Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.mich gerichteten Zeilen, so wär es in Wahrheit so. Alles Weh! Ach wie so fremd und strafend mich Das Kleine, Dein Pathchen, war krank bis auf Und davon muß ich Dir erzählen. Als der Arzt nicht mehr Hilfe wußte, ging ich mich gerichteten Zeilen, ſo wär es in Wahrheit ſo. Alles Weh! Ach wie ſo fremd und ſtrafend mich Das Kleine, Dein Pathchen, war krank bis auf Und davon muß ich Dir erzählen. Als der Arzt nicht mehr Hilfe wußte, ging ich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0240" n="228"/> mich gerichteten Zeilen, ſo wär es in Wahrheit ſo.<lb/> Doch ich mißtraue dieſem ſüßen Wort. Denn er war<lb/> voll Weichheit und Mitgefühl, und alles Weh, was er<lb/> mir bereitet hat, durch ſein Leben und ſein Sterben,<lb/> er wollt es ausgleichen, ſo weit es auszugleichen war.</p><lb/> <p>Alles Weh! Ach wie ſo fremd und ſtrafend mich<lb/> dieſes Wort anſieht! Nein, meine liebe Liſette, nichts<lb/> von Weh. Ich hatte früh reſigniert, und vermeinte<lb/> kein Anrecht an jenes Schönſte zu haben, was das<lb/> Leben hat. Und nun hab ich es gehabt. Liebe. Wie<lb/> mich das erhebt und durchzittert, und alles Weh in<lb/> Wonne verkehrt. Da liegt das Kind und ſchlägt eben<lb/> die blauen Augen auf. <hi rendition="#g">Seine</hi> Augen. Nein, Liſette,<lb/> viel Schweres iſt mir auferlegt worden, aber es federt<lb/> leicht in die Luft, gewogen neben meinem Glück.</p><lb/> <p>Das Kleine, Dein Pathchen, war krank bis auf<lb/> den Tod, und nur durch ein Wunder iſt es mir er¬<lb/> halten geblieben.</p><lb/> <p>Und davon muß ich Dir erzählen.</p><lb/> <p>Als der Arzt nicht mehr Hilfe wußte, ging ich<lb/> mit unſerer Wirtin (einer ächten alten Römerin in<lb/> ihrem Stolz und ihrer Herzensgüte) nach der Kirche<lb/> Araceli hinauf, einem neben dem Kapitol gelegenen<lb/> alten Rundbogenbau, wo ſie den ,Bambino,‘ das<lb/> Chriſtkind, aufbewahren, eine hölzerne Wickelpuppe<lb/> mit großen Glasaugen und einem ganzen Diadem<lb/> von Ringen, wie ſie dem Chriſtkind, um ſeiner ge¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [228/0240]
mich gerichteten Zeilen, ſo wär es in Wahrheit ſo.
Doch ich mißtraue dieſem ſüßen Wort. Denn er war
voll Weichheit und Mitgefühl, und alles Weh, was er
mir bereitet hat, durch ſein Leben und ſein Sterben,
er wollt es ausgleichen, ſo weit es auszugleichen war.
Alles Weh! Ach wie ſo fremd und ſtrafend mich
dieſes Wort anſieht! Nein, meine liebe Liſette, nichts
von Weh. Ich hatte früh reſigniert, und vermeinte
kein Anrecht an jenes Schönſte zu haben, was das
Leben hat. Und nun hab ich es gehabt. Liebe. Wie
mich das erhebt und durchzittert, und alles Weh in
Wonne verkehrt. Da liegt das Kind und ſchlägt eben
die blauen Augen auf. Seine Augen. Nein, Liſette,
viel Schweres iſt mir auferlegt worden, aber es federt
leicht in die Luft, gewogen neben meinem Glück.
Das Kleine, Dein Pathchen, war krank bis auf
den Tod, und nur durch ein Wunder iſt es mir er¬
halten geblieben.
Und davon muß ich Dir erzählen.
Als der Arzt nicht mehr Hilfe wußte, ging ich
mit unſerer Wirtin (einer ächten alten Römerin in
ihrem Stolz und ihrer Herzensgüte) nach der Kirche
Araceli hinauf, einem neben dem Kapitol gelegenen
alten Rundbogenbau, wo ſie den ,Bambino,‘ das
Chriſtkind, aufbewahren, eine hölzerne Wickelpuppe
mit großen Glasaugen und einem ganzen Diadem
von Ringen, wie ſie dem Chriſtkind, um ſeiner ge¬
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