"Es ist etwas gewagt," fuhr die Königin fort, "daß ich Sie habe bitten lassen. Aber der König, der anfänglich dagegen war und mich darüber verspottete, hat es schließlich gestattet. Ich bin eben eine Frau, und es wäre hart, wenn ich mich meiner Frauenart entschlagen müßte, nur weil ich eine Königin bin. Als Frau aber interessiert mich alles, was unser Geschlecht angeht, und was ging uns näher an als eine solche question d'amour."
"Majestät sind so gnädig."
"Nicht gegen Sie, lieber Schach. Es ist um des Fräuleins willen . . Der König hat mir alles er¬ zählt, und Köckritz hat von dem Seinen hinzugethan. Es war denselben Tag, als ich von Pyrmont wieder in Paretz eintraf, und ich kann Ihnen kaum aussprechen, wie groß meine Teilnahme mit dem Fräulein war. Und nun wollen Sie, gerade Sie, dem lieben Kinde diese Teilnahme versagen und mit dieser Teilnahme zugleich sein Recht. Das ist unmöglich. Ich kenne Sie so lange Zeit und habe Sie jederzeit als einen Kavalier und Mann von Ehre befunden. Und dabei, denk ich, belassen wirs. Ich habe von den Spott¬ bildern gehört, die publiziert worden sind, und diese Bilder, so nehm ich an, haben Sie verwirrt und Ihnen Ihr ruhiges Urteil genommen. Ich begreife das, weiß ich doch aus allereigenster Erfahrung, wie weh der¬
„Zu Befehl, Ew. Majeſtät.“
„Es iſt etwas gewagt,“ fuhr die Königin fort, „daß ich Sie habe bitten laſſen. Aber der König, der anfänglich dagegen war und mich darüber verſpottete, hat es ſchließlich geſtattet. Ich bin eben eine Frau, und es wäre hart, wenn ich mich meiner Frauenart entſchlagen müßte, nur weil ich eine Königin bin. Als Frau aber intereſſiert mich alles, was unſer Geſchlecht angeht, und was ging uns näher an als eine ſolche question d'amour.“
„Majeſtät ſind ſo gnädig.“
„Nicht gegen Sie, lieber Schach. Es iſt um des Fräuleins willen . . Der König hat mir alles er¬ zählt, und Köckritz hat von dem Seinen hinzugethan. Es war denſelben Tag, als ich von Pyrmont wieder in Paretz eintraf, und ich kann Ihnen kaum ausſprechen, wie groß meine Teilnahme mit dem Fräulein war. Und nun wollen Sie, gerade Sie, dem lieben Kinde dieſe Teilnahme verſagen und mit dieſer Teilnahme zugleich ſein Recht. Das iſt unmöglich. Ich kenne Sie ſo lange Zeit und habe Sie jederzeit als einen Kavalier und Mann von Ehre befunden. Und dabei, denk ich, belaſſen wirs. Ich habe von den Spott¬ bildern gehört, die publiziert worden ſind, und dieſe Bilder, ſo nehm ich an, haben Sie verwirrt und Ihnen Ihr ruhiges Urteil genommen. Ich begreife das, weiß ich doch aus allereigenſter Erfahrung, wie weh der¬
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„Zu Befehl, Ew. Majeſtät.“
„Es iſt etwas gewagt,“ fuhr die Königin fort,
„daß ich Sie habe bitten laſſen. Aber der König, der
anfänglich dagegen war und mich darüber verſpottete,
hat es ſchließlich geſtattet. Ich bin eben eine Frau,
und es wäre hart, wenn ich mich meiner Frauenart
entſchlagen müßte, nur weil ich eine Königin bin.
Als Frau aber intereſſiert mich alles, was unſer
Geſchlecht angeht, und was ging uns näher an als
eine ſolche question d'amour.“
„Majeſtät ſind ſo gnädig.“
„Nicht gegen Sie, lieber Schach. Es iſt um des
Fräuleins willen . . Der König hat mir alles er¬
zählt, und Köckritz hat von dem Seinen hinzugethan.
Es war denſelben Tag, als ich von Pyrmont wieder
in Paretz eintraf, und ich kann Ihnen kaum ausſprechen,
wie groß meine Teilnahme mit dem Fräulein war.
Und nun wollen Sie, gerade Sie, dem lieben Kinde
dieſe Teilnahme verſagen und mit dieſer Teilnahme
zugleich ſein Recht. Das iſt unmöglich. Ich kenne
Sie ſo lange Zeit und habe Sie jederzeit als einen
Kavalier und Mann von Ehre befunden. Und dabei,
denk ich, belaſſen wirs. Ich habe von den Spott¬
bildern gehört, die publiziert worden ſind, und dieſe
Bilder, ſo nehm ich an, haben Sie verwirrt und Ihnen
Ihr ruhiges Urteil genommen. Ich begreife das, weiß
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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/210>, abgerufen am 22.07.2024.
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