gang fortzusetzen, und kehrte in seine Wohnung zurück.
Um Mittag empfing Sander ein Billet von Bülow: "Lieber Sander. Eben erhalt ich eine Karrikatur, die man auf Schach und die Carayonschen Damen gemacht hat. In Zweifel darüber, ob Sie dieselbe schon kennen, schließ ich sie diesen Zeilen bei. Bitte, suchen Sie dem Ursprunge nachzugehn. Sie wissen ja alles, und hören das Berliner Gras wachsen. Ich meinseits bin empört. Nicht Schachs halber, der diesen ,Schach von Persien' einigermaßen verdient (denn er ist wirklich so was), aber der Carayons halber. Die liebenswürdige Victoire! So bloßgestellt zu werden. Alles Schlechte nehmen wir uns von den Franzosen an, und an ihrem Guten, wohin auch die Gentilezza gehört, gehen wir vorüber. Ihr B."
Sander warf nur einen flüchtigen Blick auf das Bild, das er kannte, setzte sich an sein Pult und antwortete: "Mon General! Ich brauche dem Ursprunge nicht nachzugehen, er ist mir nachgegangen. Vor etwa vier, fünf Tagen erschien ein Herr in meinem Kontor und befragte mich, ob ich mich dazu verstehen würde, den Vertrieb einiger Zeichnungen in die Hand zu nehmen. Als ich sah, um was es sich handelte, lehnt ich ab. Es waren drei Blätter, darunter auch le choix du Schach. Der bei mir erschienene Herr gerierte sich als ein Fremder, aber er sprach, alles
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gang fortzuſetzen, und kehrte in ſeine Wohnung zurück.
Um Mittag empfing Sander ein Billet von Bülow: „Lieber Sander. Eben erhalt ich eine Karrikatur, die man auf Schach und die Carayonſchen Damen gemacht hat. In Zweifel darüber, ob Sie dieſelbe ſchon kennen, ſchließ ich ſie dieſen Zeilen bei. Bitte, ſuchen Sie dem Urſprunge nachzugehn. Sie wiſſen ja alles, und hören das Berliner Gras wachſen. Ich meinſeits bin empört. Nicht Schachs halber, der dieſen ‚Schach von Perſien‘ einigermaßen verdient (denn er iſt wirklich ſo was), aber der Carayons halber. Die liebenswürdige Victoire! So bloßgeſtellt zu werden. Alles Schlechte nehmen wir uns von den Franzoſen an, und an ihrem Guten, wohin auch die Gentilezza gehört, gehen wir vorüber. Ihr B.“
Sander warf nur einen flüchtigen Blick auf das Bild, das er kannte, ſetzte ſich an ſein Pult und antwortete: „Mon Général! Ich brauche dem Urſprunge nicht nachzugehen, er iſt mir nachgegangen. Vor etwa vier, fünf Tagen erſchien ein Herr in meinem Kontor und befragte mich, ob ich mich dazu verſtehen würde, den Vertrieb einiger Zeichnungen in die Hand zu nehmen. Als ich ſah, um was es ſich handelte, lehnt ich ab. Es waren drei Blätter, darunter auch le choix du Schach. Der bei mir erſchienene Herr gerierte ſich als ein Fremder, aber er ſprach, alles
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gang fortzuſetzen, und kehrte in ſeine Wohnung
zurück.
Um Mittag empfing Sander ein Billet von Bülow:
„Lieber Sander. Eben erhalt ich eine Karrikatur,
die man auf Schach und die Carayonſchen Damen
gemacht hat. In Zweifel darüber, ob Sie dieſelbe
ſchon kennen, ſchließ ich ſie dieſen Zeilen bei. Bitte,
ſuchen Sie dem Urſprunge nachzugehn. Sie wiſſen
ja alles, und hören das Berliner Gras wachſen. Ich
meinſeits bin empört. Nicht Schachs halber, der
dieſen ‚Schach von Perſien‘ einigermaßen verdient
(denn er iſt wirklich ſo was), aber der Carayons
halber. Die liebenswürdige Victoire! So bloßgeſtellt
zu werden. Alles Schlechte nehmen wir uns von den
Franzoſen an, und an ihrem Guten, wohin auch die
Gentilezza gehört, gehen wir vorüber. Ihr B.“
Sander warf nur einen flüchtigen Blick auf das Bild,
das er kannte, ſetzte ſich an ſein Pult und antwortete:
„Mon Général! Ich brauche dem Urſprunge nicht
nachzugehen, er iſt mir nachgegangen. Vor etwa
vier, fünf Tagen erſchien ein Herr in meinem Kontor
und befragte mich, ob ich mich dazu verſtehen würde,
den Vertrieb einiger Zeichnungen in die Hand zu
nehmen. Als ich ſah, um was es ſich handelte, lehnt
ich ab. Es waren drei Blätter, darunter auch le
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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/159>, abgerufen am 22.07.2024.
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