Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.noch Haushaltsworte und nur allzuoft die Achse, das Herz waren, um das sich das Leben drehte. Dieser alte Bau, von dem jetzt, wie vom City-Croß, keine Spur mehr existirt, stand bis zum Jahre 1817 mitten in High-Street, und erschwerte, die ganze Breite der Straße beinah einnehmend, die Communication auf's Aeußerste. Dies führte endlich zu seiner Abtragung. Die Communication, der man heutzutage so leicht geneigt ist, noch größere Opfer zu bringen, hat dadurch gewonnen, das Malerische des Platzes aber außerordentlich verloren. Als City-Croß und Tolbooth noch standen, allerhand Buden sich an die Pfeiler von St. Giles und allerhand Kramläden an die Mauern des alten Gefängnisses lehnten, wird es hier sehr eng, sehr verworren, vielleicht auch sehr schmutzig gewesen sein, das Ganze aber muß einen fesselnderen Anblick gewährt haben, als die jetzt breite Straße, an der, so hübsch sie ist, doch ihre Erinnerungen unbedingt das Hübscheste sind. Old-Tolbooth verdient sein Beiwort "old" mit Fug und Recht. Schon zu Zeiten Maria Stuarts war es seum umgiebt) eine neue Kirche. Man ging in der Loyalität so weit, Georg I. im Costüm eines römischen Imperators, oben auf die Thurmspitze zu stellen. Dort steht er noch als der Schutzheilige von Bloomsbury. Man knüpfte an diese Geschmacklosigkeit folgendes Epigramm:
Unser Heinrich der Achte, vom Papste verletzt, Hat sich selbst an die Spitze der Kirche gesetzt, Doch unser Georg hat's höher gebracht, Man hat ihn zur Spitze des Thurmes gemacht. noch Haushaltsworte und nur allzuoft die Achse, das Herz waren, um das sich das Leben drehte. Dieser alte Bau, von dem jetzt, wie vom City-Croß, keine Spur mehr existirt, stand bis zum Jahre 1817 mitten in High-Street, und erschwerte, die ganze Breite der Straße beinah einnehmend, die Communication auf’s Aeußerste. Dies führte endlich zu seiner Abtragung. Die Communication, der man heutzutage so leicht geneigt ist, noch größere Opfer zu bringen, hat dadurch gewonnen, das Malerische des Platzes aber außerordentlich verloren. Als City-Croß und Tolbooth noch standen, allerhand Buden sich an die Pfeiler von St. Giles und allerhand Kramläden an die Mauern des alten Gefängnisses lehnten, wird es hier sehr eng, sehr verworren, vielleicht auch sehr schmutzig gewesen sein, das Ganze aber muß einen fesselnderen Anblick gewährt haben, als die jetzt breite Straße, an der, so hübsch sie ist, doch ihre Erinnerungen unbedingt das Hübscheste sind. Old-Tolbooth verdient sein Beiwort „old“ mit Fug und Recht. Schon zu Zeiten Maria Stuarts war es seum umgiebt) eine neue Kirche. Man ging in der Loyalität so weit, Georg I. im Costüm eines römischen Imperators, oben auf die Thurmspitze zu stellen. Dort steht er noch als der Schutzheilige von Bloomsbury. Man knüpfte an diese Geschmacklosigkeit folgendes Epigramm:
Unser Heinrich der Achte, vom Papste verletzt, Hat sich selbst an die Spitze der Kirche gesetzt, Doch unser Georg hat’s höher gebracht, Man hat ihn zur Spitze des Thurmes gemacht. <TEI> <text> <body> <div> <div> <div> <p><pb facs="#f0083" n="69"/> noch Haushaltsworte und nur allzuoft die Achse, das Herz waren, um das sich das Leben drehte. Dieser alte Bau, von dem jetzt, wie vom City-Croß, keine Spur mehr existirt, stand bis zum Jahre 1817 mitten in High-Street, und erschwerte, die ganze Breite der Straße beinah einnehmend, die Communication auf’s Aeußerste. Dies führte endlich zu seiner Abtragung. Die Communication, der man heutzutage so leicht geneigt ist, noch größere Opfer zu bringen, hat dadurch gewonnen, das Malerische des Platzes aber außerordentlich verloren. Als City-Croß und Tolbooth noch standen, allerhand Buden sich an die Pfeiler von St. Giles und allerhand Kramläden an die Mauern des alten Gefängnisses lehnten, wird es hier sehr eng, sehr verworren, vielleicht auch sehr schmutzig gewesen sein, das Ganze aber muß einen fesselnderen Anblick gewährt haben, als die jetzt breite Straße, an der, so hübsch sie ist, doch ihre Erinnerungen unbedingt das Hübscheste sind.</p><lb/> <p>Old-Tolbooth verdient sein Beiwort „old“ mit Fug und Recht. Schon zu Zeiten Maria Stuarts war es<lb/><note xml:id="fnt2-1" prev="#fnt2" place="foot" n="*)">seum umgiebt) eine neue Kirche. Man ging in der Loyalität so weit, Georg <hi rendition="#aq">I</hi>. im Costüm eines römischen Imperators, oben auf die Thurmspitze zu stellen. Dort steht er noch als der Schutzheilige von Bloomsbury. Man knüpfte an diese Geschmacklosigkeit folgendes Epigramm:<lb/><lg type="poem"><l>Unser Heinrich der Achte, vom Papste verletzt,</l><lb/><l>Hat sich selbst an die Spitze der Kirche gesetzt,</l><lb/><l>Doch unser Georg hat’s höher gebracht,</l><lb/><l>Man hat ihn zur Spitze des Thurmes gemacht.</l><lb/></lg><lb/></note> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [69/0083]
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Old-Tolbooth verdient sein Beiwort „old“ mit Fug und Recht. Schon zu Zeiten Maria Stuarts war es
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*) seum umgiebt) eine neue Kirche. Man ging in der Loyalität so weit, Georg I. im Costüm eines römischen Imperators, oben auf die Thurmspitze zu stellen. Dort steht er noch als der Schutzheilige von Bloomsbury. Man knüpfte an diese Geschmacklosigkeit folgendes Epigramm:
Unser Heinrich der Achte, vom Papste verletzt,
Hat sich selbst an die Spitze der Kirche gesetzt,
Doch unser Georg hat’s höher gebracht,
Man hat ihn zur Spitze des Thurmes gemacht.
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/83>, abgerufen am 17.02.2025. |