ein, und war nun erst im Stande, sich all der Kleinigkeiten zu freun, die die "gute Stube" schmückten. Über dem Sopha hingen zwei kleine Kalenderbildchen, Anekdoten aus dem Leben des Großen Königs dar¬ stellend, "Du, du" stand unter dem einen, und "Bon soir, Messieurs" unter dem andern. Um die Bilder¬ chen und ihre Goldborte herum hingen zwei dicke Immortellenkränze mit schwarzen und weißen Schleifen daran, während auf dem kleinen, niedrigen Ofen eine Vase mit Zittergras stand. Das Hauptschmuckstück aber war ein Schilderhäuschen mit rotem Dach, in dem früher, aller Wahrscheinlichkeit nach, ein Eich¬ kätzchen gehaust und seinen Futterwagen an der Kette herangezogen hatte. Jetzt war es leer, und der Wagen hatte stille Tage.
Schach war eben mit seiner Musterung fertig, als ihm auch schon gemeldet wurde: "daß drüben alles klar sei".
Und wirklich, als er in den Gartensalon eintrat, der ihm ein Nachtlager so beharrlich verweigert hatte, war er überrascht, was Ordnungssinn und ein paar freundliche Hände mittlerweile daraus gemacht hatten. Thür und Fenster standen auf, die Morgensonne füllte den Raum mit Licht und aller Staub war von Tisch und Sopha verschwunden. Einen Augenblick später erschien auch schon Krists Frau mit dem Kaffe, die Semmeln in einen Korb gelegt, und als Schach eben
ein, und war nun erſt im Stande, ſich all der Kleinigkeiten zu freun, die die „gute Stube“ ſchmückten. Über dem Sopha hingen zwei kleine Kalenderbildchen, Anekdoten aus dem Leben des Großen Königs dar¬ ſtellend, „Du, du“ ſtand unter dem einen, und „Bon soir, Messieurs“ unter dem andern. Um die Bilder¬ chen und ihre Goldborte herum hingen zwei dicke Immortellenkränze mit ſchwarzen und weißen Schleifen daran, während auf dem kleinen, niedrigen Ofen eine Vaſe mit Zittergras ſtand. Das Hauptſchmuckſtück aber war ein Schilderhäuschen mit rotem Dach, in dem früher, aller Wahrſcheinlichkeit nach, ein Eich¬ kätzchen gehauſt und ſeinen Futterwagen an der Kette herangezogen hatte. Jetzt war es leer, und der Wagen hatte ſtille Tage.
Schach war eben mit ſeiner Muſterung fertig, als ihm auch ſchon gemeldet wurde: „daß drüben alles klar ſei“.
Und wirklich, als er in den Gartenſalon eintrat, der ihm ein Nachtlager ſo beharrlich verweigert hatte, war er überraſcht, was Ordnungsſinn und ein paar freundliche Hände mittlerweile daraus gemacht hatten. Thür und Fenſter ſtanden auf, die Morgenſonne füllte den Raum mit Licht und aller Staub war von Tiſch und Sopha verſchwunden. Einen Augenblick ſpäter erſchien auch ſchon Kriſts Frau mit dem Kaffe, die Semmeln in einen Korb gelegt, und als Schach eben
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0177"n="165"/>
ein, und war nun erſt im Stande, ſich all der<lb/>
Kleinigkeiten zu freun, die die „gute Stube“ſchmückten.<lb/>
Über dem Sopha hingen zwei kleine Kalenderbildchen,<lb/>
Anekdoten aus dem Leben des Großen Königs dar¬<lb/>ſtellend, „Du, du“ſtand unter dem einen, und „<hirendition="#aq">Bon<lb/>
soir, Messieurs</hi>“ unter dem andern. Um die Bilder¬<lb/>
chen und ihre Goldborte herum hingen zwei dicke<lb/>
Immortellenkränze mit ſchwarzen und weißen Schleifen<lb/>
daran, während auf dem kleinen, niedrigen Ofen eine<lb/>
Vaſe mit Zittergras ſtand. Das Hauptſchmuckſtück<lb/>
aber war ein Schilderhäuschen mit rotem Dach, in<lb/>
dem früher, aller Wahrſcheinlichkeit nach, ein Eich¬<lb/>
kätzchen gehauſt und ſeinen Futterwagen an der Kette<lb/>
herangezogen hatte. Jetzt war es leer, und der Wagen<lb/>
hatte ſtille Tage.</p><lb/><p>Schach war eben mit ſeiner Muſterung fertig,<lb/>
als ihm auch ſchon gemeldet wurde: „daß drüben alles<lb/>
klar ſei“.</p><lb/><p>Und wirklich, als er in den Gartenſalon eintrat,<lb/>
der ihm ein Nachtlager ſo beharrlich verweigert hatte,<lb/>
war er überraſcht, was Ordnungsſinn und ein paar<lb/>
freundliche Hände mittlerweile daraus gemacht hatten.<lb/>
Thür und Fenſter ſtanden auf, die Morgenſonne füllte<lb/>
den Raum mit Licht und aller Staub war von Tiſch<lb/>
und Sopha verſchwunden. Einen Augenblick ſpäter<lb/>
erſchien auch ſchon Kriſts Frau mit dem Kaffe, die<lb/>
Semmeln in einen Korb gelegt, und als Schach eben<lb/></p></div></body></text></TEI>
[165/0177]
ein, und war nun erſt im Stande, ſich all der
Kleinigkeiten zu freun, die die „gute Stube“ ſchmückten.
Über dem Sopha hingen zwei kleine Kalenderbildchen,
Anekdoten aus dem Leben des Großen Königs dar¬
ſtellend, „Du, du“ ſtand unter dem einen, und „Bon
soir, Messieurs“ unter dem andern. Um die Bilder¬
chen und ihre Goldborte herum hingen zwei dicke
Immortellenkränze mit ſchwarzen und weißen Schleifen
daran, während auf dem kleinen, niedrigen Ofen eine
Vaſe mit Zittergras ſtand. Das Hauptſchmuckſtück
aber war ein Schilderhäuschen mit rotem Dach, in
dem früher, aller Wahrſcheinlichkeit nach, ein Eich¬
kätzchen gehauſt und ſeinen Futterwagen an der Kette
herangezogen hatte. Jetzt war es leer, und der Wagen
hatte ſtille Tage.
Schach war eben mit ſeiner Muſterung fertig,
als ihm auch ſchon gemeldet wurde: „daß drüben alles
klar ſei“.
Und wirklich, als er in den Gartenſalon eintrat,
der ihm ein Nachtlager ſo beharrlich verweigert hatte,
war er überraſcht, was Ordnungsſinn und ein paar
freundliche Hände mittlerweile daraus gemacht hatten.
Thür und Fenſter ſtanden auf, die Morgenſonne füllte
den Raum mit Licht und aller Staub war von Tiſch
und Sopha verſchwunden. Einen Augenblick ſpäter
erſchien auch ſchon Kriſts Frau mit dem Kaffe, die
Semmeln in einen Korb gelegt, und als Schach eben
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/177>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.