spielsweise "Liebe, wunderbare Fee, Selbst dein Wehe thut nicht weh", aller kleinen und undeutlichen Schrift unerachtet, entziffert und verlesen worden waren, er¬ hob man sich von der Tafel. Alvensleben führte Frau von Carayon, Sander Tante Marguerite, bei welcher Gelegenheit, und zwar über das Ruth-Thema, von Seiten Sanders allerlei kleine Neckereien verübt wurden, Neckereien, die der Tante so sehr gefielen, daß sie Victoiren, als der Kaffee serviert wurde, zuflüsterte: "Charmanter Herr. Und so galant. Und so bedeu¬ tungsvoll."
Schach sprach viel mit Sander, erkundigte sich nach Bülow, "der ihm zwar nie sympathisch, aber trotz all seiner Schrullen immer ein Gegenstand des Interesses gewesen sei" und bat Sander, ihm, bei sich darbietender Gelegenheit, dies ausdrücken zu wollen. In allem was er sagte, sprach sich Freundlichkeit und ein Hang nach Versöhnung aus.
In diesem Hange nach Versöhnung stand er aber nicht allein da, sondern begegnete sich darin mit Frau von Carayon. Als ihm diese persönlich eine zweite Tasse präsentierte, sagte sie, während er den Zucker aus der Schale nahm: "Auf ein Wort, lieber Schach. Aber im Nebenzimmer."
Und sie ging ihm dahin vorauf.
"Lieber Schach," begann sie, hier auf einem gro߬ geblümten Kanapee Platz nehmend, von dem aus
ſpielsweiſe „Liebe, wunderbare Fee, Selbſt dein Wehe thut nicht weh“, aller kleinen und undeutlichen Schrift unerachtet, entziffert und verleſen worden waren, er¬ hob man ſich von der Tafel. Alvensleben führte Frau von Carayon, Sander Tante Marguerite, bei welcher Gelegenheit, und zwar über das Ruth-Thema, von Seiten Sanders allerlei kleine Neckereien verübt wurden, Neckereien, die der Tante ſo ſehr gefielen, daß ſie Victoiren, als der Kaffee ſerviert wurde, zuflüſterte: „Charmanter Herr. Und ſo galant. Und ſo bedeu¬ tungsvoll.“
Schach ſprach viel mit Sander, erkundigte ſich nach Bülow, „der ihm zwar nie ſympathiſch, aber trotz all ſeiner Schrullen immer ein Gegenſtand des Intereſſes geweſen ſei“ und bat Sander, ihm, bei ſich darbietender Gelegenheit, dies ausdrücken zu wollen. In allem was er ſagte, ſprach ſich Freundlichkeit und ein Hang nach Verſöhnung aus.
In dieſem Hange nach Verſöhnung ſtand er aber nicht allein da, ſondern begegnete ſich darin mit Frau von Carayon. Als ihm dieſe perſönlich eine zweite Taſſe präſentierte, ſagte ſie, während er den Zucker aus der Schale nahm: „Auf ein Wort, lieber Schach. Aber im Nebenzimmer.“
Und ſie ging ihm dahin vorauf.
„Lieber Schach,“ begann ſie, hier auf einem gro߬ geblümten Kanapee Platz nehmend, von dem aus
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ſpielsweiſe „Liebe, wunderbare Fee, Selbſt dein Wehe
thut nicht weh“, aller kleinen und undeutlichen Schrift
unerachtet, entziffert und verleſen worden waren, er¬
hob man ſich von der Tafel. Alvensleben führte
Frau von Carayon, Sander Tante Marguerite, bei
welcher Gelegenheit, und zwar über das Ruth-Thema,
von Seiten Sanders allerlei kleine Neckereien verübt
wurden, Neckereien, die der Tante ſo ſehr gefielen, daß
ſie Victoiren, als der Kaffee ſerviert wurde, zuflüſterte:
„Charmanter Herr. Und ſo galant. Und ſo bedeu¬
tungsvoll.“
Schach ſprach viel mit Sander, erkundigte ſich
nach Bülow, „der ihm zwar nie ſympathiſch, aber
trotz all ſeiner Schrullen immer ein Gegenſtand des
Intereſſes geweſen ſei“ und bat Sander, ihm, bei ſich
darbietender Gelegenheit, dies ausdrücken zu wollen.
In allem was er ſagte, ſprach ſich Freundlichkeit und
ein Hang nach Verſöhnung aus.
In dieſem Hange nach Verſöhnung ſtand er
aber nicht allein da, ſondern begegnete ſich darin mit
Frau von Carayon. Als ihm dieſe perſönlich eine
zweite Taſſe präſentierte, ſagte ſie, während er den
Zucker aus der Schale nahm: „Auf ein Wort, lieber
Schach. Aber im Nebenzimmer.“
Und ſie ging ihm dahin vorauf.
„Lieber Schach,“ begann ſie, hier auf einem gro߬
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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/226>, abgerufen am 22.07.2024.
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