Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.buchtet sich hier, nach Süden hin, platzartig aus; die St. Giles-Kirche indeß, die sich inmitten dieser Ausbuchtung (Parlaments-Square geheißen) erhebt und mit einer ihrer Seitenfronten bis in High-Street vorspringt, stellt dadurch die unterbrochene Straßenlinie wieder her. Wir befinden uns, angesichts dieses Platzes, im Mittelpunkte von High-Street und in mehr als einer Beziehung am wichtigsten Punkte Edinburgs überhaupt. Den ehrwürdigen Bau, in dem Knox predigte, unmittelbar vor uns, übersehen wir zu gleicher Zeit die Mehrzahl der Gebäude, die sich hakenförmig um diese Kirche herum gruppiren; das Rathhaus, das Parlaments-Gebäude und die Gerichtshöfe. Alle diese Häuser, einschließlich des Börsen-Gebäudes, an das wir lehnen, sind entweder neu oder doch neuerlichst so gründlich reparirt, daß sie den Eindruck von Neubauten machen. Es soll damit kein Tadel ausgesprochen sein, um so weniger, als die Aenderungen, die vorgenommen wurden, aus Verkehrs- und Gesundheits-Rücksichten dringend geboten erschienen. Auch wär es unbillig, in Abrede zu stellen, daß der Platz wie er da ist immer noch den Eindruck des Stattlichen, des Großstädtischen macht. Das alles sei zugegeben. Aber andrerseits freilich trägt dieses Rathhaus, das z. B. den athenischen Tempel des Erechtheus kopirt, ein völlig fremdes Element in die alte High-Street von Edinburg hinein und erzeugt nothwendig den Wunsch in uns, daß es auf eine kurze halbe Stunde wieder so sein möchte wie vordem. Da war alles aus einem Guß; eckig, buchtet sich hier, nach Süden hin, platzartig aus; die St. Giles-Kirche indeß, die sich inmitten dieser Ausbuchtung (Parlaments-Square geheißen) erhebt und mit einer ihrer Seitenfronten bis in High-Street vorspringt, stellt dadurch die unterbrochene Straßenlinie wieder her. Wir befinden uns, angesichts dieses Platzes, im Mittelpunkte von High-Street und in mehr als einer Beziehung am wichtigsten Punkte Edinburgs überhaupt. Den ehrwürdigen Bau, in dem Knox predigte, unmittelbar vor uns, übersehen wir zu gleicher Zeit die Mehrzahl der Gebäude, die sich hakenförmig um diese Kirche herum gruppiren; das Rathhaus, das Parlaments-Gebäude und die Gerichtshöfe. Alle diese Häuser, einschließlich des Börsen-Gebäudes, an das wir lehnen, sind entweder neu oder doch neuerlichst so gründlich reparirt, daß sie den Eindruck von Neubauten machen. Es soll damit kein Tadel ausgesprochen sein, um so weniger, als die Aenderungen, die vorgenommen wurden, aus Verkehrs- und Gesundheits-Rücksichten dringend geboten erschienen. Auch wär es unbillig, in Abrede zu stellen, daß der Platz wie er da ist immer noch den Eindruck des Stattlichen, des Großstädtischen macht. Das alles sei zugegeben. Aber andrerseits freilich trägt dieses Rathhaus, das z. B. den athenischen Tempel des Erechtheus kopirt, ein völlig fremdes Element in die alte High-Street von Edinburg hinein und erzeugt nothwendig den Wunsch in uns, daß es auf eine kurze halbe Stunde wieder so sein möchte wie vordem. Da war alles aus einem Guß; eckig, <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0060" n="46"/> buchtet sich hier, nach Süden hin, platzartig aus; die St. Giles-Kirche indeß, die sich inmitten dieser Ausbuchtung (Parlaments-Square geheißen) erhebt und mit einer ihrer Seitenfronten bis in High-Street vorspringt, stellt dadurch die unterbrochene Straßenlinie wieder her. Wir befinden uns, angesichts dieses Platzes, im Mittelpunkte von High-Street und in mehr als einer Beziehung am wichtigsten Punkte Edinburgs überhaupt. Den ehrwürdigen Bau, in dem Knox predigte, unmittelbar vor uns, übersehen wir zu gleicher Zeit die Mehrzahl der Gebäude, die sich hakenförmig um diese Kirche herum gruppiren; das Rathhaus, das Parlaments-Gebäude und die Gerichtshöfe. Alle diese Häuser, einschließlich des Börsen-Gebäudes, an das wir lehnen, sind entweder neu oder doch neuerlichst so gründlich reparirt, daß sie den Eindruck von Neubauten machen. Es soll damit kein Tadel ausgesprochen sein, um so weniger, als die Aenderungen, die vorgenommen wurden, aus Verkehrs- und Gesundheits-Rücksichten dringend geboten erschienen. Auch wär es unbillig, in Abrede zu stellen, daß der Platz wie er da ist immer noch den Eindruck des Stattlichen, des Großstädtischen macht. Das alles sei zugegeben. Aber andrerseits freilich trägt dieses Rathhaus, das z. B. den athenischen Tempel des Erechtheus kopirt, ein völlig fremdes Element in die alte High-Street von Edinburg hinein und erzeugt nothwendig den Wunsch in uns, daß es auf eine kurze halbe Stunde wieder so sein möchte wie vordem. Da war alles aus einem Guß; eckig,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [46/0060]
buchtet sich hier, nach Süden hin, platzartig aus; die St. Giles-Kirche indeß, die sich inmitten dieser Ausbuchtung (Parlaments-Square geheißen) erhebt und mit einer ihrer Seitenfronten bis in High-Street vorspringt, stellt dadurch die unterbrochene Straßenlinie wieder her. Wir befinden uns, angesichts dieses Platzes, im Mittelpunkte von High-Street und in mehr als einer Beziehung am wichtigsten Punkte Edinburgs überhaupt. Den ehrwürdigen Bau, in dem Knox predigte, unmittelbar vor uns, übersehen wir zu gleicher Zeit die Mehrzahl der Gebäude, die sich hakenförmig um diese Kirche herum gruppiren; das Rathhaus, das Parlaments-Gebäude und die Gerichtshöfe. Alle diese Häuser, einschließlich des Börsen-Gebäudes, an das wir lehnen, sind entweder neu oder doch neuerlichst so gründlich reparirt, daß sie den Eindruck von Neubauten machen. Es soll damit kein Tadel ausgesprochen sein, um so weniger, als die Aenderungen, die vorgenommen wurden, aus Verkehrs- und Gesundheits-Rücksichten dringend geboten erschienen. Auch wär es unbillig, in Abrede zu stellen, daß der Platz wie er da ist immer noch den Eindruck des Stattlichen, des Großstädtischen macht. Das alles sei zugegeben. Aber andrerseits freilich trägt dieses Rathhaus, das z. B. den athenischen Tempel des Erechtheus kopirt, ein völlig fremdes Element in die alte High-Street von Edinburg hinein und erzeugt nothwendig den Wunsch in uns, daß es auf eine kurze halbe Stunde wieder so sein möchte wie vordem. Da war alles aus einem Guß; eckig,
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/60>, abgerufen am 17.02.2025. |