"Nostitz, Nostitz," riefen alle durcheinander, und der so durch Akklamation Gewählte nahm auf einem ausgebuchteten Gartenstuhle Platz. Flaschen und Gläser standen die lange Tafel entlang.
"Rede halten! Assemblee nationale. ."
Nostitz ließ den Lärm eine Weile dauern, und klopfte dann erst mit dem ihm als Zeichen seiner Würde zur Seite liegenden Pallasch auf den Tisch.
"Silentium, Silentium."
"Kameraden vom Regiment Gensdarmes, Erben eines alten Ruhmes auf dem Felde militärischer und gesellschaftlicher Ehre (denn wir haben nicht nur der Schlacht die Richtung, wir haben auch der Gesellschaft den Ton gegeben), Kameraden, sag ich, wir sind schlüssig geworden: es muß etwas geschehn!"
"Ja, ja. Es muß etwas geschehn."
"Und neu geweiht durch die ,Weihe der Kraft', haben wir, dem alten Luther und uns selber zu Liebe, beschlossen, einen Aufzug zu bewerkstelligen, von dem die spätesten Geschlechter noch melden sollen. Es muß etwas Großes werden! Erinnern wir uns, wer nicht vorschreitet, der schreitet zurück. Ein Aufzug also. So viel steht fest. Aber Wesen und Charakter dieses Aufzuges bleibt noch zu fixieren, und zu diesem Be¬ hufe haben wir uns hier versammelt. Ich bin bereit, Ihre Vorschläge der Reihe nach entgegen zu nehmen. Wer Vorschläge zu machen hat, melde sich."
„Noſtitz, Noſtitz,“ riefen alle durcheinander, und der ſo durch Akklamation Gewählte nahm auf einem ausgebuchteten Gartenſtuhle Platz. Flaſchen und Gläſer ſtanden die lange Tafel entlang.
„Rede halten! Aſſemblée nationale. .“
Noſtitz ließ den Lärm eine Weile dauern, und klopfte dann erſt mit dem ihm als Zeichen ſeiner Würde zur Seite liegenden Pallaſch auf den Tiſch.
„Silentium, Silentium.“
„Kameraden vom Regiment Gensdarmes, Erben eines alten Ruhmes auf dem Felde militäriſcher und geſellſchaftlicher Ehre (denn wir haben nicht nur der Schlacht die Richtung, wir haben auch der Geſellſchaft den Ton gegeben), Kameraden, ſag ich, wir ſind ſchlüſſig geworden: es muß etwas geſchehn!“
„Ja, ja. Es muß etwas geſchehn.“
„Und neu geweiht durch die ,Weihe der Kraft‘, haben wir, dem alten Luther und uns ſelber zu Liebe, beſchloſſen, einen Aufzug zu bewerkſtelligen, von dem die ſpäteſten Geſchlechter noch melden ſollen. Es muß etwas Großes werden! Erinnern wir uns, wer nicht vorſchreitet, der ſchreitet zurück. Ein Aufzug alſo. So viel ſteht feſt. Aber Weſen und Charakter dieſes Aufzuges bleibt noch zu fixieren, und zu dieſem Be¬ hufe haben wir uns hier verſammelt. Ich bin bereit, Ihre Vorſchläge der Reihe nach entgegen zu nehmen. Wer Vorſchläge zu machen hat, melde ſich.“
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„Noſtitz, Noſtitz,“ riefen alle durcheinander, und
der ſo durch Akklamation Gewählte nahm auf einem
ausgebuchteten Gartenſtuhle Platz. Flaſchen und
Gläſer ſtanden die lange Tafel entlang.
„Rede halten! Aſſemblée nationale. .“
Noſtitz ließ den Lärm eine Weile dauern, und
klopfte dann erſt mit dem ihm als Zeichen ſeiner
Würde zur Seite liegenden Pallaſch auf den Tiſch.
„Silentium, Silentium.“
„Kameraden vom Regiment Gensdarmes, Erben
eines alten Ruhmes auf dem Felde militäriſcher und
geſellſchaftlicher Ehre (denn wir haben nicht nur der
Schlacht die Richtung, wir haben auch der Geſellſchaft
den Ton gegeben), Kameraden, ſag ich, wir ſind
ſchlüſſig geworden: es muß etwas geſchehn!“
„Ja, ja. Es muß etwas geſchehn.“
„Und neu geweiht durch die ,Weihe der Kraft‘,
haben wir, dem alten Luther und uns ſelber zu Liebe,
beſchloſſen, einen Aufzug zu bewerkſtelligen, von dem
die ſpäteſten Geſchlechter noch melden ſollen. Es muß
etwas Großes werden! Erinnern wir uns, wer nicht
vorſchreitet, der ſchreitet zurück. Ein Aufzug alſo.
So viel ſteht feſt. Aber Weſen und Charakter dieſes
Aufzuges bleibt noch zu fixieren, und zu dieſem Be¬
hufe haben wir uns hier verſammelt. Ich bin bereit,
Ihre Vorſchläge der Reihe nach entgegen zu nehmen.
Wer Vorſchläge zu machen hat, melde ſich.“
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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/132>, abgerufen am 16.02.2025.
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