Und nun folgten vier Zeilen, in denen vom Apostel Paulus und sogar von Christus die Rede war, eine Stelle, die ich doch lieber weglasse. Zum Schluß aber hieß es dann weiter:
Sie haben dich dem Büttel übergeben, Ja, Deine Ehre schlug man an das Kreuz, Feig, wie sie sind, blieb Dir das nackte Leben, Du schleppst es hin, doch keine Freude beut's; Gestempelt, Du, zum Schelm und zum Verbrecher, Dess' Seele frei von jedem Makel ist, Dein Bettgenoß ein Dieb vielleicht, ein Schächer, Und alles nur, weil Du kein Sklave bist.
Wie lange noch soll dieses Treiben währen, Wie lange spielen wir, "verkehrte Welt"? Die Sklavenseele bettelt sich zu Ehren Und jede freie Männerseele fällt. Trostlose Wüste streckt sich ohne Grenzen Durch unser Land, - und träumt an schatt'gem Ort Je ein Oasenquell von künft'gen Lenzen, So naht der Samum und der Quell verdorrt.
Als Phrasengedicht ganz gut; ich komme weiterhin auf diesen heiklen Punkt zurück. Hier zunächst noch ein Wort über Kriege. Seine soldatischen Erlebnisse wurden wohl Grund und Ursache, daß er nach Absolvierung seiner Militärzeit den Staub von den Füßen schüttelte und nach Amerika ging. Ich weiß nicht mehr, in welcher Eigenschaft. Aber er war auch drüben kein vom Glück Begünstigter und ist, vom Fieber befallen, bald aus dieser Zeitlichkeit geschieden.
Und nun folgten vier Zeilen, in denen vom Apostel Paulus und sogar von Christus die Rede war, eine Stelle, die ich doch lieber weglasse. Zum Schluß aber hieß es dann weiter:
Sie haben dich dem Büttel übergeben, Ja, Deine Ehre schlug man an das Kreuz, Feig, wie sie sind, blieb Dir das nackte Leben, Du schleppst es hin, doch keine Freude beut’s; Gestempelt, Du, zum Schelm und zum Verbrecher, Dess’ Seele frei von jedem Makel ist, Dein Bettgenoß ein Dieb vielleicht, ein Schächer, Und alles nur, weil Du kein Sklave bist.
Wie lange noch soll dieses Treiben währen, Wie lange spielen wir, „verkehrte Welt“? Die Sklavenseele bettelt sich zu Ehren Und jede freie Männerseele fällt. Trostlose Wüste streckt sich ohne Grenzen Durch unser Land, – und träumt an schatt’gem Ort Je ein Oasenquell von künft’gen Lenzen, So naht der Samum und der Quell verdorrt.
Als Phrasengedicht ganz gut; ich komme weiterhin auf diesen heiklen Punkt zurück. Hier zunächst noch ein Wort über Kriege. Seine soldatischen Erlebnisse wurden wohl Grund und Ursache, daß er nach Absolvierung seiner Militärzeit den Staub von den Füßen schüttelte und nach Amerika ging. Ich weiß nicht mehr, in welcher Eigenschaft. Aber er war auch drüben kein vom Glück Begünstigter und ist, vom Fieber befallen, bald aus dieser Zeitlichkeit geschieden.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0147"n="138"/><p>Und nun folgten vier Zeilen, in denen vom Apostel Paulus und sogar von Christus die Rede war, eine Stelle, die ich doch lieber weglasse. Zum Schluß aber hieß es dann weiter:</p><lb/><lgtype="poem"><lgn="1"><l>Sie haben dich dem Büttel übergeben,</l><lb/><l>Ja, Deine Ehre schlug man an das Kreuz,</l><lb/><l>Feig, wie sie sind, blieb Dir das nackte Leben,</l><lb/><l>Du schleppst es hin, doch keine Freude beut’s;</l><lb/><l>Gestempelt, Du, zum Schelm und zum Verbrecher,</l><lb/><l>Dess’ Seele frei von jedem Makel ist,</l><lb/><l>Dein Bettgenoß ein Dieb vielleicht, ein Schächer,</l><lb/><l>Und alles nur, weil Du kein Sklave bist.</l><lb/></lg><lgn="2"><l>Wie lange noch soll dieses Treiben währen,</l><lb/><l>Wie lange spielen wir, „verkehrte Welt“?</l><lb/><l>Die Sklavenseele bettelt sich zu Ehren</l><lb/><l>Und jede <choice><sic>frei</sic><corr>freie</corr></choice> Männerseele fällt.</l><lb/><l>Trostlose Wüste streckt sich ohne Grenzen</l><lb/><l>Durch unser Land, – und träumt an schatt’gem Ort</l><lb/><l>Je ein Oasenquell von künft’gen Lenzen,</l><lb/><l>So naht der Samum und der Quell verdorrt.</l><lb/></lg></lg><p>Als Phrasengedicht ganz gut; ich komme weiterhin auf diesen heiklen Punkt zurück. Hier zunächst noch ein Wort über Kriege. Seine soldatischen Erlebnisse wurden wohl Grund und Ursache, daß er nach Absolvierung seiner Militärzeit den Staub von den Füßen schüttelte und nach Amerika ging. Ich weiß nicht mehr, in welcher Eigenschaft. Aber er war auch drüben kein vom Glück Begünstigter und ist, vom Fieber befallen, bald aus dieser Zeitlichkeit geschieden.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
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Und nun folgten vier Zeilen, in denen vom Apostel Paulus und sogar von Christus die Rede war, eine Stelle, die ich doch lieber weglasse. Zum Schluß aber hieß es dann weiter:
Sie haben dich dem Büttel übergeben,
Ja, Deine Ehre schlug man an das Kreuz,
Feig, wie sie sind, blieb Dir das nackte Leben,
Du schleppst es hin, doch keine Freude beut’s;
Gestempelt, Du, zum Schelm und zum Verbrecher,
Dess’ Seele frei von jedem Makel ist,
Dein Bettgenoß ein Dieb vielleicht, ein Schächer,
Und alles nur, weil Du kein Sklave bist.
Wie lange noch soll dieses Treiben währen,
Wie lange spielen wir, „verkehrte Welt“?
Die Sklavenseele bettelt sich zu Ehren
Und jede freie Männerseele fällt.
Trostlose Wüste streckt sich ohne Grenzen
Durch unser Land, – und träumt an schatt’gem Ort
Je ein Oasenquell von künft’gen Lenzen,
So naht der Samum und der Quell verdorrt.
Als Phrasengedicht ganz gut; ich komme weiterhin auf diesen heiklen Punkt zurück. Hier zunächst noch ein Wort über Kriege. Seine soldatischen Erlebnisse wurden wohl Grund und Ursache, daß er nach Absolvierung seiner Militärzeit den Staub von den Füßen schüttelte und nach Amerika ging. Ich weiß nicht mehr, in welcher Eigenschaft. Aber er war auch drüben kein vom Glück Begünstigter und ist, vom Fieber befallen, bald aus dieser Zeitlichkeit geschieden.
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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/147>, abgerufen am 23.07.2024.
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