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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.

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"Ja, meine Herren, ich gehe weiter und wieder¬
hole ,was ist Schönheit?' Schönheit, bah! Es kann
nicht nur auf die gewöhnlichen Schönheitsformen ver¬
zichtet werden ihr Fehlen kann sogar einen allerdirektesten
Vorzug bedeuten. In der That, lieber Schach, ich habe
wunderbare Niederlagen und noch wunderbarere Siege
gesehn. Es ist auch in der Liebe wie bei Morgarten
und Sempach, die schönen Ritter werden geschlagen
und die häßlichen Bauern triumphieren. Glauben Sie
mir, das Herz entscheidet, nur das Herz. Wer liebt,
wer die Kraft der Liebe hat, ist auch liebenswürdig,
und es wäre grausam, wenn es anders wäre. Gehen
Sie die Reihe der eigenen Erfahrungen durch. Was
ist alltäglicher, als eine schöne Frau durch eine nicht
schöne Geliebte verdrängt zu sehn! Und nicht etwa
nach dem Satze toujours perdrix. O nein, es hat
dies viel tiefre Zusammenhänge. Das Langweiligste
von der Welt ist die lymphatisch-phlegmatische beaute,
die beaute par excellence. Sie kränkelt hier, sie
kränkelt da, ich will nicht sagen immer und notwendig,
aber doch in der Mehrzahl der Fälle, während meine
beaute du diable die Trägerin einer allervollkommensten
Gesundheit ist, jener Gesundheit, die zuletzt alles be¬
deutet und gleichwertig ist mit höchstem Reiz. Und
nun frag ich Sie, meine Herrn, wer hätte mehr davon
als die Natur, die durch die größten und gewaltigsten
Läuterungsprozesse wie durch ein Fegefeuer gegangen

„Ja, meine Herren, ich gehe weiter und wieder¬
hole ,was iſt Schönheit?‘ Schönheit, bah! Es kann
nicht nur auf die gewöhnlichen Schönheitsformen ver¬
zichtet werden ihr Fehlen kann ſogar einen allerdirekteſten
Vorzug bedeuten. In der That, lieber Schach, ich habe
wunderbare Niederlagen und noch wunderbarere Siege
geſehn. Es iſt auch in der Liebe wie bei Morgarten
und Sempach, die ſchönen Ritter werden geſchlagen
und die häßlichen Bauern triumphieren. Glauben Sie
mir, das Herz entſcheidet, nur das Herz. Wer liebt,
wer die Kraft der Liebe hat, iſt auch liebenswürdig,
und es wäre grauſam, wenn es anders wäre. Gehen
Sie die Reihe der eigenen Erfahrungen durch. Was
iſt alltäglicher, als eine ſchöne Frau durch eine nicht
ſchöne Geliebte verdrängt zu ſehn! Und nicht etwa
nach dem Satze toujours perdrix. O nein, es hat
dies viel tiefre Zuſammenhänge. Das Langweiligſte
von der Welt iſt die lymphatiſch-phlegmatiſche beauté,
die beauté par excellence. Sie kränkelt hier, ſie
kränkelt da, ich will nicht ſagen immer und notwendig,
aber doch in der Mehrzahl der Fälle, während meine
beauté du diable die Trägerin einer allervollkommenſten
Geſundheit iſt, jener Geſundheit, die zuletzt alles be¬
deutet und gleichwertig iſt mit höchſtem Reiz. Und
nun frag ich Sie, meine Herrn, wer hätte mehr davon
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[93/0105] „Ja, meine Herren, ich gehe weiter und wieder¬ hole ,was iſt Schönheit?‘ Schönheit, bah! Es kann nicht nur auf die gewöhnlichen Schönheitsformen ver¬ zichtet werden ihr Fehlen kann ſogar einen allerdirekteſten Vorzug bedeuten. In der That, lieber Schach, ich habe wunderbare Niederlagen und noch wunderbarere Siege geſehn. Es iſt auch in der Liebe wie bei Morgarten und Sempach, die ſchönen Ritter werden geſchlagen und die häßlichen Bauern triumphieren. Glauben Sie mir, das Herz entſcheidet, nur das Herz. Wer liebt, wer die Kraft der Liebe hat, iſt auch liebenswürdig, und es wäre grauſam, wenn es anders wäre. Gehen Sie die Reihe der eigenen Erfahrungen durch. Was iſt alltäglicher, als eine ſchöne Frau durch eine nicht ſchöne Geliebte verdrängt zu ſehn! Und nicht etwa nach dem Satze toujours perdrix. O nein, es hat dies viel tiefre Zuſammenhänge. Das Langweiligſte von der Welt iſt die lymphatiſch-phlegmatiſche beauté, die beauté par excellence. Sie kränkelt hier, ſie kränkelt da, ich will nicht ſagen immer und notwendig, aber doch in der Mehrzahl der Fälle, während meine beauté du diable die Trägerin einer allervollkommenſten Geſundheit iſt, jener Geſundheit, die zuletzt alles be¬ deutet und gleichwertig iſt mit höchſtem Reiz. Und nun frag ich Sie, meine Herrn, wer hätte mehr davon als die Natur, die durch die größten und gewaltigſten Läuterungsprozeſſe wie durch ein Fegefeuer gegangen

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/105>, abgerufen am 22.11.2024.