Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.Ahnlichkeitsbedürfniß des angeblichen Ritters von "Und er baute diese Kirche," fuhr die Kleine All das nahmen die Damen in Andacht hin, "Nein, aus seinen Lebzeiten nicht. Aber nachher." Alle horchten auf, am meisten das sofort einen "Aber was denn, Kind?" "Er lag hier vor dem Altar über hundert Jahre, Ahnlichkeitsbedürfniß des angeblichen Ritters von „Und er baute dieſe Kirche,“ fuhr die Kleine All das nahmen die Damen in Andacht hin, „Nein, aus ſeinen Lebzeiten nicht. Aber nachher.“ Alle horchten auf, am meiſten das ſofort einen „Aber was denn, Kind?“ „Er lag hier vor dem Altar über hundert Jahre, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0067" n="55"/> Ahnlichkeitsbedürfniß des angeblichen Ritters von<lb/> Tempelhof eine verwandte Saite in ihrem Herzen traf.</p><lb/> <p>„Und er baute dieſe Kirche,“ fuhr die Kleine<lb/> fort „und baute zuletzt auch das Dorf, und nannt es<lb/> Tempelhof, weil er ſelber Tempelhof hieß. Und die<lb/> Berliner ſagen „Templow“. Aber es iſt falſch.“</p><lb/> <p>All das nahmen die Damen in Andacht hin,<lb/> und nur Schach, der neugierig geworden war, fragte<lb/> weiter „ob ſie nicht das ein oder andre noch aus<lb/> den Lebzeiten des Ritters wiſſe?“</p><lb/> <p>„Nein, aus ſeinen Lebzeiten nicht. Aber nachher.“</p><lb/> <p>Alle horchten auf, am meiſten das ſofort einen<lb/> leiſen Gruſel verſpürende Tantchen, die Kleine hin¬<lb/> gegen fuhr in ruhigem Tone fort: „Ob es alles<lb/> ſo wahr iſt, wie die Leute ſagen, das weiß ich nicht.<lb/> Aber der alte Koſſäthe Maltuſch hat es noch mit<lb/> erlebt.“</p><lb/> <p>„Aber was denn, Kind?“</p><lb/> <p>„Er lag hier vor dem Altar über hundert Jahre,<lb/> bis es ihn ärgerte, daß die Bauern und Einſegnungs¬<lb/> kinder immer auf ihm herumſtanden, und ihm das<lb/> Geſicht abſchurrten, wenn ſie zum Abendmahl gingen.<lb/> Und der alte Maltutſch, der jetzt ins 90ſte geht, hat<lb/> mir und meinem Vater erzählt, er hab es noch mit<lb/> ſeinen eigenen Ohren gehört, daß es mitunter ſo ge¬<lb/> poltert und gerollt hätte, wie wenn es drüben über<lb/> Schmargendorf donnert.“<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [55/0067]
Ahnlichkeitsbedürfniß des angeblichen Ritters von
Tempelhof eine verwandte Saite in ihrem Herzen traf.
„Und er baute dieſe Kirche,“ fuhr die Kleine
fort „und baute zuletzt auch das Dorf, und nannt es
Tempelhof, weil er ſelber Tempelhof hieß. Und die
Berliner ſagen „Templow“. Aber es iſt falſch.“
All das nahmen die Damen in Andacht hin,
und nur Schach, der neugierig geworden war, fragte
weiter „ob ſie nicht das ein oder andre noch aus
den Lebzeiten des Ritters wiſſe?“
„Nein, aus ſeinen Lebzeiten nicht. Aber nachher.“
Alle horchten auf, am meiſten das ſofort einen
leiſen Gruſel verſpürende Tantchen, die Kleine hin¬
gegen fuhr in ruhigem Tone fort: „Ob es alles
ſo wahr iſt, wie die Leute ſagen, das weiß ich nicht.
Aber der alte Koſſäthe Maltuſch hat es noch mit
erlebt.“
„Aber was denn, Kind?“
„Er lag hier vor dem Altar über hundert Jahre,
bis es ihn ärgerte, daß die Bauern und Einſegnungs¬
kinder immer auf ihm herumſtanden, und ihm das
Geſicht abſchurrten, wenn ſie zum Abendmahl gingen.
Und der alte Maltutſch, der jetzt ins 90ſte geht, hat
mir und meinem Vater erzählt, er hab es noch mit
ſeinen eigenen Ohren gehört, daß es mitunter ſo ge¬
poltert und gerollt hätte, wie wenn es drüben über
Schmargendorf donnert.“
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