seit wenig Wochen erst heimisch in diesem Kreise, sich nichtsdestoweniger bereits eine dominierende Stellung innerhalb desselben errungen hatten. Am entschieden¬ sten der um einige Jahre jüngere von beiden, ein ehemaliger Stabskapitän, der, nach einem abenteuern¬ den Leben in England und den Unionsstaaten in die Heimat zurückgekehrt, allgemein als das Haupt jener militärischen Frondeurs angesehen wurde, die damals die politische Meinung der Hauptstadt machten, beziehungsweise terrorisierten. Sein Name war v. Bülow. Nonchalance gehörte mit zur Genialität, und so focht er denn, beide Füße weit vorgestreckt und die linke Hand in der Hosentasche, mit seiner Rechten in der Luft umher, um durch lebhafte Gesti¬ kulationen seinem Kathedervortrage Nachdruck zu geben. Er konnte, wie seine Freunde sagten, nur sprechen um Vortrag zu halten, und -- er sprach eigentlich immer. Der starke Herr neben ihm war der Verleger seiner Schriften, Herr Daniel Sander, im Übrigen aber sein vollkommener Widerpart, wenigstens in allem was Erscheinung anging. Ein schwarzer Vollbart um¬ rahmte sein Gesicht, das ebensoviel Behagen wie Sarkasmus ausdrückte, während ihm der in der Taille knapp anschließende Rock von niederländischem Tuche sein Embonpoint zusammenschnürte. Was den Gegen¬ satz vollendete, war die feinste weiße Wäsche, worin Bülow keineswegs excellierte.
ſeit wenig Wochen erſt heimiſch in dieſem Kreiſe, ſich nichtsdeſtoweniger bereits eine dominierende Stellung innerhalb desſelben errungen hatten. Am entſchieden¬ ſten der um einige Jahre jüngere von beiden, ein ehemaliger Stabskapitän, der, nach einem abenteuern¬ den Leben in England und den Unionsſtaaten in die Heimat zurückgekehrt, allgemein als das Haupt jener militäriſchen Frondeurs angeſehen wurde, die damals die politiſche Meinung der Hauptſtadt machten, beziehungsweiſe terroriſierten. Sein Name war v. Bülow. Nonchalance gehörte mit zur Genialität, und ſo focht er denn, beide Füße weit vorgeſtreckt und die linke Hand in der Hoſentaſche, mit ſeiner Rechten in der Luft umher, um durch lebhafte Geſti¬ kulationen ſeinem Kathedervortrage Nachdruck zu geben. Er konnte, wie ſeine Freunde ſagten, nur ſprechen um Vortrag zu halten, und — er ſprach eigentlich immer. Der ſtarke Herr neben ihm war der Verleger ſeiner Schriften, Herr Daniel Sander, im Übrigen aber ſein vollkommener Widerpart, wenigſtens in allem was Erſcheinung anging. Ein ſchwarzer Vollbart um¬ rahmte ſein Geſicht, das ebenſoviel Behagen wie Sarkasmus ausdrückte, während ihm der in der Taille knapp anſchließende Rock von niederländiſchem Tuche ſein Embonpoint zuſammenſchnürte. Was den Gegen¬ ſatz vollendete, war die feinſte weiße Wäſche, worin Bülow keineswegs excellierte.
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[2/0014]
ſeit wenig Wochen erſt heimiſch in dieſem Kreiſe, ſich
nichtsdeſtoweniger bereits eine dominierende Stellung
innerhalb desſelben errungen hatten. Am entſchieden¬
ſten der um einige Jahre jüngere von beiden, ein
ehemaliger Stabskapitän, der, nach einem abenteuern¬
den Leben in England und den Unionsſtaaten in
die Heimat zurückgekehrt, allgemein als das Haupt
jener militäriſchen Frondeurs angeſehen wurde, die
damals die politiſche Meinung der Hauptſtadt machten,
beziehungsweiſe terroriſierten. Sein Name war
v. Bülow. Nonchalance gehörte mit zur Genialität,
und ſo focht er denn, beide Füße weit vorgeſtreckt
und die linke Hand in der Hoſentaſche, mit ſeiner
Rechten in der Luft umher, um durch lebhafte Geſti¬
kulationen ſeinem Kathedervortrage Nachdruck zu geben.
Er konnte, wie ſeine Freunde ſagten, nur ſprechen um
Vortrag zu halten, und — er ſprach eigentlich immer.
Der ſtarke Herr neben ihm war der Verleger ſeiner
Schriften, Herr Daniel Sander, im Übrigen aber ſein
vollkommener Widerpart, wenigſtens in allem was
Erſcheinung anging. Ein ſchwarzer Vollbart um¬
rahmte ſein Geſicht, das ebenſoviel Behagen wie
Sarkasmus ausdrückte, während ihm der in der Taille
knapp anſchließende Rock von niederländiſchem Tuche
ſein Embonpoint zuſammenſchnürte. Was den Gegen¬
ſatz vollendete, war die feinſte weiße Wäſche, worin
Bülow keineswegs excellierte.
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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/14>, abgerufen am 22.07.2024.
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