und sagte: "Das Geringste, was ich von einem sol¬ chen hundstäglichen April erwarten kann, sind Mai¬ kräuter, Asperula odorata Linnei. Denn ich hab auch Botanisches verlegt. Von dem Vorhandensein frischer Apfelsinen haben wir uns draußen mit Ge¬ fahr unseres Lebens überzeugt, und für den Mosel bürgt uns die Firma."
Der Herr am Pult rührte sich nicht, aber man sah deutlich, daß er mit seinem Rücken zustimmte, Bülow und Alvensleben thaten desgleichen, und Sander resolvierte kurz: "Also Maibowle."
Das Wort war absichtlich laut und mit der Be¬ tonung einer Ordre gesprochen worden, und im selben Augenblicke scholl es auch schon vom Drehstuhl her in das Kellerloch hinunter "Fritz!" Ein zunächst nur mit halber Figur aus der Versenkung auftauchender, dicker und kurzhalsiger Junge, wurde, wie wenn auf eine Feder gedrückt worden wäre, sofort sichtbar, über¬ sprang diensteifrig, indem er die Hand aufsetzte, die letzten zwei, drei Stufen und stand im Nu vor San¬ der, den er, allem Anscheine nach, am besten kannte.
"Sagen Sie, Fritz, wie verhält sich die Firma Sala Tarone zur Maibowle?"
"Gut. Sehr gut."
"Aber wir haben erst April, und so sehr ich im allgemeinen der Mann der Surrogate bin, so hass' ich doch eins: die Toncabohne. Die Toncabohne ge¬
und ſagte: „Das Geringſte, was ich von einem ſol¬ chen hundstäglichen April erwarten kann, ſind Mai¬ kräuter, Asperula odorata Linnéi. Denn ich hab auch Botaniſches verlegt. Von dem Vorhandenſein friſcher Apfelſinen haben wir uns draußen mit Ge¬ fahr unſeres Lebens überzeugt, und für den Moſel bürgt uns die Firma.“
Der Herr am Pult rührte ſich nicht, aber man ſah deutlich, daß er mit ſeinem Rücken zuſtimmte, Bülow und Alvensleben thaten desgleichen, und Sander reſolvierte kurz: „Alſo Maibowle.“
Das Wort war abſichtlich laut und mit der Be¬ tonung einer Ordre geſprochen worden, und im ſelben Augenblicke ſcholl es auch ſchon vom Drehſtuhl her in das Kellerloch hinunter „Fritz!“ Ein zunächſt nur mit halber Figur aus der Verſenkung auftauchender, dicker und kurzhalſiger Junge, wurde, wie wenn auf eine Feder gedrückt worden wäre, ſofort ſichtbar, über¬ ſprang dienſteifrig, indem er die Hand aufſetzte, die letzten zwei, drei Stufen und ſtand im Nu vor San¬ der, den er, allem Anſcheine nach, am beſten kannte.
„Sagen Sie, Fritz, wie verhält ſich die Firma Sala Tarone zur Maibowle?“
„Gut. Sehr gut.“
„Aber wir haben erſt April, und ſo ſehr ich im allgemeinen der Mann der Surrogate bin, ſo haſſ' ich doch eins: die Toncabohne. Die Toncabohne ge¬
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und ſagte: „Das Geringſte, was ich von einem ſol¬
chen hundstäglichen April erwarten kann, ſind Mai¬
kräuter, Asperula odorata Linnéi. Denn ich hab
auch Botaniſches verlegt. Von dem Vorhandenſein
friſcher Apfelſinen haben wir uns draußen mit Ge¬
fahr unſeres Lebens überzeugt, und für den Moſel
bürgt uns die Firma.“
Der Herr am Pult rührte ſich nicht, aber man
ſah deutlich, daß er mit ſeinem Rücken zuſtimmte,
Bülow und Alvensleben thaten desgleichen, und
Sander reſolvierte kurz: „Alſo Maibowle.“
Das Wort war abſichtlich laut und mit der Be¬
tonung einer Ordre geſprochen worden, und im ſelben
Augenblicke ſcholl es auch ſchon vom Drehſtuhl her in
das Kellerloch hinunter „Fritz!“ Ein zunächſt nur mit
halber Figur aus der Verſenkung auftauchender, dicker
und kurzhalſiger Junge, wurde, wie wenn auf eine
Feder gedrückt worden wäre, ſofort ſichtbar, über¬
ſprang dienſteifrig, indem er die Hand aufſetzte, die
letzten zwei, drei Stufen und ſtand im Nu vor San¬
der, den er, allem Anſcheine nach, am beſten kannte.
„Sagen Sie, Fritz, wie verhält ſich die Firma
Sala Tarone zur Maibowle?“
„Gut. Sehr gut.“
„Aber wir haben erſt April, und ſo ſehr ich im
allgemeinen der Mann der Surrogate bin, ſo haſſ'
ich doch eins: die Toncabohne. Die Toncabohne ge¬
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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/37>, abgerufen am 22.07.2024.
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