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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.

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was ich um der Mama und auch um meinetwillen
wünsche, so würd es mir nicht schwer werden, mich
in eine Respektsstellung zu ihm hinein zu finden.

Und dazu noch eins. Du hast ihn nie für sehr
gescheidt gehalten, und ich meinerseits habe nur schüchtern
widersprochen. Er hat aber doch die beste Gescheit¬
heit, die mittlere, dazu die des redlichen Mannes. Ich
empfinde dies jedesmal, wenn er seine Fehde mit
Bülow führt. So sehr ihm dieser überlegen ist, so
sehr steht er doch hinter ihm zurück. Dabei fällt mir
mitunter auf, wie der Groll, der sich in unserm
Freunde regt, ihm eine gewisse Schlagfertigkeit, ja,
selbst Esprit verleiht. Gestern hat er Sander, dessen
Persönlichkeit Du kennst, den Bülowschen Sancho
Pansa genannt. Die weiteren Schlußfolgerungen er¬
geben sich von selbst, und ich find es nicht übel.

Sanders Publikationen machen mehr von sich
reden, denn je; die Zeit unterstützt das Interesse für
eine lediglich polemische Litteratur. Außer von Bülow
sind auch Aufsätze von Massenbach und Phull er¬
schienen, die von den Eingeweihten als etwas Besonderes
und nie Dagewesenes ausgepriesen werden. Alles
richtet sich gegen Österreich, und beweist aufs neue,
daß wer den Schaden hat, für den Spott nicht sorgen
darf. Schach ist empört über dies anmaßliche Besser¬
wissen, wie ers nennt, und wendet sich wieder seinen
alten Liebhabereien zu, Kupferstichen und Rennpferden.

was ich um der Mama und auch um meinetwillen
wünſche, ſo würd es mir nicht ſchwer werden, mich
in eine Reſpektsſtellung zu ihm hinein zu finden.

Und dazu noch eins. Du haſt ihn nie für ſehr
geſcheidt gehalten, und ich meinerſeits habe nur ſchüchtern
widerſprochen. Er hat aber doch die beſte Geſcheit¬
heit, die mittlere, dazu die des redlichen Mannes. Ich
empfinde dies jedesmal, wenn er ſeine Fehde mit
Bülow führt. So ſehr ihm dieſer überlegen iſt, ſo
ſehr ſteht er doch hinter ihm zurück. Dabei fällt mir
mitunter auf, wie der Groll, der ſich in unſerm
Freunde regt, ihm eine gewiſſe Schlagfertigkeit, ja,
ſelbſt Esprit verleiht. Geſtern hat er Sander, deſſen
Perſönlichkeit Du kennſt, den Bülowſchen Sancho
Panſa genannt. Die weiteren Schlußfolgerungen er¬
geben ſich von ſelbſt, und ich find es nicht übel.

Sanders Publikationen machen mehr von ſich
reden, denn je; die Zeit unterſtützt das Intereſſe für
eine lediglich polemiſche Litteratur. Außer von Bülow
ſind auch Aufſätze von Maſſenbach und Phull er¬
ſchienen, die von den Eingeweihten als etwas Beſonderes
und nie Dageweſenes ausgeprieſen werden. Alles
richtet ſich gegen Öſterreich, und beweiſt aufs neue,
daß wer den Schaden hat, für den Spott nicht ſorgen
darf. Schach iſt empört über dies anmaßliche Beſſer¬
wiſſen, wie ers nennt, und wendet ſich wieder ſeinen
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[66/0078] was ich um der Mama und auch um meinetwillen wünſche, ſo würd es mir nicht ſchwer werden, mich in eine Reſpektsſtellung zu ihm hinein zu finden. Und dazu noch eins. Du haſt ihn nie für ſehr geſcheidt gehalten, und ich meinerſeits habe nur ſchüchtern widerſprochen. Er hat aber doch die beſte Geſcheit¬ heit, die mittlere, dazu die des redlichen Mannes. Ich empfinde dies jedesmal, wenn er ſeine Fehde mit Bülow führt. So ſehr ihm dieſer überlegen iſt, ſo ſehr ſteht er doch hinter ihm zurück. Dabei fällt mir mitunter auf, wie der Groll, der ſich in unſerm Freunde regt, ihm eine gewiſſe Schlagfertigkeit, ja, ſelbſt Esprit verleiht. Geſtern hat er Sander, deſſen Perſönlichkeit Du kennſt, den Bülowſchen Sancho Panſa genannt. Die weiteren Schlußfolgerungen er¬ geben ſich von ſelbſt, und ich find es nicht übel. Sanders Publikationen machen mehr von ſich reden, denn je; die Zeit unterſtützt das Intereſſe für eine lediglich polemiſche Litteratur. Außer von Bülow ſind auch Aufſätze von Maſſenbach und Phull er¬ ſchienen, die von den Eingeweihten als etwas Beſonderes und nie Dageweſenes ausgeprieſen werden. Alles richtet ſich gegen Öſterreich, und beweiſt aufs neue, daß wer den Schaden hat, für den Spott nicht ſorgen darf. Schach iſt empört über dies anmaßliche Beſſer¬ wiſſen, wie ers nennt, und wendet ſich wieder ſeinen alten Liebhabereien zu, Kupferſtichen und Rennpferden.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/78>, abgerufen am 25.11.2024.