Zwar aus dunklen Wolken weben Läßt sie sich des Kleides Saum, Aber frei darüber schweben Muß sie hoch im lichten Raum.
Ich war etwas niedergedonnert, erholte mich indessen rasch wieder und suchte mich nun in einer natürlich auch in Versen gehaltenen Antwort, so gut es ging, zu verteidigen. Dann aber brach ich mit einem Male die Verteidigung ab, machte die bekannten drei Sternchen und schloß meine Replik mit folgender, anscheinend bescheidenen, in Wahrheit aber ziemlich kecken Anfrage:
Eine Frage noch, die lange Schon auf meiner Lippe schwebt Und vor einer Antwort bange Aengstlich stets zurückgebebt.
Nun denn, schlechte Verse machen, Die nicht einen Heller wert, Die kaum wert, darob zu lachen, Das ist nicht mein Steckenpferd.
Kann ich nicht ein Herz bewegen, Sprechen nicht mit Geist zum Geist, Will ich mir ein Handwerk legen, Das mit Recht dann Handwerk heißt.
Fehlt von eines Dichters Wesen Jede Spur mir und Idee, Will ich, ohn' viel Federlesen Schaffen ein Autodafe.
Zwar aus dunklen Wolken weben Läßt sie sich des Kleides Saum, Aber frei darüber schweben Muß sie hoch im lichten Raum.
Ich war etwas niedergedonnert, erholte mich indessen rasch wieder und suchte mich nun in einer natürlich auch in Versen gehaltenen Antwort, so gut es ging, zu verteidigen. Dann aber brach ich mit einem Male die Verteidigung ab, machte die bekannten drei Sternchen und schloß meine Replik mit folgender, anscheinend bescheidenen, in Wahrheit aber ziemlich kecken Anfrage:
Eine Frage noch, die lange Schon auf meiner Lippe schwebt Und vor einer Antwort bange Aengstlich stets zurückgebebt.
Nun denn, schlechte Verse machen, Die nicht einen Heller wert, Die kaum wert, darob zu lachen, Das ist nicht mein Steckenpferd.
Kann ich nicht ein Herz bewegen, Sprechen nicht mit Geist zum Geist, Will ich mir ein Handwerk legen, Das mit Recht dann Handwerk heißt.
Fehlt von eines Dichters Wesen Jede Spur mir und Idee, Will ich, ohn’ viel Federlesen Schaffen ein Autodafé.
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Zwar aus dunklen Wolken weben
Läßt sie sich des Kleides Saum,
Aber frei darüber schweben
Muß sie hoch im lichten Raum.
Ich war etwas niedergedonnert, erholte mich indessen rasch wieder und suchte mich nun in einer natürlich auch in Versen gehaltenen Antwort, so gut es ging, zu verteidigen. Dann aber brach ich mit einem Male die Verteidigung ab, machte die bekannten drei Sternchen und schloß meine Replik mit folgender, anscheinend bescheidenen, in Wahrheit aber ziemlich kecken Anfrage:
Eine Frage noch, die lange
Schon auf meiner Lippe schwebt
Und vor einer Antwort bange
Aengstlich stets zurückgebebt.
Nun denn, schlechte Verse machen,
Die nicht einen Heller wert,
Die kaum wert, darob zu lachen,
Das ist nicht mein Steckenpferd.
Kann ich nicht ein Herz bewegen,
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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/133>, abgerufen am 16.02.2025.
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