Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.Max Müller. Er hätte sehr gut mit Wolfsohn auf dessen eigenstem Gebiet, dem gesellschaftlichen, konkurrieren, ihn vielleicht sogar aus dem Felde schlagen können, aber er war dazu zu jung, erst achtzehn Jahre alt. Dies einsehend hielt er sich zurück und beschränkte sich im übrigen darauf, mit dem klugen glauen Gesicht eines Eichhörnchens unseren Freiheitsrodomontaden, beziehungsweise den Plänen "pour culbuter toute l'Europe" zu folgen. Nur dann und wann schoß er selber einen kleinen Pfeil ab. Als die "Zeitung für die elegante Welt", die wir kurzweg "Die Elegante" nannten, ihre Redaktion gewechselt und Heinrich Laube an die Stelle von Gustav Kühne gesetzt hatte, sagte Müller in guter Laune: Was sich Kühne nicht erkühnt, Wird sich Laube nicht erlauben. Im ganzen genommen ging er im kleinen und großen mehr seine eigenen Wege, was sich, neben anderem, auch darin zeigte, daß er nicht so recht zu Robert Binders "Eisenbahn" hielt, sondern ein kleines, ziemlich verwegenes Blatt bevorzugte, das der später so famose, damals aber nur durch seinen roten Vollbart ausgezeichnete Gartenlauben-Keil herausgab. Müller war in unserem Kreise sehr beliebt und angesehen, aber doch nur, weil er, wie wir wußten, auf Max Müller. Er hätte sehr gut mit Wolfsohn auf dessen eigenstem Gebiet, dem gesellschaftlichen, konkurrieren, ihn vielleicht sogar aus dem Felde schlagen können, aber er war dazu zu jung, erst achtzehn Jahre alt. Dies einsehend hielt er sich zurück und beschränkte sich im übrigen darauf, mit dem klugen glauen Gesicht eines Eichhörnchens unseren Freiheitsrodomontaden, beziehungsweise den Plänen „pour culbuter toute l’Europe“ zu folgen. Nur dann und wann schoß er selber einen kleinen Pfeil ab. Als die „Zeitung für die elegante Welt“, die wir kurzweg „Die Elegante“ nannten, ihre Redaktion gewechselt und Heinrich Laube an die Stelle von Gustav Kühne gesetzt hatte, sagte Müller in guter Laune: Was sich Kühne nicht erkühnt, Wird sich Laube nicht erlauben. Im ganzen genommen ging er im kleinen und großen mehr seine eigenen Wege, was sich, neben anderem, auch darin zeigte, daß er nicht so recht zu Robert Binders „Eisenbahn“ hielt, sondern ein kleines, ziemlich verwegenes Blatt bevorzugte, das der später so famose, damals aber nur durch seinen roten Vollbart ausgezeichnete Gartenlauben-Keil herausgab. Müller war in unserem Kreise sehr beliebt und angesehen, aber doch nur, weil er, wie wir wußten, auf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0161" n="152"/><hi rendition="#g">Max Müller</hi>. Er hätte sehr gut mit Wolfsohn auf dessen eigenstem Gebiet, dem gesellschaftlichen, konkurrieren, ihn vielleicht sogar aus dem Felde schlagen können, aber er war dazu zu jung, erst achtzehn Jahre alt. Dies einsehend hielt er sich zurück und beschränkte sich im übrigen darauf, mit dem klugen glauen Gesicht eines Eichhörnchens unseren Freiheitsrodomontaden, beziehungsweise den Plänen <hi rendition="#aq">„pour culbuter toute l’Europe“</hi> zu folgen. Nur dann und wann schoß er selber einen kleinen Pfeil ab. Als die „Zeitung für die elegante Welt“, die wir kurzweg „Die Elegante“ nannten, ihre Redaktion gewechselt und Heinrich Laube an die Stelle von Gustav Kühne gesetzt hatte, sagte Müller in guter Laune:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Was sich Kühne nicht erkühnt,</l><lb/> <l>Wird sich Laube nicht erlauben.</l><lb/> </lg> <p>Im ganzen genommen ging er im kleinen und großen mehr seine eigenen Wege, was sich, neben anderem, auch darin zeigte, daß er nicht so recht zu Robert Binders „Eisenbahn“ hielt, sondern ein kleines, ziemlich verwegenes Blatt bevorzugte, das der später so famose, damals aber nur durch seinen roten Vollbart ausgezeichnete Gartenlauben-Keil herausgab. Müller war in unserem Kreise sehr beliebt und angesehen, aber doch nur, weil er, wie wir wußten, auf<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [152/0161]
Max Müller. Er hätte sehr gut mit Wolfsohn auf dessen eigenstem Gebiet, dem gesellschaftlichen, konkurrieren, ihn vielleicht sogar aus dem Felde schlagen können, aber er war dazu zu jung, erst achtzehn Jahre alt. Dies einsehend hielt er sich zurück und beschränkte sich im übrigen darauf, mit dem klugen glauen Gesicht eines Eichhörnchens unseren Freiheitsrodomontaden, beziehungsweise den Plänen „pour culbuter toute l’Europe“ zu folgen. Nur dann und wann schoß er selber einen kleinen Pfeil ab. Als die „Zeitung für die elegante Welt“, die wir kurzweg „Die Elegante“ nannten, ihre Redaktion gewechselt und Heinrich Laube an die Stelle von Gustav Kühne gesetzt hatte, sagte Müller in guter Laune:
Was sich Kühne nicht erkühnt,
Wird sich Laube nicht erlauben.
Im ganzen genommen ging er im kleinen und großen mehr seine eigenen Wege, was sich, neben anderem, auch darin zeigte, daß er nicht so recht zu Robert Binders „Eisenbahn“ hielt, sondern ein kleines, ziemlich verwegenes Blatt bevorzugte, das der später so famose, damals aber nur durch seinen roten Vollbart ausgezeichnete Gartenlauben-Keil herausgab. Müller war in unserem Kreise sehr beliebt und angesehen, aber doch nur, weil er, wie wir wußten, auf
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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