ob er Sie hören will oder nicht. Und nun noch ein¬ mal, seien Sie gutes Mutes. Sie dürfen es."
Und damit nahm er Hut und Stock, und trat durch eine kleine Seitentür unmittelbar in den Park hinaus.
In dem Empfangszimmer, in dem Frau von Ca¬ rayon zurückgeblieben war, hingen allerlei Buntdruck¬ bilder, wie sie damals von England her in der Mode waren: Engelsköpfe von Josua Reynolds, Landschaften von Gainsborough, auch ein paar Nachbildungen italienischer Meisterwerke, darunter eine büßende Mag¬ dalena. War es die von Correggio? Das wunder¬ voll tiefblau getönte Tuch, das die Büßende halb verhüllte, fesselte Frau von Carayons Aufmerksam¬ keit, und sie trat heran, um sich über den Maler zu vergewissern. Aber ehe sie noch seinen Namen ent¬ ziffern konnte, kehrte der alte General zurück, und bat seinen Schützling ihm zu folgen.
Und so traten sie denn in den Park, drin eine tiefe Stille herrschte. Zwischen Birken und Edeltannen hin schlängelte sich der Weg und führte bis an eine künstliche, von Moos und Epheu überwachsene Fels¬ wand, in deren Front (der alte Köckritz war jetzt zu¬ rückgeblieben) der König auf einer Steinbank saß.
Er erhob sich, als er die schöne Frau sich nähern sah, und trat ihr ernst und freundlich entgegen. Frau von Carayon wollte sich auf ein Knie niederlassen, der
ob er Sie hören will oder nicht. Und nun noch ein¬ mal, ſeien Sie gutes Mutes. Sie dürfen es.“
Und damit nahm er Hut und Stock, und trat durch eine kleine Seitentür unmittelbar in den Park hinaus.
In dem Empfangszimmer, in dem Frau von Ca¬ rayon zurückgeblieben war, hingen allerlei Buntdruck¬ bilder, wie ſie damals von England her in der Mode waren: Engelsköpfe von Joſua Reynolds, Landſchaften von Gainsborough, auch ein paar Nachbildungen italieniſcher Meiſterwerke, darunter eine büßende Mag¬ dalena. War es die von Correggio? Das wunder¬ voll tiefblau getönte Tuch, das die Büßende halb verhüllte, feſſelte Frau von Carayons Aufmerkſam¬ keit, und ſie trat heran, um ſich über den Maler zu vergewiſſern. Aber ehe ſie noch ſeinen Namen ent¬ ziffern konnte, kehrte der alte General zurück, und bat ſeinen Schützling ihm zu folgen.
Und ſo traten ſie denn in den Park, drin eine tiefe Stille herrſchte. Zwiſchen Birken und Edeltannen hin ſchlängelte ſich der Weg und führte bis an eine künſtliche, von Moos und Epheu überwachſene Fels¬ wand, in deren Front (der alte Köckritz war jetzt zu¬ rückgeblieben) der König auf einer Steinbank ſaß.
Er erhob ſich, als er die ſchöne Frau ſich nähern ſah, und trat ihr ernſt und freundlich entgegen. Frau von Carayon wollte ſich auf ein Knie niederlaſſen, der
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ob er Sie hören will oder nicht. Und nun noch ein¬
mal, ſeien Sie gutes Mutes. Sie dürfen es.“
Und damit nahm er Hut und Stock, und trat
durch eine kleine Seitentür unmittelbar in den Park
hinaus.
In dem Empfangszimmer, in dem Frau von Ca¬
rayon zurückgeblieben war, hingen allerlei Buntdruck¬
bilder, wie ſie damals von England her in der Mode
waren: Engelsköpfe von Joſua Reynolds, Landſchaften
von Gainsborough, auch ein paar Nachbildungen
italieniſcher Meiſterwerke, darunter eine büßende Mag¬
dalena. War es die von Correggio? Das wunder¬
voll tiefblau getönte Tuch, das die Büßende halb
verhüllte, feſſelte Frau von Carayons Aufmerkſam¬
keit, und ſie trat heran, um ſich über den Maler zu
vergewiſſern. Aber ehe ſie noch ſeinen Namen ent¬
ziffern konnte, kehrte der alte General zurück, und
bat ſeinen Schützling ihm zu folgen.
Und ſo traten ſie denn in den Park, drin eine
tiefe Stille herrſchte. Zwiſchen Birken und Edeltannen
hin ſchlängelte ſich der Weg und führte bis an eine
künſtliche, von Moos und Epheu überwachſene Fels¬
wand, in deren Front (der alte Köckritz war jetzt zu¬
rückgeblieben) der König auf einer Steinbank ſaß.
Er erhob ſich, als er die ſchöne Frau ſich nähern
ſah, und trat ihr ernſt und freundlich entgegen. Frau
von Carayon wollte ſich auf ein Knie niederlaſſen, der
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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/204>, abgerufen am 22.07.2024.
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