenken, nach und forderte nur das Eine, daß es mit der Schauspielerei vorbei sein müsse. „Glaub Er mir, Er ist gar kein Schauspieler und dank Er <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0184" n="175"/> Vater Sohm war als „alter Moor“ und Aehnliches immer noch ganz gut zu verwenden – mit in den Kauf nahm.</p><lb/> <p>Es war dies so ziemlich um dieselbe Zeit, wo sich auch mein Onkel August in Magdeburg eingefunden hatte. Die Sohmschen Damen, Mutter und Tochter – die Mutter selbst erst dreißig Jahre alt – begriffen sofort die Situation und kamen den bald sich einstellenden Huldigungen des jungen Berliners freundlichst entgegen. Nur der Alte zeigte sich kühl; so herunter er auch war, so war er doch an Charakter und Klugheit der Ueberlegene und erkannte mit dem scharfen Blick eines Mannes, der gerade in seinen tollen Jahren viel gesehen und erlebt hatte, woran es dem Umwerber seiner Tochter gebrach. Er sah ganz deutlich, daß es ein Haselant war, ein Redensartenmensch, der alles haben mochte, nur nicht Charakter und Gesinnung. Andrerseits war Papa Sohm aber auch gescheit genug einzusehen, welche Vorteile solche äußerlich gute Partie nicht bloß seiner Tochter, sondern der ganzen Familie bringen mußte. So gab er denn schließlich, trotz aller Bedenken, nach und forderte nur das Eine, daß es mit der Schauspielerei vorbei sein müsse. „Glaub Er mir, Er ist gar kein Schauspieler und dank Er<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [175/0184]
Vater Sohm war als „alter Moor“ und Aehnliches immer noch ganz gut zu verwenden – mit in den Kauf nahm.
Es war dies so ziemlich um dieselbe Zeit, wo sich auch mein Onkel August in Magdeburg eingefunden hatte. Die Sohmschen Damen, Mutter und Tochter – die Mutter selbst erst dreißig Jahre alt – begriffen sofort die Situation und kamen den bald sich einstellenden Huldigungen des jungen Berliners freundlichst entgegen. Nur der Alte zeigte sich kühl; so herunter er auch war, so war er doch an Charakter und Klugheit der Ueberlegene und erkannte mit dem scharfen Blick eines Mannes, der gerade in seinen tollen Jahren viel gesehen und erlebt hatte, woran es dem Umwerber seiner Tochter gebrach. Er sah ganz deutlich, daß es ein Haselant war, ein Redensartenmensch, der alles haben mochte, nur nicht Charakter und Gesinnung. Andrerseits war Papa Sohm aber auch gescheit genug einzusehen, welche Vorteile solche äußerlich gute Partie nicht bloß seiner Tochter, sondern der ganzen Familie bringen mußte. So gab er denn schließlich, trotz aller Bedenken, nach und forderte nur das Eine, daß es mit der Schauspielerei vorbei sein müsse. „Glaub Er mir, Er ist gar kein Schauspieler und dank Er
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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