Pardon. Aber es ist so. Hanisch braucht nicht für sich selbst zu sorgen, andre sorgen für ihn. Allmonatlich schicken wir ihm dreißig Speisemarken und wenn Sie Mittags zu Rosch gehn, so sind Sie sicher ihn da zu finden. Das Andre berechnen wir mit seiner Wirtin; immer bloß ein Minimum. Er lebt zu Hause von Wasser und Weißbrot, aber gut muß beides sein. Denn so wenig verwöhnt seine Zunge ist, so fein ist sie doch auch wieder, vielleicht weil sie so wenig verwöhnt ist."
Ich hörte dem allen wie beschämt zu.
Bald nachdem ich dies Gespräch mit Werner Hahn geführt hatte, brach Freund Hanisch wieder auf. Wohin, erfuhr ich nicht. Ich war in der angenehmen Lage, dem Scheidenden ein kleines Abschiedsfest geben zu können, dasselbe, das ich, mit einigen Details, in einem früheren Kapitel beschrieben habe.
Das war Spätsommer 40. Ich war dann jahrelang von Berlin fern und hörte nur aus Briefen, daß Hanisch sein Wanderleben in Genf und Paris fortsetze. Was dies alles bedeutete, hab' ich nicht erfahren können. Ich glaube, daß er irgend einem mit einer "Einheit" sich beschäftigenden Volksbund angehörte, wobei mir nur zweifelhaft bleibt, ob es nationale Einheit oder Zoll- und Handels-Einheit oder Religions-Einheit war. Oder vielleicht war es
Pardon. Aber es ist so. Hanisch braucht nicht für sich selbst zu sorgen, andre sorgen für ihn. Allmonatlich schicken wir ihm dreißig Speisemarken und wenn Sie Mittags zu Rosch gehn, so sind Sie sicher ihn da zu finden. Das Andre berechnen wir mit seiner Wirtin; immer bloß ein Minimum. Er lebt zu Hause von Wasser und Weißbrot, aber gut muß beides sein. Denn so wenig verwöhnt seine Zunge ist, so fein ist sie doch auch wieder, vielleicht weil sie so wenig verwöhnt ist.“
Ich hörte dem allen wie beschämt zu.
Bald nachdem ich dies Gespräch mit Werner Hahn geführt hatte, brach Freund Hanisch wieder auf. Wohin, erfuhr ich nicht. Ich war in der angenehmen Lage, dem Scheidenden ein kleines Abschiedsfest geben zu können, dasselbe, das ich, mit einigen Details, in einem früheren Kapitel beschrieben habe.
Das war Spätsommer 40. Ich war dann jahrelang von Berlin fern und hörte nur aus Briefen, daß Hanisch sein Wanderleben in Genf und Paris fortsetze. Was dies alles bedeutete, hab’ ich nicht erfahren können. Ich glaube, daß er irgend einem mit einer „Einheit“ sich beschäftigenden Volksbund angehörte, wobei mir nur zweifelhaft bleibt, ob es nationale Einheit oder Zoll- und Handels-Einheit oder Religions-Einheit war. Oder vielleicht war es
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Pardon. Aber es ist so. Hanisch braucht nicht für sich selbst zu sorgen, andre sorgen für ihn. Allmonatlich schicken wir ihm dreißig Speisemarken und wenn Sie Mittags zu Rosch gehn, so sind Sie sicher ihn da zu finden. Das Andre berechnen wir mit seiner Wirtin; immer bloß ein Minimum. Er lebt zu Hause von Wasser und Weißbrot, aber gut muß beides sein. Denn so wenig verwöhnt seine Zunge ist, so fein ist sie doch auch wieder, vielleicht weil sie so wenig verwöhnt ist.“</p><lb/><p>Ich hörte dem allen wie beschämt zu.</p><lb/><p>Bald nachdem ich dies Gespräch mit Werner Hahn geführt hatte, brach Freund Hanisch wieder auf. Wohin, erfuhr ich nicht. Ich war in der angenehmen Lage, dem Scheidenden ein kleines Abschiedsfest geben zu können, dasselbe, das ich, mit einigen Details, in einem früheren Kapitel beschrieben habe.</p><lb/><p>Das war Spätsommer 40. Ich war dann jahrelang von Berlin fern und hörte nur aus Briefen, daß Hanisch sein Wanderleben in Genf und Paris fortsetze. Was dies alles bedeutete, hab’ ich nicht erfahren können. Ich glaube, daß er irgend einem mit einer „Einheit“ sich beschäftigenden Volksbund angehörte, wobei mir nur zweifelhaft bleibt, ob es nationale Einheit oder Zoll- und Handels-Einheit oder Religions-Einheit war. Oder vielleicht war es<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
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Pardon. Aber es ist so. Hanisch braucht nicht für sich selbst zu sorgen, andre sorgen für ihn. Allmonatlich schicken wir ihm dreißig Speisemarken und wenn Sie Mittags zu Rosch gehn, so sind Sie sicher ihn da zu finden. Das Andre berechnen wir mit seiner Wirtin; immer bloß ein Minimum. Er lebt zu Hause von Wasser und Weißbrot, aber gut muß beides sein. Denn so wenig verwöhnt seine Zunge ist, so fein ist sie doch auch wieder, vielleicht weil sie so wenig verwöhnt ist.“
Ich hörte dem allen wie beschämt zu.
Bald nachdem ich dies Gespräch mit Werner Hahn geführt hatte, brach Freund Hanisch wieder auf. Wohin, erfuhr ich nicht. Ich war in der angenehmen Lage, dem Scheidenden ein kleines Abschiedsfest geben zu können, dasselbe, das ich, mit einigen Details, in einem früheren Kapitel beschrieben habe.
Das war Spätsommer 40. Ich war dann jahrelang von Berlin fern und hörte nur aus Briefen, daß Hanisch sein Wanderleben in Genf und Paris fortsetze. Was dies alles bedeutete, hab’ ich nicht erfahren können. Ich glaube, daß er irgend einem mit einer „Einheit“ sich beschäftigenden Volksbund angehörte, wobei mir nur zweifelhaft bleibt, ob es nationale Einheit oder Zoll- und Handels-Einheit oder Religions-Einheit war. Oder vielleicht war es
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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/109>, abgerufen am 16.02.2025.
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